SN.AT / Salzburg / Wirtschaft / Arbeitslosigkeit steigt in Salzburg: AMS im Interview

AMS-Chefin rechnet mit steigender Arbeitslosigkeit in Salzburg

Vor allem die Baubranche spürt die Rezession. Die AMS-Chefin appelliert an Betriebe, die älteren Beschäftigten trotz Abschwung zu halten.

 Die Chefin des AMS Salzburg, Jacqueline Beyer, wurde in der vergangenen Woche als Landesgeschäftsführerin vom AMS-Verwaltungsrat für sechs Jahre wiederbestellt.
Die Chefin des AMS Salzburg, Jacqueline Beyer, wurde in der vergangenen Woche als Landesgeschäftsführerin vom AMS-Verwaltungsrat für sechs Jahre wiederbestellt.

Ein Gespräch über die schlechte Lage am Bau, die Kurzarbeit, das Arbeiten im höheren Alter und die Unterstützung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt.

Die Wirtschaft spricht von einer milden Rezession, die Kaufkraft geht zurück - steigt nun auch wieder die Arbeitslosigkeit in Stadt und Land Salzburg? Jacqueline Beyer: Die Vorzeichen für mehr Arbeitslosigkeit im Bundesland sind schon sichtbar. Die Zahl der Arbeitslosen im Haupterwerbsalter und bei den unter 25-Jährigen nicht ausgebildeten Menschen steigt. Das sind klare Anzeichen dafür, dass eine Steigerung der Arbeitslosigkeit zu erwarten ist. Mit einem deutlicheren Anstieg rechnen wir erst im nächsten Jahr.

Aber die Erwerbstätigenquote ist mit 77,7 Prozent weiterhin hoch? Es sind um 2000 Personen mehr in Beschäftigung als im Vorjahr. Jedoch ist die Zahl geprägt von einem großen Anteil an Teilzeitbeschäftigen. Das wirkt sich positiv auf die Arbeitslosenquote aus.

Welche Branchen werden von der steigenden Arbeitslosigkeit besonders betroffen sein? Primär dreht sich alles um die Baubranche. Daran hängen auch das Baunebengewerbe und die Möbelindustrie.

Die Herbstlohnrunden haben begonnen. Die Unternehmen müssen mit einer Steigerung der Personalkosten um 18 Prozent innerhalb von zwei Jahren rechnen. Was heißt das für den Arbeitsmarkt? Die Menschen müssen sich das Leben leisten können, gerade in Salzburg. Das Ergebnis wird auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.

Wird nun das Modell der Kurzarbeit wieder verstärkt von den Unternehmen nachgefragt? Nein, die Kurzarbeit war nie dafür vorgesehen, dass längere Zeiträume abgefedert werden. Von Unternehmen gibt es Anfragen. Aber sie können Kurzarbeit nur beantragen, wenn sie in vorübergehende, nicht saisonbedingte Schwierigkeiten geraten sind. Das Modell der Kurzarbeit wurde während der Pandemie zweckentfremdet und hat im Bundesland Salzburg mehr als hunderttausend Arbeitsplätze erhalten. Nun sind wir aber in einer anderen Situation.

Schreien die Unternehmerinnen und Unternehmer nach den Erfahrungen mit staatlichen Förderungen während der Pandemie nun zu schnell nach öffentlichen Hilfen? Das nehmen wir wahr. Der Staat kann jedoch nicht sämtliches Risiko abfedern. Das zahlt die Allgemeinheit.

Das heißt, Unternehmerinnen und Unternehmer sind dazu gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen? Es gibt auch andere Möglichkeiten, beispielsweise die Bildungskarenz. Menschen, die sich immer weiterbilden wollten, können diese Zeit nun nutzen. Auch interne Lösungen, wie der Urlaubsabbau, können über eine bestimmte Zeit tragen.

Findet 2024 eine natürliche Regulation am Arbeitsmarkt statt? Ja - das war aber auch davor so. 2009, während der Finanzkrise, gab es auch keine Coronakurzarbeit und daher kaum Anträge.

Löst die Rezession bald den Arbeitskräftemangel? Der Mangel ergibt sich allein daraus, dass wir mehr Arbeitskräfte brauchen. Das wird sich trotz Rezession nicht ändern. Die Babyboomer gehen in Pension und junge Menschen kommen nicht mehr nach.

Gibt es auch noch Potenzial am Arbeitsmarkt? Wir haben eine Unterbeschäftigung bei den über 50-Jährigen. Würden wir diese um einen Prozentpunkt senken, hätten wir 3500 Arbeitskräfte in Salzburg mehr zur Verfügung. Mein Appell ist, ältere Menschen nicht aus den Betrieben zu entlassen. Es geht jetzt darum, Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit Menschen länger arbeiten können. Jede Stunde zählt, in der Ältere im Arbeitsleben bleiben - auch wenn sie das nur in einer Teilbeschäftigung machen. Betriebe sind auch gefordert, junge Menschen für sich zu begeistern. Eine Lehre nach der Matura ist bestimmt auch ein Schlüssel.

Wie häufig wünschen sich Menschen in ihren Beratungsgesprächen eine Arbeitszeitverkürzung? Wenn wir verlangen, dass Menschen länger in Beschäftigung bleiben, kann eine Arbeitszeitverkürzung in bestimmten Branchen eine langfristige Lösung sein. Menschen werden dadurch resilienter und bleiben gesund. Auch ältere Personen nehmen übrigens das Altersteilzeitmodell sehr gerne in Anspruch. Dass der Teilzeitwunsch nur bei jungen Menschen ausgeprägt ist, ist also nur die halbe Wahrheit.

Welche Auswirkung hätte die sofortige Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters auf 65 Jahre? Diese würde uns 2000 Arbeitskräfte pro Jahr in Salzburg bringen. Wir wissen, dass Frauen nach den Kindern meist in Teilzeitbeschäftigung bleiben. 50 Prozent jener Frauen, deren Kinder älter als 15 sind, arbeiten immer noch in Teilzeit. Je besser wir die Kinderbetreuung aufstellen, umso mehr Mütter arbeiten von Beginn an mehr Stunden und reduzieren diese auch später nicht. Es sind aber auch die Frauen, die die Eltern pflegen und diejenigen, die in Alterszeit gehen, um auf die Enkelkinder aufzupassen. Nun braucht es von der politischen Seite eine ganzheitliche Betrachtung, damit Frauen diese Tätigkeiten nicht kostenlos absolvieren. Ihnen fehlen die Jahre in der Pension.

Sind arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte der neuen ÖVP-FPÖ-Landesregierung zu erkennen? Der Fokus liegt auf der Unterstützung von Frauen. Die Berufszentren für Frauen, die vor fünf Jahren eingeführt wurden, haben sich bewährt. Das Land wird sich daran beteiligen. Darüber hinaus sind wir uns mit der Regierung einig, dass es den qualifizierten Zuzug braucht. Aktuell haben wir 950 Asylberechtigte im Land. Unser Ziel muss es sein, jeden in eine Ausbildung zu bringen.

Arbeitsmarkt in Salzburg

5800 Frauen und 5871 Männer waren im Oktober 2023 im Bundesland als arbeitslos gemeldet. 689 Personen mehr - als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote in Salzburg beträgt: 4,2 Prozent. 2274 Personen nahmen an Schulungen im teil. 145 mehr als im Oktober 2022. Um 11,1 Prozent gesunken ist die Anzahl an Langzeitbeschäftigungslosen.


Die Branche mit den meisten Arbeitslosen ist übrigens die Beherbergung und Gastronomie mit 3734 Personen. Um 22,6 Prozent zugenommen hat die Arbeitslosigkeit im Handel, der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen.

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