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"Die Pensionisten haben das Budgetloch nicht verursacht": Harte Kritik an Forderung nach höherem Pensionsantrittsalter

Wegen der Budgetlöcher das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen stößt nicht nur bei Seniorenvertretern auf große Skepsis.

Aus der Politik und Ökonomie werden die Rufe immer lauter, eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters schon jetzt anzugehen. Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn meinte als erstes Regierungsmitglied, dass dies angesichts der Milliardenlöcher in den öffentlichen Budgets diskutiert gehöre. Holger Bonin, der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), schlug vor, das Pensionsantrittsalter ab 2035 schrittweise von derzeit 65 auf 67 Jahre zu erhöhen. Auch Wifo-Ökonomin Christine Mayrhuber, die der Alterssicherungskommission vorsteht, will über ein höheres Pensionsantrittsalter diskutieren, allerdings nur, wenn begleitend Konzepte umgesetzt würden, "dass Beschäftigung im Alter auch möglich ist". Es dürfe nicht sein, dass man die Menschen länger arbeiten lasse, die Betriebe aber "keine altersgerechten Jobs" anböten und nicht bereit seien, auf ältere Beschäftigte zu setzen, so Mayrhuber gegenüber den SN. Die Arbeitslosigkeit sei schon jetzt auffallend hoch, die Zahl jener, die im Alter gesundheitliche Einschränkungen haben, werde steigen. Deshalb brauche es begleitende betriebliche Unterstützungsprogramme, so Mayrhuber, die dabei auch die Wirtschaftskammer als Interessenvertretung der Unternehmen in der Pflicht sieht.

Ein höheres gesetzliches Pensionsalter würde bedeuten, "dass noch mehr Menschen krank oder arbeitslos in Pension gehen, was schon derzeit bei fast jedem zweiten Arbeitnehmer, jeder zweiten Arbeitnehmerin der Fall ist", sagt Peter Kostelka, der Chef des roten Pensionistenverbands. "Das bringt überhaupt nichts", sagt er und fügt mit Verweis auf die Budgetlöcher hinzu: "Die Pensionisten haben das nicht verursacht."

Ganz ähnlich sieht das sein schwarzes Pendant Ingrid Korosec. "Das Budgetdesaster ist das eine, das Pensionsalter das andere", sagt die Chefin des Seniorenbunds. Der Finanzminister brauche kurzfristig Geld, um das Budgetloch zu stopfen. "Zu sagen, alle müssen künftig bis 67 arbeiten, hat da keinen Effekt." Einig sind sich die Pensionistenvertreter, dass das erklärte Ziel sein müsse, das faktische Pensionsalter (derzeit 61,4 Jahre) auf das gesetzliche von 65 anzuheben. Dazu brauche es die entsprechenden Arbeitsplätze, betont Kostelka. "Altersgerechte Arbeitsplätze sind das, was es braucht. Die Wirtschaft will Arbeitskräfte haben, die nach Möglichkeit unter 30, gesund und bestens ausgebildet sind. Das spielt's aber nicht", sagt er.

Auch Korosec betont, dass "viel mehr Anstrengung notwendig" sei, um ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger im Erwerbsleben zu halten. "Da müssen alle mitarbeiten: Dienstgeber, Dienstnehmer, der Staat."

Korosec will erst dann über Arbeiten bis 67 diskutieren, wenn alle Anstrengungen nicht fruchten, das faktische Pensionsalter anzuheben. "Dann muss man überlegen, welche Maßnahmen man setzen kann. Eine davon ist ein höheres Pensionsalter, das man in den 2040er-Jahren in Monatsschritten erhöht."

Aber man müsse Prioritäten setzen. "Es hat keinen Sinn, von rückwärts anzufangen." Korosec verweist darauf, dass bis 2033 auch noch die Anhebung des Frauenpensionsalters auf 65 laufe. Sie habe stets fürs Arbeiten über das Pensionsalter hinaus gekämpft: "Menschen, die in irgendeiner Form tätig sind, altern nicht so schnell, weil sie gebraucht und geschätzt werden." Wer heute in Pension gehe, habe in der Regel noch 25, 30 Jahre vor sich. "Da kann man im Grunde ein neues Leben beginnen. Aber ich bin nicht für Zwangsmaßnahmen und will nicht, dass man Menschen damit trifft, für die das nicht gut ist."