Die SPÖ hat sich vor Monaten kritisch zum S-Link positioniert. Vizebürgermeister Bernhard Auinger hat bei einer Pressekonferenz am Freitag an die Stadt-Salzburgerinnen und -Salzburger appelliert, bei der Bürgerbefragung am 26. November mit Nein abzustimmen. "Wer profitiert vom S-Link? Die Salzburgerinnen und Salzburger sind es sicher nicht", sagt Auinger. Nun hat die SPÖ einen Verkehrsexperten geladen, der ihre Thesen gegen die teilweise unterirdisch geführte Lokalbahnverlängerung stützt. Der Grazer Verkehrsplaner Georg Kriebernegg hat eine Analyse mithilfe der Datenlage der vorliegenden gesamtwirtschaftlichen Bewertung "EURegioBahnen" - das grenzüberschreitende Bahnprojekt von Bayern, Salzburg bis nach Oberösterreich aus 2016 - vorgenommen. Damals sei die Wechselwirkung von Bahnverbindungen und dem individuellen Pkw-Verkehr bewertet worden. Für Kriebernegg ist zwar jede Maßnahme zur Verbesserung der Salzburger Verkehrssituation sinnvoll. Dennoch kommt er in seiner Evaluierung zu folgenden drei für ihn "ernüchternden" Erkenntnissen: "Der S-Link wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur eine begrenzte Entlastungswirkung auf den motorisierten Individualverkehr haben. Folglich ist auch die Wechselwirkung mit öffentlichen Verkehrsmitteln begrenzt. Eine einfache Vergleichsrechnung für den Süden von Salzburg ergibt eine Entlastungswirkung im Kfz-Verkehr von lediglich vier bis fünf Prozent im direkten Einzugsgebiet des S-Link."
Auinger: "S-Link hätte nur geringen Effekt"
Im Prognosejahr 2025 soll den Berechnungen des Steirers zufolge eine Entlastung von rund 1820 Pkw-Fahrten pro Werktag im Bereich der Südeinfahrt von Salzburg, südlich der Hellbrunner Straße, erzielt werden können. "Diese Größenordnung lässt vermuten, dass bestehende Staubildungen nur in geringem Ausmaß reduziert werden können." Zweitens zeige die Evaluierung, dass die Wirkung außerhalb seines direkten Einzugsgebiets deutlich geringer sein werde. Und drittens würden keine detaillierten Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkungen des S-Link auf die anderen Verkehrsmittel wie Öffis, Fahrrad oder Fußgängerinnen vorliegen. Kurz gesagt: "Die neuen Fahrgäste kommen nicht von den Pkws, sondern aus den bestehenden Öffi-Systemen."
SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger sieht sich bestätigt: "Dort, wo jetzt 100 Autos fahren, werden auch mit dem S-Link mindestens 95 Autos fahren. Der S-Link hätte einen derart geringen Effekt, dass er in keiner Relation zu den enormen Kosten steht." Je nach Trassenführung soll der S-Link bis Hallein bis zu 3 Mrd. Euro kosten. Der Bund übernimmt die Hälfte, Stadt und Land teilen sich die restlichen Kosten auf - zu welchem Verhältnis ab Mirabell bis zur Stadtgrenze, das wird noch verhandelt. Der SPÖ-Verkehrssprecher Tarik Mete kritisiert, dass mit einer "Propaganda" der Eindruck vermittelt werde, dass sich mit dem S-Link mit einem Schlag alle Verkehrsprobleme lösen würden. Und Sabine Klausner, SPÖ-Landesverkehrssprecherin, betont, dass von dem S-Link die Landgemeinden, vor allem innergebirg, außer Acht gelassen werden würden.
Verkehrsplaner: "Man muss weiter mit Stau in Salzburg rechnen"
Doch was schlägt der Verkehrsexperte Georg Kriebernegg für die Stadt Salzburg vor? Seine Antwort ist ernüchternd bis resigniert: "So ehrlich muss man sein, das Verkehrsproblem in Salzburg wird nicht so schnell zu lösen sein, man muss weiter mit Stau rechnen." Sein Lösungsvorschlag wäre eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt: "Ohne Beschränkungen für Pkw werden die Menschen nicht auf den öffentlichen Verkehr umsteigen. Man muss die Autors aussperren, eine Citymaut einführen, da gibt es genügend Beispiele."
Darauf wollte sich Vizebürgermeister Auinger aber nicht festnageln lassen. Die Alternative sieht für die SPÖ folgendermaßen aus: Mit einem Bruchteil der geplanten Kosten könnte das öffentliche Verkehrsnetz modernisiert und Stadtteile, die von den Öffis abgeschnitten sind, besser angebunden werden. Sprich: das Obusnetz ausgebaut und die Taktung verbessert werden. Außerdem sollen Umlandgemeinden an das Netz angeschlossen werden. Zudem fordert die SPÖ eine landesweite Radfahroffensive, die Freifahrt für Personen in Ausbildung, aber auch die Modernisierung der bestehenden Lokalbahn, der Pinzgaubahn und der Murtalbahn.
Die SPÖ ist für die Messebahn bis zum Mirabellplatz
Die Messebahn, die am Donnerstag von der S-Link-Projektgesellschaft vorgestellt wurde, scheint auch im Sinne der SPÖ zu sein. Denn auch Auinger fordert eine Messebahn in Verbindung mit dem Ausbau der Park-and-Ride-Plätze. Und er bestätigt die Aussage der Projektgesellschaft: "Eine Messebahn nur bis zum Hauptbahnhof macht wenig Sinn." Er schlägt daher vor, oberirdisch bis zum Mirabellplatz zu fahren. Und dann wieder ab in den Obus? "Das wird man sich noch anschauen müssen", sagt Auinger. "Aber alles ist günstiger als dieser teure Tunnel durch die Stadt." Sollte die Bürgerbefragung in der Stadt Salzburg für den S-Link entschieden werden, werde Auinger die Entscheidung akzeptieren: "Selbstverständlich nehmen wir das ernst. Aber die Angst habe ich nicht. Es kommen so viele Leute auf mich zu, die dagegen sind."
S-Link-Projektgesellschaft kann Berechnungen nicht nachvollziehen
Die S-Link-Projektgesellschaft kann die Berechnungen des Grazer Verkehrsplaners nicht nachvollziehen, wie sie umgehend mitteilt. Es seien hierzu keine Unterlagen von der Projektgesellschaft angefordert worden. "Vorliegende Studien bestätigen die Verkehrswirksamkeit des Projekts. Alleine für die erste Etappe vom Hauptbahnhof bis zum Mirabellplatz wird eine Einsparung von 40.000 Kfz-Kilometern - also eine Fahrtstrecke einmal um die Welt - pro Werktag berechnet", heißt es in einer Presseaussendung. Die Unterlagen seien bereits dem Bundesministerium für Klimaschutz übermittelt worden. Die SPÖ kritisiert, dass die Zahlen der Projektgesellschaft nicht valide seien: "Das Projekt hält nicht, was es verspricht", sagt Auinger. Leonhard Hartinger von der Initiative "Dafür" war bei der Pressekonferenz der SPÖ anwesend und zeigte sich enttäuscht: Die Zahlen der Analyse seien für ihn fragwürdig, weil veraltet, er bezeichnet sie als "Fake News". "Die SPÖ will die Salzburgerinnen und Salzburger weiter im Stau stehen lassen."
Auch die ÖVP reagierte am Freitag mit Unverständnis auf die SPÖ-Aussagen und ÖVP-Landesklubchef Wolfgang Mayer spricht von "unverantwortlicher Agitation": "Die SPÖ, die sich zumindest selber einmal als staatstragende Partei gesehen hat, ist nach ihren irrwitzigen personellen Debatten nun auch was ihre inhaltliche Ausrichtung betrifft, offenbar am absoluten Tiefpunkt angelangt. Sie kampagnisiert gegen das Zukunftsprojekt des öffentlichen Verkehrs schlechthin." Die SPÖ-Pressekonferenz sorgte auch beim grünen Verkehrssprecher Simon Heilig-Hofbauer für Irritation: "Die SPÖ erklärt nur, was angeblich nichts bringt, ohne auch nur den Ansatz eines Alternativkonzepts vorzulegen. Damit wird sie zum verkehrspolitischen Geisterfahrer."