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Nehammers Vision von 2030: "Stolpern wir nicht in die Durchschnittsfalle!"

ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer hielt am Freitag eine Rede "zur Zukunft der Nation". Ziemlich konkret sind seine Vorstellungen zur Reform des Arbeitslosengeldes und der Sozialleistungen. Die Verbannung des Verbrennungsmotors wolle er auf EU-Ebene verhindern. Gegen den Klimawandel helfe kein "Untergangsirrsinn", sondern Forschung und Wissenschaft, sagte der Kanzler in seiner mehr als einstündigen Rede.

"Wir haben gezeigt, dass wir Krisen überwinden können. Und dass wir Lösungen finden", sagte der Kanzler gleich zu Beginn seiner Rede. In krisenhaften Zeiten wachse das Bedürfnis nach Orientierung, dazu wolle er mit seiner Rede beitragen. Gerade nach der Coronapandemie sei es "notwendig, dass wir über Dialog und Versöhnung nachdenken", sagte er. Es sei "wichtig, aufeinander zuzugehen und einander zuzuhören". Denn: "Versöhnen heißt miteinander reden und einander verstehen lernen", sagte Nehammer, der sich bei der Wissenschaft ausdrücklich dafür bedankte, "was sie in der Krise geleistet hat".

Bildung war ein großes Thema

Breiten Raum nahm das Thema Bildung ein. "Stolpern wir nicht in die Durchschnittsfalle!", appellierte der Kanzler. Österreich brauche Schulen, "die den Ansprüchen der Zeit gerecht" werden. Und wo es selbstverständlich sei, "dass die Kinder, die sie verlassen, tatsächlich Deutsch können". Politische Bildung müsse ein "fixer Bestandteil in jeder Schule sein", ebenso mediale Kompetenz. Ab der siebten Schulstufe sollten den Schülerinnen und Schülern E-Paper von allen Zeitungen, die im Presserat vertreten sind, zur Verfügung gestellt werden. Und auch die Lehre solle aufgewertet werden: "Ich will, dass die Meisterprüfung genauso kostenlos ist wie ein Studienabschluss", sagte Nehammer. Ferner solle Österreich damit aufhören, beispielsweise Ärzte für das (deutsche) Ausland auszubilden.

Und zum Thema Pensionen: "Mein Ziel lautet, dass 2030 Altersarmut kein Thema mehr ist."

Auch beim Eigentum schlug Nehammer Pflöcke ein: "Mein Ziel ist es, dass alle Österreicher zur besitzenden Klasse gehören. Österreich soll ein Land der Eigentümerinnen und Eigentümer werden", sagte er. Dafür wolle er die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Die Wohnbauförderung solle verstärkt auch für den Erwerb von Wohnungseigentum herangezogen werden; und die Grunderwerbssteuer für das erste erworbene Eigenheim solle gestrichen werden.

Nehammer: "Leistung muss sich lohnen"

Der Leistungsgedanke solle gestärkt werden, kündigte der Bundeskanzler an. "Leistung muss sich lohnen. Es kann nicht sein, dass die einen nur Work und die anderen nur Life haben", sagte er. Sein Plan: Die Schere zwischen Einkommen aus Arbeit und Einkommen aus Sozialleistungen müsse wieder größer werden.
Auch brauche es "ein neues Arbeitslosengeld": In der ersten Phase der Arbeitslosigkeit sollten die Zahlungen erhöht werden, doch danach "muss sich dieses Geld deutlich absenken". Damit würde auch die Motivation der Betroffenen steigen, sich Arbeit zu suchen. Wobei es nicht darum gehe, ältere Arbeitslose unter Druck zu setzen. Aber: "Wer 25 Jahre alt ist und zwei gesunde Hände hat, soll arbeiten gehen", sagte der Kanzler. Und noch ein "Ziel für 2030" nannte er: Dann solle nur der zum vollen Bezug der Sozialleistungen berechtigt sein, "der seit mindestens fünf Jahren in Österreich lebt". Für alle anderen solle es nur die Hälfte geben.

Dem Klimawandel mit Wissenschaft und Fortschritt begegnen

Die Klimakrise wolle er "nicht kleinreden", versicherte der Kanzler. Er sprach sich aber gegen den "Untergangsirrsinn" aus, der um sich gegriffen habe. Gebot der Stunde sei es, auf den Klimawandel nicht mit Verzicht und mit Ängsten zu reagieren, sondern mit Wissenschaft und Fortschritt. Das gelte auch für den Verbrennungsmotor. Der EU-Raum habe beim Verbrennungsmotor die "höchste Expertise", es sei daher nicht einzusehen, dass derzeit alle Ressourcen "auf nur eine Antriebsform" (nämlich den E-Motor) konzentriert würden. Gerade Österreich sei "das Autoland schlechthin". 80.000 Mitarbeiter in mehr als 900 Betrieben seien in der Automobilindustrie tätig, diese bringe auch Innovation und Forschung mit sich.
Er, Nehammer, werde sich im Kreis der EU-Chefs dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen, kündigte der Kanzler an.

Und zur Sicherheitspolitik: Diese müsse "neu gedacht" werden. Heilige Kühe werden freilich nicht geschlachtet: "Ich will bis 2030 ein Sicherheitskonzept entwickeln, bei dem die Neutralität ein fixer Bestandteil ist", sagte Nehammer.

Schaut nach vorne: Nehammer
Schaut nach vorne: Nehammer