SN.AT / Salzburg / Politik

Strenger Lockdown für alle in Salzburg - Ausnahmezustand bis Weihnachten?

Der in Salzburg und Oberösterreich erwartete Lockdown wird am Montag in Kraft gesetzt. In Salzburg dauert er mindestens zehn Tage, eine Verlängerung bis Weihnachten ist nicht auszuschließen. Und er trifft Schulen und Kindergärten.

Der Christkindlmarkt in Salzburg öffnet nur für wenige Tage – dann gehen die Lichter wieder aus. Ab Montag gilt ein Lockdown, der bis Weihnachten dauern könnte.
Der Christkindlmarkt in Salzburg öffnet nur für wenige Tage – dann gehen die Lichter wieder aus. Ab Montag gilt ein Lockdown, der bis Weihnachten dauern könnte.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) wies am Donnerstagnachmittag auf die in die Höhe geschnellten Coronazahlen mit "annähernd 2500 neuen Infektionen" hin. Es gehe dabei um die Handlungsfähigkeit der Krankenanstalten sowie darum, Triagierungen weitgehend zu vermeiden.

Haslauer: "Es ist ein strenger Lockdown. Uns bleibt keine andere Wahl." Die Krankenanstalten hätten keine Zeit mehr, um abzuwarten, ob die bereits getroffenen Maßnahmen (2G, FFP2-Pflicht, Gastro-Einschränkungen, Impfkampagne) greifen.

PK-Beginn ab 22:05 Min.:

Salzburg forciert weiterhin die laufenden Impfbemühungen. Diese haben bislang nur 62 Prozent der impfbaren Salzburger Bevölkerung erreicht. Mit beinahe 40 Prozent Ungeimpften im Land sei es unmöglich, die Pandemie ohne harte Maßnahmen in den Griff zu bekommen und eine Überlastung der Spitäler, die seit Beginn der Covidkrise Übermenschliches leisten, zu verhindern.

Offiziell wird der am Montag, 22. November, um null Uhr in Kraft tretende Lockdown zehn Tage andauern (bis 1. Dezember), in Oberösterreich sogar bis 17. Dezember. Allerdings sagte Haslauer: "Die Expertinnen und Experten empfehlen für einen wirksamen Lockdown drei bis vier Wochen. Ich hoffe, dass wir vor Weihnachten wieder öffnen können, sofern es die Lage zulässt." Garantieren könne er dies nicht, der Zehn-Tage-Lockdown könne auch wieder verlängert werden.

Gastronomie und Hotellerie werden ab Montag geschlossen halten müssen. Produktionsbetriebe dürfen weiterarbeiten. Auch der Handel muss weitgehend schließen. Wie in den Lockdowns zuvor dürfen Lebensmittelläden und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs offenhalten.

Für die nun kommenden Ausgangsbeschränkungen gibt es Ausnahmen:

  • Deckung der Grundbedürfnisse
  • Anderen Menschen helfen und zur Impfung gehen
  • Abwendung von Gefahr
  • Physische und psychische Erholung im Freien
  • Berufliche Tätigkeit und Ausbildungszwecke

Rücktritt? "Diese Frage beantworte ich nicht"

Haslauer war wegen seines zögerlichen Lockdown-Kurses in den vergangenen Tagen schwer in die Kritik geraten. Auf die Frage nach seiner politischen Verantwortung, ob er sogar an seinen Rücktritt gedacht habe, sagte er: "Diese Frage beantworte ich nicht." Im SN-Interview ging er anschließend wie folgt darauf ein: "Davonlaufen ist keine Option."

Große Verwirrung um Schulen und Kindergärten

Gibt es trotz Lockdowns ab Montag weiter Unterricht in den Salzburger Schulen? Das Bildungsministerium sagt dazu Ja, der Stundenplan bleibe für alle Schulstufen aufrecht. Das Land Salzburg appellierte Donnerstagabend hingegen dazu, die Kinder - wenn irgendwie möglich - nicht in die Schule zu schicken.

Die Schulen bleiben für jene offen, die Betreuung benötigen, sagten die Landeshauptleute Salzburgs und Oberösterreichs, Wilfried Haslauer und Thomas Stelzer (beide ÖVP). "Letztlich entscheiden die Eltern, ob die Kinder in die Schule gehen oder nicht", meinte Haslauer später am Abend in der "ZIB 2". "Ich kann nur appellieren: Wenn es irgendwie möglich ist, bitte lassen Sie Ihre Kinder zu Hause."

Was in den Schulen genau ab Montag passiert, darüber herrschte am Donnerstag große Verwirrung. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bemühte sich trotz der Lockdowns in den beiden Bundesländern, Schulschließungen zu verhindern. Die Schule bleibe für einen den Umständen angebrachten Schulbetrieb offen, der Stundenplan aufrecht, schrieb er noch Donnerstagabend an die Schulleiter. Faßmann führte drei Argumente ins Treffen: Offene Schulen seien aus epidemiologischer Sicht wichtig, weil nirgendwo so systematisch getestet werde wie dort. Aus pädagogischer Sicht seien sie wichtig, weil weitere Belastungen der Schülerinnen und Schüler nach zwei Jahren Pandemie vermieden werden müssten. Und schließlich seien offene Schulen eine wesentliche Entlastung für das Gesundheitspersonal mit Betreuungspflichten. Dem konnten sich Salzburg und Oberösterreich so nicht anschließen, zu heftig sei das Infektionsgeschehen in den Schulen, wurde argumentiert.

Faßmann erklärte, es gebe die Möglichkeit zum Distance Learning, er wünsche sich aber, den Präsenzunterricht mit folgenden Verschärfungen weiterzuführen: generelle Maskenpflicht, Mund-Nasen-Schutz für jüngere Kinder, FFP2-Masken in den Oberstufen; Testung aller geimpften und ungeimpften Schüler bis zum Ende des Lockdowns (drei Mal die Woche, möglichst zwei Mal mit PCR-Tests); tägliche Testungen aller Klassenkollegen, wenn es einen Fall in der Klasse gibt. Eltern, denen die Infektionslage zu gefährlich ist, müssten die Kinder nicht in die Schule schicken, sondern könnten auf Heimunterricht umstellen; wozu auch kein ärztliches Attest notwendig sei.

Wie im vergangenen Winter sollen auch während des neuerlichen Lockdowns die Kindergärten in Salzburg offen bleiben. In einem gemeinsamen Brief von Landesrätin Andrea Klambauer und Bürgermeistern sollen die Eltern aber gebeten werden, ihre Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu betreuen. Diese sollen ihre Beiträge für die Einrichtungen erstattet bekommen. Man sei sich der Anforderungen der lange andauernden Pandemie an die Eltern bewusst, heißt es in dem Schreiben.

Nachdem das Contact Tracing zusammengebrochen sei, habe kein Weg mehr an diesen Maßnahmen vorbeigeführt, sagt Klambauer. "Die Kinder haben noch keinen Impfschutz und wir sind für sie und die Mitarbeiterinnen verantwortlich. Eltern, die jetzt ihre Kinder wieder daheim betreuen, werden zumindest finanziell entlastet."

"Sonst haben wir die Katastrophe"

Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz verteidigte in der Pressekonferenz die Maßnahmen: "Auch ein erster Stich oder ein dritter Stich schützt ja nicht sofort. Man muss dabei eine gewisse zeitliche Verzögerung berücksichtigen. Wir müssen die Notbremse des Lockdowns ziehen, sonst führt das in eine Katastrophe. Wir hätten den bereits Geimpften gerne erspart, auf Freiheiten zu verzichten."

Salzburgs Impfkoordinator Rainer Pusch: "Die Impfung ist unser einziger Weg aus der Pandemie." Unter anderem wird es an diesem Samstag wieder eine große Impfaktion am Salzburger Flughafen geben. Diesmal nicht wie in der Vorwoche in einem Eurowings-Airbus, sondern in einer Bundesheer-Hercules.

Das geschah vor der Pressekonferenz:

In Salzburg und Oberösterreich waren zuletzt sowohl die Infektions- als auch die Hospitalisierungszahlen in Zusammenhang mit Covid-19 in die Höhe geschnellt. Eine Trendwende ist auch bis auf Weiteres nicht abzusehen.

Der Inzidenzwert für das Land Salzburg betrug am Donnerstagmorgen 1718,7 - das ist der mit Abstand höchste in ganz Österreich. Binnen 24 Stunden war die Zahl der aktiv Infizierten von 13.634 (Mittwoch) auf 15.104 (Donnerstag) gestiegen. Das ist ein Anstieg von 1470. Derzeit befinden sich 211 Covid-19-Patienten im Spital, davon 32 auf Intensivstationen.

Haslauer gibt Widerstand auf

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) bestätigte den harten Lockdown ab nächster Woche für sein Bundesland. Dieser werde für die gesamte Bevölkerung und für alle Bereiche gelten. Haslauer wollte bis zuletzt einen Lockdown eigentlich verhindern.

Nun könnte dieser wohl auch die Schulen treffen. Haslauer im Ö1-"Mittagsjournal" auf die entsprechende Frage: "Ja, wir haben auch an den Schulen extreme Zahlen. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als auch die Schulen zu schließen." Haslauers Parteikollege und Bildungsminister Heinz Faßmann hat aber dagegen Widerstand angekündigt. Er bietet eine generelle Maskenpflicht an den Schulen an, "auch bei den jüngeren Kindern".

Haslauer sagte kurz zuvor: "Wir haben heute erneut eine enorme Zahlenentwicklung. Wir sehen keine Alternative zu einem Lockdown mit Beginn nächster Woche mehr." Ob dieser am Montag oder am Dienstag beginne, sei wie viele weitere Details auch in enger Abstimmung mit Oberösterreich noch zu klären. Die Dauer der Maßnahme werde noch mit Experten berechnet.

"Die aktuelle Situation erfordert diesen Schritt", erklärte Haslauer. "Ich habe darum gekämpft, dass wir nicht in einen Lockdown gehen. Bei diesen Zahlen ist aber eine Überlastung der Krankenanstalten absehbar." Die zuletzt gesetzten Maßnahmen von Bund und Land Salzburg würden nicht so schnell greifen, wie man erhofft habe. "Wir brauchen auch Zeit, dass die gut laufenden Impfungen ihre Wirkung entfalten."

Bundesweite Entscheidung steht an

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) begrüßte die Ankündigung: "Die Entwicklung der Pandemie ist äußerst besorgniserregend, dramatisch ist die Lage vor allem in Oberösterreich und Salzburg. Ich bin seit mehreren Wochen im engen Kontakt mit beiden Bundesländern", sagte er. "Oberösterreich und Salzburg haben angekündigt, ab dem kommenden Montag in einen Lockdown zu gehen. Damit ziehen jene Bundesländer, die am schwersten von der vierten Welle getroffen wurden, die Notbremse." Gemeinsam mit den Bundesländern werde die Regierung über weitere bundesweite Maßnahmen entscheiden, um die vierte Welle zu brechen.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hatte Donnerstagvormittag im Landtag im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der Neos angekündigt: "Wenn es zu keinem bundesweiten Lockdown kommt, werden Oberösterreich und Salzburg ab nächster Woche in den Lockdown gehen."

Der Lockdown solle mehrere Wochen dauern. "Es geht darum, Gesundheit zu schützen, Leben zu schützen" und auch das Gesundheitswesen, so Stelzer im Rahmen seiner Ausführungen. "Wir haben sehr, sehr wenig Spielraum."