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Tierheim Hallein: Sommer, Sonne, Streunerkatzen

An das Kastrationsgesetz für Katzen mit Freigang halten sich nicht alle. Das führt zu Problemen, auch dem Tierheim Hallein geht langsam das Babykatzen-Futter aus.

Marlies Lochmann (links) und Isabella Gruber mit den „Gollinger Babykatzen“.
Marlies Lochmann (links) und Isabella Gruber mit den „Gollinger Babykatzen“.
Manche Katzen haben so starke Augenentzündungen, dass ihnen die Augen entfernt werden müssen
Manche Katzen haben so starke Augenentzündungen, dass ihnen die Augen entfernt werden müssen

Gerade im Sommer erforschen Babykatzen die Welt, weswegen an das Leid der Streunerkatzen erinnert wird. Ein Großteil der frei lebenden Katzen sind Nachkommen unkastrierter Hauskatzen oder ausgesetzter Tiere. Als domestizierte Haustiere sind frei lebende Katzen kaum in der Lage, sich und ihre Nachkommen vollständig zu versorgen. Sie leben von Abfällen oder Futter, das Menschen ihnen geben. Da Betreuung und medizinische Versorgung fehlen, sind die Straßenkatzen häufig krank, unterernährt und verletzt. Sie fristen ein Dasein in Hinterhöfen und leer stehenden Gebäuden und vermehren sich unkontrolliert.

Das Halleiner Tierheim ist auf Futterspenden angewiesen

Das Tierheim Hallein, als einziges Tierheim im Bezirk, wird mit Katzen und ihren Babys überschwemmt. "Bei uns landen knapp 30 Katzen pro Monat. Manche von ihnen sind trächtig, was unseren Bestand vervielfacht. Mittlerweile wird speziell das Babykatzen-Futter knapp", erklärt Marlies Lochmann, die das Tierheim Hallein führt. Den Weg zu ihr und ihrem Team finden die Tiere auf unterschiedlichste Weise. "Es kommt gar nicht mal selten vor, dass uns der ÖAMTC Babykatzen bringt, die im Motorraum von Fahrzeugen gefunden werden", so Lochmann. Doch auch dramatische Situationen sind der Tierschützerin nicht fremd. Etwa ein Karton voller Babykatzen, der achtlos am Parkplatz des Gollinger Wasserfalls abgestellt wurde. "Uns bringen auch Wanderer Babykatzen, die sie irgendwo aufgreifen", erzählt sie. All das sind die Folgen der unkontrollierten Vermehrung.

Illegale Vermehrung in Wohnungen wird zum Problem

Nicht nur, dass viele Menschen die Kastrationspflicht ignorieren, bringt Schwierigkeiten. Lochmann macht auf einen anderen Aspekt aufmerksam: "Wir bekommen immer wieder Katzenbabys von illegalen Verpaarungen. Da werden die wildesten Mischungen ,gezüchtet'. Zum Beispiel haben wir gerade einen Wurf von Perserkatzen, gemischt mit europäischen Hauskatzen."

Viele dieser Verpaarungen kommen von Menschen mit Migrationshintergrund, die im Sommer längere Urlaube in ihren Geburtsländern machen. "Die bringen uns ihre Katzen, weil sie nicht wissen, was sie mit ihnen machen sollen. Von ihrem Urlaub bringen sie wieder neue Jungkatzen mit. Das wird für uns zu einem wirklichen Problem", so die Tierheimleiterin. Aktuell warten 50 Samtpfoten auf ein neues Zuhause. "Jährlich bekommen wir zu Weihnachten große Futterspenden, mit denen wir gut übers Jahr kommen. Leider ist selten Spezialfutter für Babykatzen dabei. Aktuell haben wir einen Engpass an Babykatzen-Futter. Über Futterspenden freuen wir uns riesig", bittet Lochmann die Bevölkerung um Mithilfe.

Unkontrollierte Vermehrung stellt Tierheim vor Probleme

Neben dem erhöhten Babykatzen-Futterbedarf bringt die Vielzahl kranker Kitten weitere Schwierigkeiten mit sich. "Es sind vor allem die Katzen von Bauernhöfen, die Probleme verursachen. Da die medizinische Versorgung oft nicht gegeben ist, kämpfen sie mit starkem Parasitenbefall, Katzenschnupfen, Läusen oder Würmern", erklärt Isabella Gruber, Katzenvermittlerin im Tierheim Hallein. Für diese Samtpfoten braucht es Spezialplätze, etwa mit einem Inkubator, der für den Überlebenskampf die perfekte Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffzufuhr bietet. Ein so teures Gerät hat das TH Hallein nicht. "Man muss auch bedenken, dass man mit solchen Babykatzen deutlich mehr Tierarztbesuche hat, ebenso Kosten für Medikamente. Das bringt uns als privates Tierheim an die finanziellen Grenzen", so Gruber. Auch die sehr zeitintensive Betreuung ist nur schwer umsetzbar. "Ein zusätzliches Problem ist der Platz. Kranke Babykatzen dürfen natürlich nicht in die normalen Katzenhäuser, sondern müssen in Quarantäne. Die ist irgendwann voll", erklärt die Katzenvermittlerin und appelliert: "Wenn man eine Katze aufnimmt, sollte man genau hinschauen. Nur weil sie gratis vergeben wird, heißt das nicht, dass sie gesund ist. Oftmals ist es genau das Gegenteil. Wenn Missstände gesehen werden, hilft es, diese zu melden."

Seit dem Inkrafttreten des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes am 1. Jänner 2005 besteht für alle Katzenhalter die Verpflichtung, Katzen mit Zugang ins Freie von einem Tierarzt kastrieren zu lassen, sofern diese Tiere nicht zur Zucht verwendet werden. Leider werden zur "Populationskontrolle" mancherorts noch immer strafbare Methoden wie Vergiften, Erschlagen oder Ertränken angewendet. Diese Praktiken sind entschieden abzulehnen und stellen nicht einmal ansatzweise eine effektive Lösung dar. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Tötung eines Tieres ohne vernünftigen Grund verboten ist und mit Geldstrafen nach Paragraf 6 des Tierschutzgesetzes geahndet wird.

Vorgehensweise, wenn Missstände entdeckt werden

Wenn ein Problem mit halbwilden oder wilden Katzenpopulationen auftaucht, sollte man sich an Alexander Geyrhofer, Tierschutzombudsmann des Landes Salzburg, wenden.
Tel.: 0662/8042-3461
Mail: alexander.geyrhofer@salzburg.gv.at

4 Fragen noch an Alexander Geyrhofer, Tierschutzombudsmann des Landes Salzburg.

Warum müssen Freigängerkatzen kastriert werden?

Ziel der Kastrationspflicht ist es, eine unkontrollierte wie auch zum Teil vom Besitzer unge-wollte Vermehrung von Katzen zu vermeiden. Ein unkastriertes Katzenpaar produziert circa zwölf Nachkommen pro Jahr. Zwölf Monate später sprechen wir folglich von 66 Tieren, mit Ablauf des zweiten Jahres kann von fast 400 Katzen ausgegangen werden und wenige Monate später befinden sich die Zahlen bereits im mehrfachen Tausenderbereich.

Welche gesundheitlichen Folgen entstehen durch unkontrollierte Vermehrung?

Seuchenzüge aufgrund der hohen Populationsdichte und des hohen Inzuchtgrades sind tier-schutzrelevante Folgen, die wir nicht tolerieren dürfen.

Kann man sagen, ob die Kastrationspflicht eingehalten wird?

Es ist allgemein bekannt, welche Katzen vornehmlich unkastrierte Freigänger sind. Die Folgen werden jährlich von den Tierheimen und den Fördergeldern des Landes abgefedert. Anzumerken ist, dass es sich bei einem Teil der vermehrenden Katzenpopulation um verwilderte Hauskatzen handelt, welche schwer greifbar und keinem Halter zuordenbar sind. Deshalb hat das Land Salzburg auf Initiative des Tierschutzombudsmannes und des zuständigen Landesrates bereits im April 2008 eine Kastrationsaktion für Streunerkatzen ins Leben gerufen. Da Katzen - im Gegensatz zu Hunden - selten mit dem zugehörigen Halter angetroffen werden, oftmals nicht durch einen implantierten Mikrochip individuell rückverfolgbar sind und weibliche Katzen nicht augenscheinlich hinsichtlich einer erfolgten Kastration beurteilt werden können, gestaltet sich eine Beweisführung schwierig.

Welchen Sanktionen gibt es, wenn man der Kastrationspflicht nicht nachkommt?

In Erwägung der bisher erörterten Fakten ergibt sich, dass, sobald eine weibliche Katze mit Welpen und ohne Mikrochip aufgefunden wird, mit Sicherheit ein Gesetzesverstoß besteht. Die Zuordnung einer Halterschaft ist, wie bereits geschildert, die anschließende behördliche Herausforderung, denn eine Nichteinhaltung der Kastrationspflicht hat die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge.

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