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Hochleistungsbahn im Flachgau: Anrainer erheben Hunderte Einsprüche gegen das umstrittene Tunnelprojekt

Die Verfahren für die Hochleistungsbahn im Flachgau gehen in die entscheidende Phase. Die ÖBB verteidigen ihr Projekt als unbedingt notwendig.

Die bestehende Westbahnstrecke (hier in Köstendorf) kann nach dem Neubau noch stärker für den Nahverkehr genutzt werden.
Die bestehende Westbahnstrecke (hier in Köstendorf) kann nach dem Neubau noch stärker für den Nahverkehr genutzt werden.

Nächste Woche stehen ab Montag im Kulturzentrum Hallwang die öffentliche Präsentation und die mündliche Verhandlung für die Bahnneubaustrecke Köstendorf-Salzburg auf dem Programm. Damit geht die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das seit Jahren umstrittene Vorhaben ins Finale.

Die Fristen für Einwendungen sind am Mittwoch zu Ende gegangen. Und die Einwendungen sind zahlreich: Wie das Bundesministerium für Klimaschutz mitteilt, sind 194 Eingaben eingelangt. "Diese betreffen besonders die Notwendigkeit des Projekts, Immissionen wie Lärm, Erschütterungen oder Staub sowie Grundwasser, Baustellenverkehr oder Tierschutz." Es ist ein teilkonzentriertes UVP-Verfahren. Zum Teil ist das Land Salzburg zuständig (im Wesentlichen für den Naturschutz).

50 Stellungnahmen beim Land eingelangt

Beim Land sind bis zum Ende der Einreichfrist etwa 50 Stellungnahmen eingelangt, wie es aus dem Büro der ressortzuständigen LH-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) heißt. "Zu einem negativen oder positiven Bescheid wird es erst im Lauf des Jahres kommen. Unser Verfahren ist dem des Bundes nachgereiht."

Bereits im Jahr 2018 wurden Pläne eingereicht. Das aktuelle Projekt unterscheidet sich vom ersten unter anderem durch den Abtransport des Tunnelausbruchmaterials. Auf Druck von Anrainern und Gemeinden lassen die ÖBB jenes Material, das nicht direkt eingeschüttet werden kann, nicht vor Ort deponieren, sondern sie verbringen es per Bahn auf externe Deponien. Dafür sind eigene Gleise sowie eine Verladeanlage erforderlich.

Außerdem wurde der Verlauf bei Hallwang-Elixhausen adaptiert. "Wir überfahren hier die Fischach nicht, sondern bleiben im Untergrund", erklärt ÖBB-Projektleiter Christian Höss. Im Bereich Grafenholz werde bei der Jesuitenwiese ein Zufahrtstunnel errichtet.

In Salzburg-Kasern sollen Hochleistungsstrecke und Bestandsstrecke aufeinandertreffen.
In Salzburg-Kasern sollen Hochleistungsstrecke und Bestandsstrecke aufeinandertreffen.

ÖBB am Kapazitätslimit

Die ÖBB begründen den viergleisigen Ausbau der Weststrecke damit, dass größere Kapazitäten und damit ein besseres Angebot im nationalen und internationalen Personen- und Güterverkehr, kürzere Fahrzeiten und ein leistungsfähigerer Nahverkehr im Flachgau ermöglicht werden. "Wir sind auf der Bestandsstrecke mit insgesamt mehr als 300 Zügen pro Tag am Kapazitätslimit", sagt Höss. Die neue Bahn ist auf eine Geschwindigkeit von 250 km/h ausgelegt. Die Fahrzeit auf den gut 21 Kilometern verringert sich um etwa fünf Minuten. Die Projektkosten sind im Rahmenplan des Bundes mit circa 3,7 Milliarden Euro veranschlagt.

Seit 2016 ist Christian Höss Projektleiter. Jetzt wird es für die ÖBB und die Betroffenen in den Behördenverfahren ernst.
Seit 2016 ist Christian Höss Projektleiter. Jetzt wird es für die ÖBB und die Betroffenen in den Behördenverfahren ernst.

Als Gegengewicht zum Projekt haben sich gleich mehrere Bürgerinitiativen gebildet, so etwa die BI "Bahntunnel Flachgau betroffene Bürger/innen", die den Projektstopp fordert. Die Akteure - darunter der Schleedorfer FPÖ-Vizebürgermeister Georg Winterreiter - haben jüngst gar um Spenden für die Anwaltskosten von 7000 Euro gebeten und ein Spendenkonto eingerichtet.

Anrainer: "Es soll lebenswert bleiben"

Helmut und Anna Maria Nocker leben in Köstendorf direkt an der geplanten Baustelle und setzen sich mit der Initiative "Verträglicher Bahntunnel" für Verbesserungen für Anrainer ein: "Wir sind nicht gegen die Bahn oder den öffentlichen Verkehr. Aber es soll lebenswert bleiben für die mehr als 100 Hausbesitzer und Landwirte, die direkt vom Bau betroffen sind." Anna Maria Nocker betont, dass sich der Lebensraum unweit des Natura-2000-Gebiets Wenger Moor maßgeblich verändern werde. "Für die Menschen, die hier leben, aber auch für die Tiere und die Landwirtschaft."

Visualisierung des Tunnelportals in Köstendorf.
Visualisierung des Tunnelportals in Köstendorf.

Außerdem hätten die Anrainer Sorge im Falle eines Hochwassers, wie Helmut Nocker beschreibt: "Wir leben hier in einer Senke. Im vergangenen Jahr hat man im Tullnerfeld in Niederösterreich gesehen, was passiert, wenn das Wasser steigt. Ich habe kein großes Vertrauen in die Planungen." Der Abschnitt in NÖ war nach den Überschwemmungen im September 2024 monatelang gesperrt. Der Projektleiter hält dagegen: Anders als in NÖ weise der Tunnel zwischen Salzburg-Kasern und Köstendorf Steigungen (an beiden Portalen) auf. "Wenn das Wasser so hoch käme, dann hätte der Flachgau insgesamt ein Problem." Höss versichert eine "mehr als 1000-jährige Hochwasser-Sicherheit". Nach menschlichem Ermessen könne der Tunnel nicht "absaufen".

Augustin: "Mit Großprojekten wird für die Natur selten etwas besser"

Neben Anrainern und betroffenen Gemeinden an der Strecke hat auch der Naturschutzbund Salzburg eine Einwendung im Verfahren eingebracht. Geschäftsführer Hannes Augustin sieht in der "Klimaproblematik" eine unüberwindbare Hürde für das Tunnelprojekt, wie er sagt. Und das, obwohl es sich um ein öffentliches Verkehrsmittel handle. "Mit Großprojekten wird für die Natur selten etwas besser." Augustin geht es dabei vor allem um die mindestens 14 Jahre lange Bauzeit: "Es wird Tag und Nacht gebaut, mit Lkw Aushubmaterial abtransportiert, Böden werden versiegelt." Er geht davon aus, dass es 30 Jahre dauert, bis allein die Emissionen aus der Fahrtätigkeit der Bauzeit durch Umsteiger von Pkw auf die Bahn kompensiert würden. "Stahl und Zement, die verbaut werden, sind da noch nicht einberechnet." Für Augustin wäre es unverantwortlich, ein solches Projekt zu genehmigen. "Es gibt Kapazitäten auf der Bestandsstrecke, man könnte mit Doppelhochzügen mehr Personen befördern." Für ihn ist klar: "Überfüllte Züge sind unser geringstes Problem, das werden wir angesichts der Klimakrise hinnehmen müssen."

Projektleiter: "Man muss das gesamt sehen"

Projektleiter Höss räumt ein, dass ein Tunnelprojekt während des Baus einen höheren CO₂-Ausstoß verursache. "Aber man muss das gesamt sehen - wenn wir mehr Pendelnde, Fern- und Güterverkehr auf Schiene bringen wollen, werden wir um Großprojekte nicht herumkommen."

Daten und Fakten: Mehr als 16 Kilometer Strecke im Tunnel

21,5 Kilometer lang ist die gelante Strecke durch den Flachgau in die Stadt Salzburg. 16,2 km davon verlaufen im Tunnel (zweiröhrig, je eingleisig). Die Verknüpfung mit der bestehenden Strecke erfolgt in Köstendorf und Salzburg-Kasern (im Bild links). Angaben über den Zeitplan müssen vorerst noch vage bleiben. "Je nach Verlauf der Behördenverfahren ist aus heutiger Sicht ein Baustart im Jahr 2027 und eine Inbetriebnahme ab 2041 denkbar", erklärt ÖBB-Sprecher Robert Mosser.

Im westlichen Abschnitt bei Hallwang-Elixhausen wurde die ursprüngliche Trassenführung abgeändert. Nun wird die Fischach unterquert anstatt mit Tunnelbrücken überquert.