Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern ist kein österreichisches Phänomen. "Unterricht fällt aus, Fächer werden im Umfang reduziert, Grundschüler nach Hause geschickt. 40.000 Lehrer fehlen momentan", berichtete die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" am 22. Dezember, verbunden mit dem Appell an die Pädagoginnen und Pädagogen, ihre Stundenkontingente aufzustocken. Und in der "Thurgauer Zeitung" konnte man am Heiligen Abend die Reminiszenzen eines Autors an jene Zeit lesen, als ein Grundschullehrer sechs Jahrgänge in einem einzigen Klassenzimmer unterrichtete: "Wenn der Lehrermangel anhält, müssen wir vielleicht wieder über solche Modelle nachdenken - vielleicht indem wir die Turnhallen zu Schulzimmern umfunktionieren", lautete der möglicherweise nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag aus der Schweiz.
"Fachfremder Unterricht sollte natürlich nicht das Ziel sein"
Wie er dem Lehrerinnen- und Lehrermangel in Österreich begegnen will, schilderte Unterrichtsminister Martin Polaschek am Stefanitag der Austria Presse Agentur in einem Interview: Um trotz fehlender Lehrkräfte alle Unterrichtsstunden abhalten zu können, versuche man zum einen, Teilzeitkräfte - an den Pflichtschulen ist es etwa ein Drittel - zu motivieren, mehr Stunden zu unterrichten. Zum anderen soll über das neue Quereinsteigermodell zusätzliches Personal an die Schulen gebracht werden. Dazu komme noch - wie teilweise schon bisher - der Einsatz von Lehrern in Fächern, für die sie eigentlich nicht ausgebildet sind. "Fachfremder Unterricht sollte natürlich nicht das Ziel sein, aber wir müssen alle Maßnahmen ergreifen, um den Unterricht anzubieten", sagte der Minister.
Bisher haben Quereinsteiger an Schulen meist nur Sonderverträge bekommen
Das von Polaschek angekündigte Quereinsteigermodell ist bereits recht weit gediehen. Im kommenden Oktober soll bundesweit ein neuer Hochschullehrgang für Quereinsteiger in den allgemeinbildenden Fächern (u. a. Deutsch, Physik, Turnen) der Sekundarstufe (Mittelschule, AHS, BMHS) starten. Bisher gab es diesen nur an vier Pädagogischen Hochschulen. Wer die Voraussetzungen für das neue Modell erfüllt (passendes Studium, drei Jahre fachlich geeignete Berufserfahrung), soll im normalen Lehrer-Gehaltsschema angestellt werden und parallel zum Unterrichten innerhalb von fünf Jahren ein Quereinsteigerstudium an einer PH absolvieren. Bisher haben Quereinsteiger an Schulen meist nur Sonderverträge bekommen, die in der Regel schlechter bezahlt sind.
Dauer der Lehrerausbildung in Österreich liegt über dem Schnitt anderer OECD-Länder
Aus der Praxis kamen zuletzt Warnungen, dass Junglehrer durch zu hohe Unterrichtsverpflichtungen im ersten Berufsjahr "verheizt" würden. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass Lehrer in der Induktionsphase zwei bis vier Unterrichtsstunden pro Woche halten sollen. Daraus wird aufgrund des Lehrermangels mitunter eine volle Lehrverpflichtung. Das Ministerium hat deshalb die Bildungsdirektionen dazu angehalten, "die jungen Leute nicht über Gebühr zu belasten".
Die Dauer der Lehrerausbildung in Österreich liegt über dem Schnitt anderer OECD-Länder. An einer Verkürzung wird bereits gearbeitet.
