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Wie die Pest einst die Halleiner dahinraffte

Nur noch wenig lässt heute darauf schließen, dass in Hallein einst die Pest wütete. Wer sich damals nicht an die Maßnahmen hielt, den erwartete der Galgen.

Heute sieht das ehemalige Pestspital ganz anders aus. Einer der wenigen Orte in Hallein, an denen sich festmachen lässt, dass dort die Pest wütete.
Heute sieht das ehemalige Pestspital ganz anders aus. Einer der wenigen Orte in Hallein, an denen sich festmachen lässt, dass dort die Pest wütete.
Unter der Stadtkirche in Hallein fand man 2005 Hunderte Skelette. Nur wenige dieser Toten starben an der Pest, vermuten Historiker heute.
Unter der Stadtkirche in Hallein fand man 2005 Hunderte Skelette. Nur wenige dieser Toten starben an der Pest, vermuten Historiker heute.
Anna Holzner, Historikerin im Keltenmuseum.
Anna Holzner, Historikerin im Keltenmuseum.
Rupert Breitwieser, Historiker und Universitätsprofessor.
Rupert Breitwieser, Historiker und Universitätsprofessor.

Da staunten die Archäologen und Historiker nicht schlecht, als sie die Steinplatten des Fußbodens hoben. Unter der Halleiner Stadtpfarrkirche stießen sie auf Hunderte Skelette. Das war 2005, als die Kirche renoviert wurde und eine Fußbodenheizung eingebaut werden sollte.

Medien betitelten den Fund damals als Sensation. Schnell wurden Vermutungen laut, dass es sich bei den rund 200 in Tüchern bestatteten Toten um Opfer der Pest in Hallein handelte, die dort in einem Massengrab bestattet wurden. Bis heute, fast 17 Jahre später, sei deren Todesursache nicht abschließend geklärt, berichtet Anna Holzner, Historikerin im Keltenmuseum.

"Um ein Massengrab handelte es sich sicher nicht. Das war ein Friedhof, der bei der späteren Erweiterung der Kirche überbaut worden ist. Bei den Toten sind also viele andere auch dabei, die nicht an der Pest gestorben sind." Doch das Ausgrabungsteam stieß damals in einem anderen Teil der Kirche auch auf drei Tote, die in Särgen bestattet wurden. "Wir nehmen an, dass es sich dabei um drei Jesuitenpriester handelt, die 1634 nachweislich an der Pest gestorben sind." Die drei Männer hätten ihr Leben geopfert, sagt die Historikerin. "Seuchen wurden damals immer als die Strafe Gottes gesehen, den Priestern kam also mit der Seelsorge eine entscheidende Rolle zu." Viele Geistliche hätten dabei im direkten Kontakt mit den Infizierten ihr Leben gelassen.

Dass die Pest vom 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts immer wieder in Hallein wütete, lässt sich heute nur noch an wenigen Orten festmachen. Einer dieser befindet sich in der Davisstraße - auf der rechten Seite der Salzach. In dem großen, weiß gestrichenen Haus mit den kleinen Fenstern und den hölzernen Balkonen befand sich früher das Pestspital der Stadt. Wo die infizierten Halleiner erst mühsam versorgt und anschließend im damals danebenliegenden Friedhof bestattet wurden, befinden sich heute Wohnungen. Die Holzbalkone hatte das Haus früher noch nicht. Der ehemalige Friedhof ist heute verschwunden. "Den hat die Salzach bei Hochwasser größtenteils mitgenommen", sagt Historikerin Holzner.

Die Pest rollte in drei großen Wellen über Hallein - 1570, 1634 und 1713. Doch auch dazwischen kam es immer wieder zu Ausbrüchen. Die Halleiner wurden von der Seuche aber keinesfalls überrascht. Es gab Vorzeichen. "Man wusste ganz genau, wenn die Pest in den benachbarten Regionen wütet, dass sie dann auch bald zu uns kommt", sagt Holzner. So gab es zum Beispiel 1569, ein Jahr vor der ersten großen Welle, eine Anordnung, in der das Trinken von Branntwein verboten worden war. Dieser galt nämlich als Heilmittel gegen die Pest und sollte deshalb aufgespart werden.

Wer sich infizierte, musste in Quarantäne. Diese dauerte mindestens vier bis fünf Wochen an. Die Haustüren der erkrankten Einwohner seien mit dem Buchstaben "A" gekennzeichnet worden, berichtet die Historikerin. Ab dem 17. Jahrhundert ging man bei Ausbrüchen sogar so weit, die Stadttore zu schließen. Nur Personen, die nachweislich aus einer Region kamen, in der die Pest nicht wütete, durften passieren. Wer dennoch einen Weg in die Stadt suchte, wurde aufgehängt. "Dafür stellte man extra Schnellgalgen auf."

Die Pest veränderte also schon damals den Alltag der Bevölkerung. Obwohl seither mehrere Jahrhunderte vergangen seien, ließen sich im Umgang mit Seuchen Parallelen zu heute finden, sagt Rupert Breitwieser. Der Historiker an der Universität Salzburg findet sogar Ähnlichkeiten mit Seuchenausbrüchen noch lange bevor diese jemals in Salzburg auftraten. "Von der Antike bis heute war es so, dass immer ein Schuldiger am Leid gesucht wurde. Meistens waren das Minderheiten."

Heutzutage ist die Bakterienerkrankung zwar nicht vollständig ausgerottet, aber durch die Behandlung mit Antibiotika unter Kontrolle und verlor damit ihren Schrecken. In Hallein forderte die Pest während der drei Wellen etwa 2700 Tote. Die Stadt hatte damals jedoch nur zwischen 3000 und 4000 Einwohner. Nach 1714 lässt sich im Land Salzburg historisch keine weitere Welle mehr nachweisen. Die Erinnerung an den Schwarzen Tod lebt aber durch Pestfriedhöfe und Kreuze weiter.

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