Vielen angehenden Junglehrerinnen und Junglehrern reicht es: Seit fast einem Jahr warten sie darauf, dass das Lehramtsstudium für die Sekundarstufe verkürzt wird - von sechs auf fünf Jahre. Denn das hat Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) vor einem Jahr angekündigt, um dem Lehrermangel entgegenzutreten. Doch bis jetzt ist nichts passiert. Im Gegenteil. Vor Kurzem preschte die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger mit der Ansage vor, dass eine Reform keinesfalls fix sei.
Entsprechend groß ist der Unmut unter den angehenden Lehrerinnen und Lehrern an den mittleren und höheren Schulen: "Ich finde es eine absolute Farce, dass wir ein Jahr warten müssen und dann nichts kommt", sagt Studentin Juliana Naglmayr, die bereits an einer Sportmittelschule unterrichtet. Das lange sechsjährige Studium habe sich nicht bewährt. "Es schaut am Ende auch nicht der bessere Lehrer raus. Das Studium ist verwissenschaftlicht und praxisfern - und zusätzlich haben wir das Problem mit dem Lehrermangel." Die Verkürzung auf fünf Jahre sei das Mindeste, was jetzt rasch umgesetzt werden müsse.
"Das Schulsystem brennt die Leute aus"
Maximilian Wagner von der Hochschülerschaft (ÖH) der Uni Salzburg beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Problemen im Lehramtsstudium. Vier Jahre für den Bachelor und zwei für den Master, das sei schlicht zu lang: "Jeder Atomphysiker muss nur fünf Jahre studieren." Wegen der langen Dauer würden zu wenige junge Menschen mit dem Studium beginnen. Und die, die noch studieren, würden von den Schulen oftmals schon während des Studiums abgeworben, sagt Wagner: "Das heißt, das Schulsystem holt viele aus dem Studium heraus und brennt die Leute aus, die dann im Zweifel die Lust verlieren und nicht mehr fertig studieren. Letztlich werden wir einen riesigen Knick bekommen in den Absolventenzahlen." Ob aber jetzt überhaupt noch eine Verkürzung des Studiums kommen werde, stehe in den Sternen, sagt Wagner: "Nächstes Jahr kommt schon der Wahlkampf."
Nach Polascheks ursprünglichen Plänen sollte der Bachelor für die Sekundarstufe künftig statt vier nur noch drei Jahre dauern - plus zwei Jahre Master. Zum Vergleich: Wer früher die Hauptschullehrerausbildung machte, musste nur drei Jahre an der Pädak studieren.
Bildungslandesrätin Gutschi drängt auf verkürzte Studiendauer
Im Bildungsministerium gibt man sich angesichts des offensichtlichen Disputs innerhalb der Regierung zugeknöpft. Aus Polascheks Büro heißt es auf SN-Anfrage lediglich: "Aktuell laufen die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Erst anschließend kann die Begutachtung starten."
Unterdessen drängt auch Salzburgs Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) auf eine Verkürzung der Ausbildung. Gutschi fordert neben einer kürzeren Studiendauer unter anderem mehr Praxisbezug im Studium ein. "Es braucht dringend Reformen und dass eine der zentralsten jetzt von Wissenschaftssprecherin Blimlinger wieder infrage gestellt wird, ist ein schwerer Rückschlag."
Sinkende Studierendenzahlen in der Sekundarstufe, konstant an der PH
Die lange Studiendauer habe bereits dazu geführt, dass die Zahl der Studierenden in der Sekundarstufe um "knapp ein Fünftel bis ein Viertel" im Vergleich zu früher gesunken sei, heißt es bei der ÖH. Wobei niemand wirklich exakte Zahlen nennen kann. An der Salzburger Universität, wo die angehenden Sekundarstufenlehrer ausgebildet werden, gab es in den vergangenen Jahren bei den Lehramtsstudierenden einen deutlichen Rückgang - von 476 Erstsemestrigen im Jahr 2019 auf 255 im Vorjahr. Heuer ist die Zahl mit 309 Studienanfängern wieder etwas höher. Aber die Zahlen seien mit Vorsicht zu genießen, da es auch sein könne, dass jemand über den gemeinsamen Uni-Cluster in Linz inskribiert sei, aber vorwiegend in Salzburg studiere, sagt Vizerektor Martin Weichbold. Sicher sei eines: Der Trend sei "rückläufig". Das Problem sei, dass momentan Ungewissheit herrsche, sagt Weichbold: "Wir brauchen endlich Klarheit, was jetzt kommt."
An der Pädagogischen Hochschule Salzburg (PH), wo die Volksschullehrerinnen und -lehrer ausgebildet werden, sind die Studierendenzahlen noch relativ konstant. Rund hundert junge Frauen und Männer würden jedes Jahr mit der Ausbildung (vier Jahre Bachelor mit Berufsberechtigung, ein Jahr Master) beginnen, sagt Rektorin Daniela Martinek, die eine Reform ebenfalls begrüßen würde. "Ich würde eine Studienarchitektur mit drei Jahren Bachelor und zwei Jahren Master für sehr sinnvoll halten, weil ich glaube, dass man die Studierenden in drei Jahren gut für die Berufstätigkeit vorbereiten kann."
Theorielastig und praxisfern
Die Studiendauer ist nicht der einzige Punkt, der den Studierenden sauer aufstößt. Kritik kommt immer wieder, weil das Studium gerade für die Sekundarstufe zu theorielastig und praxisfern sei - und weil zu wenig Onlineunterricht angeboten werde. Wegen der hohen Anwesenheitspflicht kämen vor allem Studierende, die bereits unterrichteten, ins Strudeln, heißt es. "Die Uni müsste flexibler werden", sagt Lehramtsstudent Stefan Trivic, der ebenfalls die Theorielastigkeit des Studiums kritisch sieht. Unter vielen Professoren herrsche die Überzeugung, dass die Fachwissenschaften wichtiger seien als die Pädagogik.
Was Vizerektor Weichbold so nicht gelten lassen will: "Fachdidaktik ist selbst ein wissenschaftliches Fachgebiet mit entsprechender theoretischer und methodischer Fundierung und lässt sich nicht auf eine Handlungsanleitung reduzieren." Die "wissenschaftliche Fundierung auch der Fachdidaktik" sei unbestritten.
Langes Studium und unbesetzte Dienstposten:
Studium: Angehende Lehrer absolvieren ein vierjähriges Bachelorstudium (mit Berufsberechtigung), danach folgt bei Sekundarstufenlehrern ein zweijähriger, bei Volksschullehrern ein einjähriger Master. Nach Polascheks Plänen soll das Studium für alle drei Jahre Bachelor und zwei Jahre Master umfassen.
Offene Stellen: Bei der jüngsten Ausschreibung der Salzburger Bildungsdirektion vom 2. Oktober blieben 14 Lehrer-Planstellen mit 311 Wochenstunden ohne Bewerbungen. Davon entfallen
6 Planstellen auf die Lehrerreserve. Laut Auskunft des Bildungsressorts waren zu Schulbeginn nur 18 von rund 9000 Lehrerstellen nicht besetzt.