Als Jurist hat er gearbeitet und einige Jahre lang selbst Verfassungsrecht unterrichtet. Aber eigentlich ist Joe Biden zeit seines Erwachsenenlebens Politiker. Mit 29 Jahren wurde er der bis dahin jüngste Senator im US-Kongress. Bis 2009 vertrat er den Bundesstaat Delaware in Washington. Zwei Mal hat Biden vor 2020 für das Präsidentenamt kandidiert. Vor der Wahl 1988 stolperte er über eine Plagiatsaffäre, 2008 schied er in den demokratischen Vorwahlen rasch aus.
In diesem Wahlkampf hatte er den späteren Präsidenten und damaligen Anwärter auf das Amt, Barack Obama, als ersten Afroamerikaner bezeichnet, der "redegewandt, klug, sauber und ein gut aussehender Kerl ist". Was überaus herablassend gewirkt hatte, war aber nicht so gemeint, beteuerte Biden.
Obama jedenfalls machte den alten Hasen der Washingtoner Politik zu seinem Vizepräsidenten. In den zwei Amtszeiten habe er in Biden einen Bruder gefunden, sagte Obama im August. Die Demokraten warben damit, dass Biden Verlässlichkeit statt Unberechenbarkeit, Selbstlosigkeit statt Egoismus, Ruhe statt Lärm, Anstand statt Unehrlichkeit ins Weiße Haus bringen würde. Der Gegenentwurf zum republikanischen Amtsinhaber Donald Trump.
In den Kampf um das Weiße Haus zog Joe Biden mit der Begründung, dass eine weitere Amtszeit Trumps das Wesen der Vereinigten Staaten fundamental und für immer verändern würde.
Biden wurde am 20. November 1942 in Scranton im Bundesstaat Pennsylvania geboren. Der Jurist begann seine Politikerkarriere im Stadtrat von Wilmington in Delaware, wo er noch heute mit seiner zweiten Ehefrau Jill lebt. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Ashley Blazer. Jill Biden präsentiert sich zugänglich und volksnah. Beim Parteitag der Demokraten ließ sich die 69-Jährige aus einem Klassenzimmer einer High School in Wilmington zuschalten, in der sie früher Englisch unterrichtet hatte. Sie zeichnete dabei ein sehr persönliches Bild eines fürsorglichen Ehemanns und Vaters mit einem festen Wertekompass, der sich für andere einsetzt.

Joe Biden spart in Reden nicht damit, seine Wurzeln zu betonen. Er erzählt etwa, was er von seinem Vater gelernt habe, oder er leitet seine Sätze mit "Meine Mutter würde sagen ..." ein. Immer wieder spricht er über die Bedeutung der Familie für sein Leben. Wenig überraschend, weiß man von den Schicksalsschlägen, die Biden hinnehmen musste.
Sein Triumph bei der Senatswahl 1972 wurde von einem Autounfall überschattet, bei dem seine erste Ehefrau Neilia und die gemeinsame Tochter Naomi getötet wurden. Die beiden Söhne Beau und Hunter wurden bei dem Unfall schwer verletzt. Biden sagt, die Söhne - um die er sich fortan als alleinerziehender Vater kümmerte - hätten ihn durch diese schwere Zeit gerettet.
2015 kam es zu einem weiteren Schicksalsschlag. Bidens Sohn Beau starb an einem Hirntumor.
Sein jüngerer Sohn Hunter hatte in der Vergangenheit private Probleme, inzwischen spricht er öffentlich über seine überwundene Drogenabhängigkeit. Angriffsfläche bietet er den Republikanern nicht nur deshalb. Sie versuchen seit Langem, Joe Biden wegen früherer Auslandsgeschäfte seines Sohnes das Leben schwer zu machen. Hunter Biden hatte über Jahre einen hoch dotierten Posten bei einer Gasfirma in der Ukraine. Jetzt lebt er als Künstler in Kalifornien.
Der zukünftige Präsident Joe Biden ist kein großer Visionär.

Er will das Land "zurück zur Normalität" führen und zusammenbringen. Er beschwört die alten Zeiten, als Obama und er im Weißen Haus waren und die USA in der Welt noch als berechenbarer Partner galten. "Das Erste, was ich tun muss, und ich scherze nicht: Wenn ich gewählt werde, muss ich mit den Staatschefs telefonieren und sagen, dass Amerika zurück ist", meinte der 77-Jährige erst kürzlich.