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Nach Wien soll Salzburg ersten "Superblock" im Andräviertel bekommen: Mehr Grün, weniger Autos?

Wien hat einen ersten "Superblock". Auch das Andräviertel könnte bald einer sein. Zwei Experten und die Verkehrsstadträtin erklären die Idee dahinter.

Fachhochschul-Professor Stefan Netsch und Verkehrsstadträtin Anna Schiester wollen weniger Autos  am Julius-Raab-Platz vor der Wirtschaftskammer.
Fachhochschul-Professor Stefan Netsch und Verkehrsstadträtin Anna Schiester wollen weniger Autos am Julius-Raab-Platz vor der Wirtschaftskammer.

Den Durchzugsverkehr aussperren. Parkflächen streichen. Grauen Asphalt durch grüne Bäume und Sträucher ersetzen, die den Stadtteil im Sommer kühlen. Und: Größere Plätze und breitere Gehsteige schaffen, die die Aufenthalts- und Lebensqualität für die Bewohner erhöhen.

Solche Maßnahmen umfasst das Konzept der sogenannten "Superblocks": Erfunden wurde es von einem Stadtplaner in Barcelona. Der erste Superblock in Österreich, das "Supergrätzel" in Wien-Favoriten, soll heuer im Herbst fertig sein. Auch für das Salzburger Andräviertel gibt es Pläne in Richtung eines Superblocks: Sie wurden 2023 im Rahmen einer FH-Lehrveranstaltung von Professor Stefan Netsch und sechs Studierenden erstellt - und danach im Salzburger Architekturhaus einige Zeit ausgestellt.

"Wir werden an solchen Maßnahmen gar nicht vorbeikommen"

Aber: Das Konzept ist mehr als nur eine Idee einiger Studis. Laut Verkehrsstadträtin Anna Schiester (Grüne) hat es gute Chancen, in Abstimmung mit den Bewohnern, bald realisiert zu werden. Denn Schiester sagt mit Verweis auf den Klimawandel: "Wir werden an solchen Maßnahmen gar nicht vorbeikommen."

Ein Mitinitiator der Pläne war neben Netsch auch Roman Höllbacher: Der künstlerische Leiter der Initiative Architektur wohnt selbst im Andräviertel und sieht in der Umgestaltung zum Superblock einen Gewinn: "Es geht um eine Neuverteilung des öffentlichen Raums. Das Andräviertel ist dicht bebaut, aber es mangelt an Freiräumen. Jene, die es gab, wurden teils nachträglich verbaut, wie beim Nationalbank-Gebäude. Da war früher ein Grünbereich." Baulich würde sich das Andräviertel wegen seiner klaren Struktur für einen Superblock eignen, sagt der Architekturexperte. Die erste und wichtigste Maßnahme sei, in Absprache mit den Anwohnern den Durchzugsverkehr zu reduzieren, sagt Höllbacher: "Man soll aber weiter zufahren können." Konkret schlägt er vor, dass die Querstraßen zwischen Gabelsberger- und Franz-Josef-Straße zu reinen Stichstraßen werden. Die Mobilität solle sich eher auf öffentliche Verkehrsmittel, also Busse, und Fahrräder verlagern, so die Idee.

"Ziel ist, etwas auszuprobieren"

Stefan Netsch, der an der FH Salzburg den Studiengang "Smart Buildings in Smart Cities" leitet, betont eines: "Bei einem Superblock geht es nicht darum, eine fertige Planung hinzulegen. Sondern darum, diese Pläne gemeinsam mit den Bewohnern zu entwickeln. Ziel ist, etwas auszuprobieren und zu schauen, ob es funktioniert." Daher sei das Konzept zunächst gar nicht teuer, sagt der studierte Stadtplaner: An Materialien benötige man zunächst nur einige Kübel Farbe für neue Straßenmarkierungen sowie Tröge für mobile Begrünungen. Ein weiteres wichtiges mobiles Element seien Parklets: Das sind Holzkonstruktionen für Bänke und andere Sitzmöbel, die man anstelle von Parkplätzen anbringt. Netsch: "Vor der Tanzakademie SEAD steht schon seit sechs Jahren ein Parklet. Das ist sehr beliebt und bereits eine Dauereinrichtung."

Superblock trägt zur Kühlung bei

Von den sechs Szenarien, die seine Studierenden entworfen haben, gefallen Netsch zwei besonders gut. Eines ist der "Campus Wifi": Er sieht vor, dass der Julius-Raab-Platz zwischen Wifi und Wirtschaftskammer zu einer großen, begrünten Fläche wird, auf der man sich gern aufhält: "Derzeit ist der Platz eine riesige Asphaltwüste, die von Autos dominiert ist", klagt Netsch. Wichtig sei aber, dass eine Zufahrt zur Wifi-Tiefgarage von der Bahnhofsseite bestehen bleibe. Auch die Idee eines "Paracelsusparks" in der gleichnamigen Straße gefällt ihm gut: Die Idee sei hier, den an sich sehr breiten Straßenraum durch eine Allee aus Bäumen zu begrünen. Dass ein Superblock zur Kühlung eines Quartiers beitrage, sei in Barcelona bewiesen worden, sagt Netsch: "Fast noch entscheidender ist aber, dass die Bewohner noch lieber hinausgehen, wenn sie einen Baum vor der Tür haben statt nur Asphalt."

Schiester optimistisch - Kreibich skeptisch

Auch Verkehrsstadträtin Anna Schiester (Grüne) ist ein Fan von Superblocks und begrüßt die Ideen der Studierenden. Sie schränkt aber ein, dass es wichtig sei, dass man die konkreten Umsetzungspläne "mit den Bewohnern aus dem Viertel erarbeitet. Das darf nicht von oben herab kommen. Aber ich glaube, dass die Bereitschaft dafür bei den Leuten da wäre." Obwohl es noch keine Gespräche mit den anderen Parteien gab, ist Schiester optimistisch, dass ein erstes Pilotprojekt bis zum Ende der Periode umgesetzt werden könnte: "Ich glaube, dass es Mehrheiten für so ein Projekt gibt, wenn es gut gemacht ist." Sie verweist darauf, dass die dahinterliegenden Prinzipien wie Verkehrsberuhigung, Entsiegelung und die Schaffung von mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum Teil des Parteienübereinkommens zwischen SPÖ, KPÖ plus und Grünen seien. Und der Zeitplan? Schiester: "2026 könnte man so einen Bürgerbeteiligungsprozess im Andräviertel starten." Skeptisch beurteilt die Superblock-Pläne Vizebgm. Florian Kreibich (ÖVP): "Ich höre zum ersten Mal davon. Bevor man das macht, braucht es ein Gesamtverkehrskonzept." Der Einwand, dass Geschäftsleute in anderen Städten von Superblocks profitiert haben, weil durch die höhere Fußgängerfrequenz die Sockelzonen belebt wurden und so auch oft neue Schanigärten eröffneten, überzeugt Kreibich (noch) nicht: "Nur Verkehrsberuhigung allein reicht nicht. Und das Parteienübereinkommen habe ich bekanntlich nicht unterschrieben."

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