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Schulbetrieb mit Maske und ohne Anwesenheitspflicht

"Die Schule ist offen, sie sorgt nicht nur für Betreuung, sondern auch für Unterricht." Das betonte Bildungsminister Heinz Faßmann am Freitagabend bei einer Pressekonferenz zum Ablauf des Unterrichts im Lockdown. Gleichzeitig appellieren aber Regierung wie Länder, die Kinder wenn möglich daheim zu betreuen. Kritik kommt von Lehrervertretern.

Schulen bleiben offen
Schulen bleiben offen
Bildungsminister Heinz Faßmann.
Bildungsminister Heinz Faßmann.

Laut Bildungsminister Heinz Faßmann gilt jene Regel, die gestern für Oberösterreich und Salzburg getroffen wurde, ab Montag für ganz Österreich. Der Stundenplan bleibt also aufrecht. Kinder, die nicht in die Schule gehen wollen, dürfen aber daheimbleiben.

Dafür reicht eine Entschuldigung der Eltern, ärztliches Attest ist keines nötig. Die Erlaubnis zum Fernbleiben gilt dabei laut Erlass tageweise. Stundenweises Ein- und Auschecken ist nicht möglich.

"Das Wesentliche ist: Die Schule ist offen, sie sorgt nicht nur für Betreuung, sondern auch für Unterricht", betonte der Minister. Abgesichert werde der Betrieb durch eine durchgehende Maskenpflicht (Mund-Nasen-Schutz für Jüngere, FFP2-Maske für Oberstufe und Lehrer) sowie drei Mal wöchentliche Tests für alle. Gleichzeitig könne man die Klassen entdichten - jene Eltern, für die Homeoffice möglich ist, könnten ihre Kinder auch daheim lassen, wenn sie dies wollen.

Distance Learning sei dann möglich, wenn etwa eine ganze Klasse daheimbleibe, meinte Faßmann. Wenn die technischen Möglichkeiten vorhanden sind, könne außerdem auch ein synchroner Hybridunterricht stattfinden, bei dem der Präsenzunterricht per Kamera nach Hause übertragen wird. Ansonsten würden daheimgebliebene Schüler Lernpakete und Aufgaben erhalten, die sie dann über die Lernplattform der jeweiligen Schule abgeben.

Wer in die Schule kommt, muss sich wie bisher drei Mal die Woche testen lassen - auch die Geimpften. (Faßmann: "Sicher ist sicher.") Gibt es einen Infektionsfall, müssen alle anderen Schüler fünf Tage lang täglich zumindest einen Antigentest durchführen. Die Maske muss auch im Unterricht getragen werden, beim Lüften sind Maskenpausen einzuplanen. Schularbeiten bzw. Tests sollen in der Lockdown-Phase grundsätzlich vermieden werden, seien aber nicht ausgeschlossen, "etwa, wenn 100 Prozent der Schüler einer Klasse am Präsenzunterricht teilnehmen".

Turnen solle in dieser Phase generell im Freien stattfinden, der Musikunterricht sich auf Theorie konzentrieren. Faßmann: "Alles, was virologisch heikel ist, sollte unterlassen werden." Er rechne damit, "dass anfangs eher weniger, später deutlich mehr Schüler" dem Unterricht im Klassenzimmer folgen werden. Es werde nach Stundenplan unterrichtet, auch im Heimunterricht solle darauf geachtet werden, dass die Schüler nach Stundenplan um acht Uhr in der Früh mit dem Lernen beginnen.

Ob er es Eltern empfehle, ihre Kinder in den Wochen des Lockdowns in die Schulen zu schicken? "Ich möchte es den Eltern überlassen. Was ich sagen kann: Lebe ich in einer Region mit hoher Infektionswahrscheinlichkeit, dann wird das Daheimbleiben vernünftiger sein." Das würden Eltern ganz gut selbst beurteilen können, und auch, ob das Kind vom Lerntyp her besser in der Schule oder zu Hause aufgehoben sei. Faßmann: "Bei manchem ist in dieser Phase vielleicht die häusliche Umgebung besser als die schulische."

Kritik an den Schulplänen für den Lockdown kommt vom obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG). "Die politische Kommunikation ist eine Katastrophe - man hört von allen Seiten etwas anderes", meinte der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der GÖD zur APA. "Ich habe meine Zweifel, ob diese Maßnahmen wirklich dazu führen, die extrem hohen Inzidenzen an den Schulen zu senken."

Man werde ab Montag sehen, ob die Appelle vom Bundeskanzler abwärts, die Kinder nach Möglichkeit nicht in die Schule zu schicken, auch helfen, so Kimberger. "Aus meiner Sicht sind die Maßnahmen ungenügend, um Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Kinder und Familien, die man ja auch mitdenken muss, zu schützen. In Wirklichkeit müssten jetzt die Präsenzphasen deutlich reduziert werden. Was uns von Virologen empfohlen wird - Kontaktreduzierung, Abstand -, das müsste auch in der Schule umgesetzt werden."

Offenbar spiele der Gesundheitsschutz an den Schulen nur eine untergeordnete Rolle. "Wir haben bedenkliche Inzidenzen und viele Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte in Quarantäne", so Kimberger. "Von den Gesundheitsbehörden kommt auch nicht die Unterstützung, die wir dabei brauchen." Daher bestehe die Gefahr, dass die Inzidenzen an den Schulen trotz Lockdown hoch bleiben.

Die AHS-Direktoren fordern in einer Aussendung die Möglichkeit zur Entscheidung über die Form des Unterrichts - also ob präsent oder digital gelehrt wird. Dies soll am Standort im Einvernehmen mit dem Kollegium festgelegt werden, und zwar auf Basis der regionalen Infektionslage und speziellen Standortgegebenheiten. Auch das Heimschicken von Klassen im behördlichen Auftrag am Standort soll an der Schule entschieden werden dürfen - mit nachträglicher "Absegnung" durch die Gesundheitsbehörden.

Laut Zahlen der AGES liegt die Inzidenz bei den Fünf- bis Vierzehnjährigen in allen Bundesländern derzeit in etwa doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Bei den Inzidenzen gibt es aber enorme Unterschiede zwischen den Ländern: So liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Fünf- bis Vierzehnjährigen derzeit etwa in Salzburg bei 3055 und in OÖ bei 2844, während sie in Wien 1046 beträgt.

FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl wirft Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einer Aussendung das Untergraben der Schulpflicht durch seine "Wischiwaschi-Lösung" vor. Sein Neos-Pendant Martina Künsberg Sarre ist dagegen mit der Lösung zufrieden. Keinesfalls dürften aber Eltern, die ihr Kind in die Schule schicken, stigmatisiert werden. "Das Wichtigste in der momentanen, sehr ernsten Situation ist, dass wir nicht auf die Kinder und Jugendlichen vergessen, denn wir haben die vielen negativen Folgen des Distance Learning aus den vorangegangenen Lockdowns noch gut in Erinnerung", so der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr.