Die Stimmung dieses Buchs vermittelt das Cover auf den ersten Blick: In Grautönen erscheinen Salzburger Dom und Festung, der Titel "Schattenorte" schreibt sich in schwarzen Lettern in weiße Felder ein, sie schauen aus wie Papierseiten. In neonfarbenem Grüngelb poppt der Untertitel "Geschichten und Geheimnisse in Salzburg" auf. Die Farbwahl steht für den frischen Zugang zu Orten mit Schatten der Vergangenheit, vergessenen Ereignissen und Schicksalen.
Die SN-Redakteurinnen Anna Boschner und Simona Pinwinkler legen mit "Schattenorte" ihr erstes Buch vor, entstanden aus der gleichnamigen Podcastserie der "Salzburger Nachrichten". Seit mehr als zwei Jahren holen die beiden Journalistinnen dunkle oder verborgene Kapitel in Stadt und Land Salzburg sowie Umgebung ans Licht: Für den im Anton-Pustet-Verlag erschienenen Band wählten sie 30 aus.
Spannbreite der Themen ist groß
Die Spannbreite der Themen ist groß - der Mythos der Tempelritter, die Wolfsprozesse im Lungau, die Schlacht auf dem Walserfeld, Goldrausch im Gasteiner Tal, der Schwarze Tod in Hallein, der nach Salzburg verbannte Erzherzog Ludwig Viktor (im Buch frech betitelt als "Prinz Harry von Siezenheim").
"Wir wollten zeigen: Salzburg ist mehr als Mozart und ,Sound of Music'", sagt Simona Pinwinkler. Es gebe Kapitel in der Vergangenheit, über die nicht gern gesprochen werde, betont die 31-jährige Thalgauerin. "Es geht in unserem Buch um Licht und Schatten; um Sachen, die geheimer sind oder vergessen wurden. Nicht alles ist düster oder Mord und Totschlag." Von einem Stadt-und-Land-Führer abseits des Touristenprogramms spricht Anna Boschner, die 29-Jährige stammt aus Prien am Chiemsee.
Markante Schwarz-Weiß-Bilder ziehen hinein in die einzelnen Schattenorte. Da schaut die Leserinnen und Leser etwa eine ältere Frau mit harten Gesichtszügen und Gretlfrisur an. Im Mundwinkel hat sie eine Pfeife, verwegen schaut sie aus. Sie war in den 1930er-Jahren eine berüchtigte Wilderin in Unken, eine der wenigen Frauen in diesem verbotenen Metier. Die Autorinnen betten den Blick auf diese Frau in die Historie des Wildereiwesens ein. Diese Herangehensweise zieht sich durch ihr Buch. Sie erzählen die Geschehnisse prägnant, lassen die neuesten Erkenntnisse von Expertinnen und Experten einfließen.
"Alles war wie ausgestorben"
Als einen der unheimlichsten Orte beschreibt Simona Pinwinkler Schloss Moosham in Unternberg. Sie sei in der Zeit des Coronalockdowns 2021 dort gewesen, schon die winterliche Fahrt in den Lungau habe sich damals wie eine ins Niemandsland angefühlt. "Alles war wie ausgestorben, es hatte minus 15 Grad. Ich war mit Geschäftsführerin Theresita Wilczek allein im Schloss. Dann war plötzlich das Knarren einer Tür zu hören." Es habe sich spooky angefühlt.
"Es war ein düsterer, regnerischer Tag"
Auch Anna Boschner nennt mit dem Passeggen in St. Andrä einen Lungauer Schauplatz, der ihr in Erinnerung bleibt: Der Historiker Peter Klammer habe ihr bei der Recherche für die "Zauberbubenprozesse" einen ehemaligen Hexenring gezeigt. "Es war ein düsterer, regnerischer Tag." Wie aus dem Nebel der Geschichte erlebte sie auch die Wallfahrtskirche St. Leonhard in Tamsweg, deren dicke Wehrmauer im 15. Jahrhundert aus Furcht vor den einfallenden Osmanen errichtet wurde.
Eine neue Perspektive auf Schattenorte zu bieten: Das war das Ziel der Kolleginnen. Es ist ihnen bestens gelungen.
"Schattenorte. Geschichten und Geheimnisse in Salzburg" (152 S., Anton-Pustet-Verlag, Salzburg 2024, 25 Euro) erscheint am 26. Februar. SN-Leserinnen und -Leser erhalten das Buch im SN-Shop - mit Signatur der Autorinnen.
Live-Podcast "Schattenorte"
Am 4. März um 18.30 Uhr findet im SN-Saal anlässlich der Buchpräsentation der erste Live-Podcast statt. Im Gespräch: Historikerin Sabine Veits-Falk und Archäologin Anna Holzner zu "verlorener Geschichte in Salzburg". Der Eintritt ist frei.
Musikalische Umrahmung: Vokale Randale. Anmeldung hier.