SN.AT / Politik / Innenpolitik

"Es tut mir leid": Wöginger muss 44.000 Euro zahlen und übernimmt Verantwortung, auch WKStA für Diversion

In der Causa der umstrittenen Postenbesetzung rund um das Finanzamt Braunau muss sich der prominente ÖVP-Politiker August Wöginger vor Gericht verantworten. Doch der Prozess startete mit einer möglichen Wende, weil Wöginger und seine Mitangeklagten plötzlich einlenken. Auch die Staatsanwaltschaft ist für eine Diversion.

Wöginger erkannte 'Tragweite seines Handelns' nicht
Wöginger erkannte 'Tragweite seines Handelns' nicht

"Es tut mir leid, was durch mein Handeln ausgelöst wurde", sagte ÖVP-Klubchef August Wöginger vor Gericht. "Ich würde das heute so nicht mehr machen." Es habe damals ein anderes Politikverständnis gegeben. "Das ist keine Rechtfertigung, aber es war so", sagte Wöginger. "Ich übernehme die Verantwortung."

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stimmt einer Diversion zu, wobei die Rahmenbedingungen dafür nun vom Gericht festgelegt werden müssen und die WKStA erst an die Oberbehörden melden muss, ob sie auch einer Diversion zustimmen dürfen - immerhin ist es ein berichtspflichtiges Verfahren. Die endgültige Entscheidung könnte also noch ein paar Tage dauern.

Auch das Gericht sieht eine Diversion "als gerade noch" für möglich. Wöginger müsste 44.000 Euro zahlen. Die beiden Mitangeklagten müssen 17.000 bzw. 22.000 Euro zahlen. Die Angeklagten stimmten dem Angebot des Gerichts zu.

Um was ging es bei dem Prozess?

"Echt super! Bin total happy"- um diese kurze Handynachricht und noch andere Chats drehte sich die Anklage in dem Korruptionsprozess am Landesgericht Linz. Es ging um eine umstrittene Postenbesetzung im Finanzamt Braunau, einen ÖVP-Bürgermeister auf Jobsuche, eine frustrierte Finanzbeamtin und einen besonderen Angeklagten: ÖVP-Klubchef August Wöginger.

Für die Volkspartei schupft Wöginger als Klubchef seit 2017 mit kurzer Unterbrechung das parlamentarische Geschäft im österreichischen Nationalrat und ist damit eine der Schlüsselfiguren in der ÖVP. "Es ist kein angenehmer Termin für mich", erklärte Wöginger am Dienstagvormittag unmittelbar vor dem Prozessbeginn.

Weitere ÖVP-Mitglieder involviert

Neben Wöginger nahmen zwei Beamte des Finanzministeriums vor der Richterin Platz - beide sind ebenfalls ÖVP-Mitglieder. Sie waren ein Mitglied bzw. Vorsitzender der Begutachtungskommission, die über den neuen Vorstand des Finanzamts entschieden hat. Wöginger soll laut Staatsanwaltschaft als Abgeordneter für die Bestellung eines ÖVP-Bürgermeisters aus einer kleinen oberösterreichischen Gemeinde zum Vorstand des Finanzamts Braunau-Ried-Schärding interveniert haben. Der Bürgermeister wurde 2017 dabei laut späteren Erkenntnissen der Gleichbehandlungskommission und des Bundesverwaltungsgerichts einer bestqualifizierten Bewerberin vorgezogen. Und das, weil Wöginger es so wollte, zumindest ist das der Vorwurf der Anklage.

Der aus Oberösterreich stammende ÖVP-Klubchef soll laut den Korruptionsermittlern der WKStA am Beginn der "Bestimmungskette" gestanden haben. Laut Anklage dürfte der ÖVP-Bürgermeister und Parteifreund Wögingers an den Bundespolitiker herangetreten sein, um diesen um Unterstützung zu bitten. Dieser soll sich laut den Ermittlern wiederum an den damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums gewandt haben, "um diese Unterstützung zu gewährleisten", wie es in der Anklage heißt. Der Generalsekretär dürfte daraufhin einen der Beamten der Begutachtungskommission beeinflusst haben.

Schmid forderte per SMS von dem Beamten Hilfe ein

Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium ist ebenfalls bei Weitem kein Unbekannter. Es handelt sich um Thomas Schmid. Jenen Vertrauten des ehemaligen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz, dessen Handychats infolge der Ibiza-Affäre eine ganze Reihe an Ermittlungen auslösten.

Im aktuellen Fall haben die Ermittler nicht nur Chatnachrichten zwischen Schmid und Wöginger gefunden, sondern auch Chats zwischen Schmid und jenem hochrangigen Finanzbeamten, der auf Dienstnehmerseite in der Postenkommission saß. Schmid forderte damals per SMS von dem Beamten Hilfe ein.

Selbst während der Sitzung der Kommission am 13. Februar 2017 zur Postenbesetzung gab es Chatnachrichten. Der Finanzbeamte schrieb an Schmid: "Hi! Mit Bauchweh-aber: (und dann ist Daumen hoch zu sehen)". Schmids Antwort lautete: "Mein Held". Zurück kam: "Man tut was man kann". Umgehend meldete sich Schmid laut den Ermittlungsakten bei Wöginger: "Wir haben es geschafft :-)) Der Bürgermeister schuldet dir was!" Und der ÖVP-Politiker schrieb: "echt super!! Bin total happy". Schmid informierte auch seinen unmittelbaren Vorgesetzten, den damaligen ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling, dass die "Intervention von Wöginger" erfolgreich war.

Schmid belastete ÖVP-Klubchef schwer

Doch nicht nur Chatnachrichten belasteten Wöginger in der Causa Postenschacher. Auch Schmid selbst belastete mit seinen Aussagen vor der WKStA den ÖVP-Klubchef schwer. Er erhielt aufgrund dieser Aussage vor der WKStA auch den Kronzeugenstatus. Den behält er auch wenn das Verfahren mit einer Diversion endet.