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So wird die Bildungskarenz von der Dreierkoalition ersetzt

Aufgrund des Budgetlochs läuft das Modell der Bildungskarenz mit April aus. Die Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos hat sich nun auf eine Folgeregelung geeinigt.

Viele Frauen nahmen sie in Anspruch, ÖVP und FPÖ wollten sie abschaffen und der Rechnungshof kritisierte ihre Ausgestaltung: die Bildungskarenz. Mit 1. April wurde das bisherige Modell aus Spargründen abgeschafft. ÖVP und FPÖ hatten die Bildungskarenz bei ihren Regierungsverhandlungen ins Visier genommen und kein Alternativmodell geplant. Die Dreierregierung will nun die Bildungskarenz ersetzen. Im Ministerrat hat sich die Regierung am Mittwoch auf ein Nachfolgemodell unter dem Titel "Weiterbildungszeit" geeinigt. Die neue Regelung wird mit 1. Jänner 2026 kommen und bis zum heurigen Sommer im Detail ausgearbeitet sein. Insgesamt stehen für die "Weiterbildungszeit" 150 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Abgewickelt wird es vom AMS. Fix ist jetzt schon, dass Kriterien strenger sein sollen als bei der bisherigen Bildungskarenz. Es soll laut Ministerratsbeschluss eine "strengere Kontrolle, Meldepflicht und Erfolgsnachweise inkl. Möglichkeit zur Rückforderung" geben.

Ein großer Teil der Kosten für die Bildungskarenz, die sich zuletzt schon auf 650 Millionen im Jahr beliefen, machten Personen aus, die diese geförderte Ausbildung direkt an die Elternkarenz anschlossen. Diese Möglichkeit entfällt künftig, wie Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) im Pressefoyer nach dem Ministerrat kundtat. Künftig müssen mindestens 26 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung dazwischen liegen. Voraussetzung, die Weiterbildungszeit anzutreten, ist zudem, dass man beim entsprechenden Dienstgeber schon ein Jahr beschäftigt war bzw. zwölf Monate während der zwei Jahre vor dem Antritt. Eine Altersgrenze gibt es weiterhin nicht.

Bildet man sich außerhalb des eigenen bisherigen Tätigkeitsbereichs weiter, ist eine vorherige Beratung verpflichtend. Zudem sollen die Ziele der Fortbildung festgeschrieben werden.

Will man sich universitär fortbilden, müssen weiterhin 20 Wochenstunden geleistet werden. Jedoch soll durch noch näher definierte Klarstellungen sicher gestellt werden, dass diese möglichst auch in Präsenz absolviert werden. Gibt es Betreuungspflichten, müssen nur 16 Wochenstunden erbracht werden. Bei den geforderten ECTS-Punkten sind es ebenfalls 20, 16 bei Betreuungspflichten. Bisher mussten nur acht Punkte nachgewiesen werden.

Übergangslösungen für bereits angelaufene Bildungskarenzen

Das Weiterbildungsgeld und Bildungsteilzeitgeld sind mit 31. März ausgelaufen. Für bereits begonnene bzw. bewilligte Bildungskarenzen hat die Regierung eine Übergangsregelung vereinbart. Die Regierung hält dazu fest: "Wurde eine Bildungskarenz in Modulen vereinbart, so können offene Module dann absolviert werden, wenn für diese ein bis Ende März 2025 zuerkannter Anspruch von Seiten des AMS vorliegt. Ebenso soll diese Regelung gelten, wenn bis Ende Februar 2025 eine Vereinbarung abgeschlossen wurde und die Bildungsmaßnahmen spätestens am 31. Mai 2025 beginnen."

Wer die Bildungskarenz in Anspruch nahm und wer sie kritisierte

Im ersten Quartal 2023 waren es 18.000 Frauen und 4000 Männer, die vom Staat Weiterbildungsgeld bezogen, das gleich hoch ist wie das Arbeitslosengeld (55 Prozent des letzten Nettobezugs). Der Rechnungshof (RH), der zur Bildungskarenz 2023 einen kritischen Bericht verfasst hatte, konstatierte einen Frauenanteil von 75 Prozent. Gesetzliche Erleichterungen, insbesondere das Heranführen der Bildungs- an die Babykarenz, hatten ab 2019 die Zahl der Anträge sprunghaft ansteigen lassen. Immer mehr Frauen verlängerten die Babypause, indem sie direkt in die Bildungskarenz wechselten. Was zur Folge hatte, dass sich die Zahl jener, die in Bildungskarenz gingen, von 2010 bis 2021 verdoppelte und die Ausgaben sogar fast drei Mal so hoch waren. 2021 gab das AMS inklusive Versicherungsbeiträgen 319 Mill. Euro aus. 2023 war es mehr als eine halbe Milliarde Euro, und 2024 gab es mit 644 Mill. Euro und über 30.000 Bezieherinnen einen Höchstwert.

Spätestens seit dem Rechnungshofbericht 2023 war klar, dass die Bildungskarenz reformiert gehört. Viel Karenz, (zu) wenig Bildung, stellten die Prüfer fest und führten detailreich aus, dass das Gesetz sowohl bei den Anforderungen an Aus- und Weiterbildung wie auch deren Kontrolle unzureichend sei. Arbeitsminister Martin Kocher räumte selbst Missbrauchsfälle ein und arbeitete eine Reform aus, deren Umsetzung mit den Grünen aber scheiterte. Das AMS forderte zuletzt von rund 80 Bezieherinnen das Weiterbildungsgeld zurück, weil der gesetzlich vorgeschriebene Seminaranteil von 25 Prozent bei Online-Lernkursen offenbar nicht eingehalten wurde. Prozesse und Verfahren dazu laufen.