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Hilfswerk: Pflegende Angehörige brauchen noch mehr Hilfe

Angehörige sind eine zentrale Säule in der Pflege alter und kranker Menschen. Von Anbietern wie Hilfswerk, Caritas oder Diakonie gibt es zwar Trainings, Entlastungsdienste und Tageszentren zur Unterstützung - aber teilweise auch noch große Lücken.

Alfred Schweiger und Claudia Hemetsberger-Wasserbauer pflegen ihre Angehörigen zu Hause. Sie nutzen die Pflegetrainings des Hilfswerks bzw. den Angehörigenentlastungsdienst.  Bild: sw/petry
Alfred Schweiger und Claudia Hemetsberger-Wasserbauer pflegen ihre Angehörigen zu Hause. Sie nutzen die Pflegetrainings des Hilfswerks bzw. den Angehörigenentlastungsdienst.  Bild: sw/petry

In den Sonntagsreden der Politik sind pflegende Angehörige eine wichtige, hochgelobte, aber eher abstrakte Säule der Pflege. Für Claudia Hemetsberger-Wasserbauer dagegen ist die Pflege zu Hause gelebte Realität: Ein Jahr lang hat die Oberalmerin ihre 89-jährige Mutter (Pflegestufe vier von sieben) betreut, ein halbes Jahr war sie dafür beruflich freigestellt.

Seit Ende April hat sie nun eine 24-Stunden-Betreuung bekommen, die sich um ihre Mutter kümmert, weil es allein nicht mehr ging. "Ich war einfach am Limit, du bist da so in einem Strudel drin, ich bin dann auch zur Psychotherapie gegangen", sagt die 57-Jährige, die sich im Februar mit anderen im Salzburger Landtag auch dafür eingesetzt hat (letztlich vergeblich), dass pflegende Angehörige vom Land angestellt werden, wie es im Burgenland gemacht wird.

Was ihr aber geholfen habe, seien die Trainingsmodule, die das Hilfswerk seit 2019 für pflegende Angehörige anbietet. In mittlerweile elf Modulen werden in Kleingruppen Themen wie Pflegegeld und Hilfsmittel, Sturzvermeidung, oder Umgang mit Demenz bearbeitet. "Zudem soll es ein geschützter Rahmen für Erfahrungsaustausch sein", betont Manfred Feichtenschlager, Fachabteilungsleiter für Soziale Arbeit beim Hilfswerk.

"„Bestenfalls beschäftigen sich die schon vorher mit diesen Themen, nicht erst, wenn sie schon völlig ausgebrannt sind.“"
Manfred Feichtenschlager
Fachabteilungsleiter Soziale Arbeit beim Hilfswerk

Das Basismodul ist kostenlos, alle weiteren kosten je 25 Euro, auf drei Module ist der Gesundheitshunderter der Sozialversicherung anwendbar. "Wir wollen die Leute dazu motivieren, sich bestenfalls schon vorher mit diesen Themen zu beschäftigen, nicht erst, wenn sie schon völlig ausgebrannt sind", betont Feichtenschlager.

Hilfswerk-Präsident Christian Struber aus St. Koloman betont: "Die Hauptlast der Pflege im Land tragen die Angehörigen. Von rund 26.000 Menschen im Land Salzburg, die Pflegegeld beziehen, werden rund 5000 in Seniorenheimen betreut, rund 1000 nutzen die 24-Stunden-Betreuung, alle anderen werden zu Hause betreut. Ohne pflegende Angehörige könnte das Pflege- und Betreuungssystem nicht aufrechterhalten werden. "

Er kennt das Thema aus eigener Erfahrung: Seine Frau und er haben seine Mutter neun Jahre lang gepflegt, bis sie 2013 verstarb. "Unser Ziel als Hilfswerk ist es, pflegende Angehörige zu unterstützen und zu entlasten. Nicht dass sie am Ende vor Überforderung selbst Betreuung brauchen."

Tageszentren als soziale Einrichtung gegen Vereinsamung

Neben den bereits erwähnten Trainings (und neun Seniorenheimen im Land Salzburg) betreibt das Hilfswerk 15 Tageszentren in allen Salzburger Bezirken mit insgesamt 189 Plätzen sowie einen Angehörigenentlastungsdienst, bei dem Pflegekräfte stundenweise die Betreuung der zu Pflegenden übernehmen. "Wir verstehen die Tageszentren als Sozialeinrichtung, um Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf Abwechslung zu bieten, der Vereinsamung entgegenzuwirken und die Angehörigen zu entlasten", sagt Fachabteilungsleiter Feichtenschlager.

Den Entlastungsdienst hat das Hilfswerk seit Herbst 2020 im Programm, auch das Diakoniewerk und die Caritas bieten Ähnliches. Ein Angebot, das unter anderem auch Alfred Schweiger aus St. Veit gern in Anspruch nimmt. Seit 15 Jahren betreut der 75-Jährige seine Frau (Pflegestufe fünf), seit ein paar Monaten kommt jeden Mittwoch der Entlastungsdienst von 13 bis 18 Uhr: "Das bietet einem etwas Freiraum, ich möchte es nicht mehr missen. Man betreut seine Angehörigen ja gern, aber rund um die Uhr nur Betreuung, nur waschen, putzen, kochen, das ist schon hart."

"„Eine digitale Pflegedokumentation gibt es schon, das Problem ist der Austausch mit den Gesundheitsdienstleistern.“"
Stefan Tautz
Pflegedirektor Hilfswerk

Um Angebote wie diese noch effektiver zu machen, müsse aber politisch noch an einigen Schrauben gedreht werden, betont Hilfswerk-Präsident Struber. So kann der Entlastungsdienst aktuell nur von pflegenden Angehörigen in Anspruch genommen werden, die auch denselben Wohnsitz wie die zu betreuende Person haben.

Und auch in Sachen Digitalisierung gebe es noch einige Schrauben, an denen man drehen könnte, heißt es beim Hilfswerk. So zum Beispiel Ausbau und Förderung von digitalen Austausch- und Selbsthilfe-Plattformen. "Eine digitale Pflegedokumentation gibt es schon, das Problem ist der Austausch mit den Gesundheitsdienstleistern", sagt Hilfswerk-Pflegedirektor Stefan Tautz. "Ärzte, Krankenkassen, Physiotherapeuten etc., alle verwenden verschiedene Dokumentationen, hier braucht es eine Verknüpfung, damit die jeweiligen Mitarbeiter immer alle Informationen vor Ort haben.

"„Aktuell sind Förderungen für die Pflegetrainings an die Pflegestufe gebunden und mit 200 Euro gedeckelt. Präventive Vorbereitung wird gar nicht gefördert.“"
Christian Struber
Präsident Hilfswerk Salzburg

"Darüber hinaus würden wir uns einen kostenfreien, niederschwelligen Zugang zu den Pflegetrainings wünschen", sagt Hilfswerk-Präsident Struber. "Aktuell sind Förderungen an die Pflegestufe gebunden und mit 200 Euro gedeckelt. Präventive Vorbereitung wird gar nicht gefördert."

In Sachen Tageszentren erhofft man sich einen Ausbau des Angebots und eine bessere Koordinierung: "Da gibt es noch einige blinde Flecken wie das Gasteiner Tal oder das Lammertal", sagt Struber. "Da braucht es eine akkordierte Sozialplanung auf Landesebene. Aktuell werden Senioren-Tageszentren nur auf Zuruf der Gemeinden organisiert."

"„Die Community Nurses sind ein sinnvolles Projekt, noch lieber wäre mir aber, wir hätten mehr Pflegekräfte und jeder, der es braucht, kriegt ein Bett im Seniorenheim.“"
Alexander Stangassinger
Bgm. Hallein (SPÖ)

In Hallein sind hier seit 2022 auch die Community Nurses eine wichtige Anlaufstelle geworden: "Es ist ein sinnvolles Projekt, noch lieber wäre mir aber, wir hätten mehr Pflegekräfte und jeder, der es braucht, kriegt ein Bett im Seniorenheim, dann hätten wir viele Sorgen gar nicht", meint Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ). Das Projekt wird noch bis Ende 2024 von der EU finanziert, danach ein weiteres Jahr vom Land. "Danach müssen wir schauen, die Stadt selbst kann sich das nicht leisten."

Landesweit läuft aktuell zudem eine Infokampagne (www.dasiststark.at) über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten in der Pflege, die das Image des Berufs steigern und neue Pflegekräfte ansprechen soll.

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