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Richter aus dem Volk - was das Schöffenamt mit sich bringt

Mit Jahresanfang trat in Deutschland eine neue Riege an Schöffen ihr Amt an. Reinhold Terner aus Fridolfing ist einer von ihnen.

Die Laienrichter nehmen im Rechtssystem eine wichtige Rolle ein
Die Laienrichter nehmen im Rechtssystem eine wichtige Rolle ein

Der Verhandlungstag scheint kein Ende zu nehmen. Mit zunehmender Länge steigt auch der Lärmpegel. Zeit für den Richter einzugreifen: "Ruhe im Saal!" Die Anwesenden verstummen. Vor Gericht kann es schon mal laut werden. Mit den Fällen wechselt auch die Personenkonstellation. Neben Angeklagten, Verteidigern, Staatsanwaltschaft, Richter und Co. kommen immer wieder auch Schöffen zum Einsatz.

Infrage dafür kommen Personen aus der Bevölkerung, die, vereinfacht gesagt, Berufe ohne näheren Zusammenhang mit der Justiz oder höheren politischen Ebene ausüben. Auch Religionsdiener wie Priester oder Ordensbrüder sind nicht zugelassen. Abseits davon müssen noch eine Handvoll weiterer Bedingungen erfüllt werden, um zum Schöffenamt antreten zu können. Für Schöffen an Jugendgerichten gelten noch einmal strengere Voraussetzungen. Sie müssen beispielsweise auch Erfahrung in der Jugenderziehung mitbringen.

Zwischen Recht und Gerechtigkeit

Einer, der alle Kriterien erfüllt, ist Reinhold Terner. Mit Anfang des Jahres trat der Fridolfinger seinen Dienst als Ersatzschöffe an. Schon in der Vergangenheit hat er sich für die Tätigkeit interessiert. "Jetzt bin ich in Rente und habe genug Zeit, mich darum zu kümmern." Warum er Schöffe werden wollte? "Ich habe ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden." Ihm sei klar, dass man Recht und Gerechtigkeit nicht immer in Einklang bringen könne, sagt Terner. Besonders bei Jugendlichen finde er aber den Faktor eines gerechten Urteils wichtig.

Den Gedanken, Schöffe werden zu wollen, habe eine Geschichte aus dem Umfeld geliefert. Ein Vater habe seinen jugendlichen Sohn, dieser hatte mit Drogen zu tun, nach mehrfacher Warnung angezeigt. Im Endeffekt verbüßte der Jugendliche einen mehrtägigen Arrest. Dort hätte er seinem Vater direkt am ersten Tag einen Brief geschrieben, dass er nie mehr etwas tun würde, das ihn wieder dorthin bringen könnte, erzählt Terner. Erst vor Ort hatte der Jugendliche den Schrecken der Situation realisiert. "Das war ein Auslöser für mich und ich dachte mir: Wenn du den Jugendlichen helfen kannst, dann mach das." Aus diesem Grund habe er sich auch speziell als Jugendschöffe beworben.

"Ich habe ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden"
Reinhold Terner
Ersatzschöffe


Zum Einsatz kommt Terner erst, wenn einer der regulären Schöffen ausfällt. Bisher ist das noch nicht passiert, die Amtsperiode ist aber auch noch lang: Bis 2028 sind die heuer deutschlandweit angetretenen Schöffen im Einsatz. Er habe Respekt vor dem Amt, sagt Terner. Schließlich handle es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe. "Und man ist natürlich immer aufgeregt, wenn etwas Neues auf einen zukommt." Noch vor Beginn der Amtsperiode wurden Terner und seine Amtskollegen entsprechend vorbereitet. "Am Amtsgericht Traunstein haben wir eine theoretische Einführung bekommen." Auch ein Besuch der Justizvollzugsanstalt Laufen-Lebenau und ein Vortrag des dortigen Leiters sei auf dem Programm gestanden.

Nicht jeder ist ein Freiwilliger

Eine Voraussetzung für das Ausüben des Schöffenamts ist auch das Alter. In Österreich darf man bei Amtsantritt nicht älter als 65 sein, in Deutschland gilt das 69. Lebensjahr als Grenzwert. Hier fällt Terner gerade noch hinein. Dass es eine Altersbeschränkung für das Amt gibt, stört ihn nicht. "Es hat mich sogar überrascht, dass ich mit meinen 67 Jahren noch ausgewählt wurde." Schöffen üben ihre Funktion im Ehrenamt aus. Abgesehen von Aufwandsentschädigungen und einer Fahrtkostenpauschale gibt es keine Vergütung.

Bei freiwilliger Bewerbung für das Amt empfindet Terner das als gerechtfertigt. "Weil man es ja von sich aus macht und sich einbringen will." Aber: Nicht jeder Schöffe kommt freiwillig ins Amt. Gibt es zu wenige Bewerber, werden auch andere potenziell geeignete Bürgerinnen und Bürger ausgewählt. Ablehnen kann man das Laienrichteramt nur mit entsprechender Begründung. Terner spricht sich für Freiwilligkeit aus. Wenn einen etwa die Gemeinde anspreche und frage, ob die Tätigkeit für einen infrage komme, sei das etwas anderes. "Direkt einen Zwang auszuüben, halte ich aber für falsch.Das ist dann, glaube ich, eine schlechte Basis."