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Der stille Abschied von Papst Benedikt XVI.

Die letzte Ehre für Benedikt XVI.: "Hüter der Kirche" war er für die einen, "kühl und distanziert" für die anderen.

Der Himmel über dem Petersplatz ist blau und rosafarben am frühen Montagmorgen, als schon Hunderte Menschen warten, um sich vom verstorbenen Papst Benedikt XVI. zu verabschieden.
Der Himmel über dem Petersplatz ist blau und rosafarben am frühen Montagmorgen, als schon Hunderte Menschen warten, um sich vom verstorbenen Papst Benedikt XVI. zu verabschieden.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.
Tausende Menschen verabschieden sich vom emeritierten Papst Benedikt XVI. Bis Donnerstag bleibt er im Petersdom aufgebahrt.

Der Himmel über dem Petersplatz ist blau und rosafarben am frühen Montagmorgen. Ganz so, als habe sich Rom noch einmal besonders hübsch gemacht für diesen Tag. Vier Seminaristen aus den USA stehen schon um kurz vor acht Uhr am Zugang zur Basilika. Sie sind unter den Ersten, die dem am Silvestertag verstorbenen Papst Benedikt XVI. die letzte Ehre erweisen wollen. Die Schlange ist lang, sie führt einmal um den ganzen Platz. Der Leichnam des emeritierten Papstes, gestorben im Alter von 95 Jahren, ist seit Montagmorgen im Petersdom aufgebahrt.

Die Seminaristen haben ihre Gebetsbücher dabei und vertreiben sich die Wartezeit mit Erzählungen und Gebeten, die vom Geräusch eines Rasenmähers durchbrochen werden. Neben der Warteschlange bereiten Vatikanmitarbeiter den Petersplatz für die Generalaudienz am Mittwoch und die Begräbnisfeier am Donnerstag vor. Zwischen den Pflastersteinen ist den Winter über das Gras gewachsen. Sessel werden aufgestellt, der weiße Baldachin auf dem Vorplatz der Basilika aufgebaut. "Papst Benedikt war für mich ein spiritueller Führer", sagt Greg aus Wisconsin. "Ein Hüter der Kirche", fügt Brendan hinzu.

Um neun Uhr schieben die Polizisten die Holzbarrieren beiseite, eine kleine Ordensschwester mit Krücke drängt sich in diesem Moment nach vorne. "Ich bitte euch, macht langsam. Piano, piano!", sagt ein Polizist. Vor dem Eintritt geht der Blick noch einmal hinauf zur Fassade der Peterskirche. Hier auf der Mittelloggia zeigte sich der neu gewählte Papst Benedikt XVI. im April 2005, wie beschwingt winkte er dem Volk zu.

Im Februar 2013 folgte der überraschende Rücktritt. Eine neue Epoche für die katholische Kirche begann. Neben einem rechtmäßigen, im März gewählten Amtsinhaber, Franziskus, gab es nun auch einen emeritierten Papst, der fast alle Machtinsignien ablegte: seinen Fischerring, das Pallium. Allerdings kleidete sich Benedikt XVI. immer noch weiß und ließ sich mit "Heiliger Vater" anreden.

Die Masse schiebt sich in den Petersdom, dessen Inneres golden und mächtig wirkt. Es ist still, der Geruch von Weihrauch steigt auf. Smartphones und Tablets werden nach oben gehalten, um Fotos vom aufgebahrten Papst zu machen, der mit bloßem Auge vor lauter Menschen nicht zu sehen ist. Langsam lassen die Vatikangendarmen die Menschen nach vorn.

Dort liegt Benedikt XVI., sein lebloser Körper. Der Trubel ist wie vergessen. Im Angesicht des Toten scheint die Zeit plötzlich stillzustehen. Als Erstes sieht man seine schwarzen Lederschuhe. Der Körper ist in einen roten Mantel gehüllt, als Zeichen der Trauer. Der Kopf, leicht nach rechts geneigt, ruht auf zwei Kissen und trägt die Mitra, den Bischofshut. Die dürren Finger sind mit einem Rosenkranz umwickelt und halten ein Kreuz. Pallium und Bischofsstab, die päpstlichen Machtinsignien, wurden Benedikt XVI. als emeritiertem Papst nicht beigegeben.

Georg Gänswein, sein Privatsekretär, die vier Memores Domini, Ratzingers Haushaltshilfen sowie seine Sekretärin Birgit Wansing verabschieden sich vom Toten. In der Früh hat sein engster Kreis den Transport des Leichnams in einem Kleintransporter vom Kloster Mater Ecclesiae in den Petersdom begleitet und dann gebetet. Am Leichnam Vorbeigehende bekreuzigen sich, etwas abseits knien zwei Ordensschwestern nieder. Die Ordner haben etwas mehr Gnade mit ihnen und schicken die Betenden erst nach einigen Minuten weg.

Wie trägt man einen emeritierten Papst zu Grabe? Das ist die im Vatikan derzeit meistgestellte Frage vor der Begräbnisfeier am Donnerstag, der kein Konklave, keine Machtkämpfe und kein weißer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle folgen werden. Das alles geschah nach Benedikts Rücktritt im Jahr 2013. Sein Tod wurde am Samstag mit einer Pressemitteilung des Vatikans und nicht, wie üblich, vom Generalvikar bekannt gegeben. Der Vatikan kündigte eine "feierliche, aber schlichte" Zeremonie an, wie sie auch im Sinne Benedikts ist.

Doch es gibt sie, diejenigen, die sich daran reiben, dass zum Tod Joseph Ratzingers am Samstagmorgen nicht wie üblich beim Tod eines Papstes die Glocken des Doms läuteten. Kurios ist auch, dass nur an manchen Gebäuden in Vatikannähe die Flaggen auf halbmast wehen.

Dass Benedikt XVI. in Rom kein Eroberer der Herzen war, kann man wenig später in einer Bar in der Via delle Fornaci feststellen. Drei ältere Römerinnen unterhalten sich über den Verstorbenen. "Von wegen, er wurde von allen geliebt", sagt eine. "Er war kühl und distanziert", sagt eine andere.