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Bildungskarenz hat bitteres Nachspiel: AMS fordert von Salzburger Müttern Geld zurück

Die Bildungskarenz hat für mindestens vier Salzburgerinnen ein bitteres Nachspiel: Sie sollen Tausende Euro zurückzahlen.

AMS-Chefin Jacqueline Beyer: „Wir fordern nicht leichtfertig Geld zurück.“
AMS-Chefin Jacqueline Beyer: „Wir fordern nicht leichtfertig Geld zurück.“

16.100 Euro. So viel Geld soll eine 32-jährige Pinzgauerin dem AMS zurückzahlen. "Und das binnen 14 Tagen. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich das Schreiben im Juli bekommen habe", sagt sie. Ein Jahr lang war die zweifache Mutter in Bildungskarenz. Laut AMS habe sie die Anforderungen nicht erfüllt. Der Knackpunkt: Um Bildungskarenz zu beziehen, muss ein Viertel der Zeit in Seminaren - ob vor Ort oder online - verbracht werden. "Das wurde nicht kommuniziert", sagt die Lehrerin. Die Kurse zu Ernährungs- und Kräuterpädagogik habe sie extra so gewählt, dass sie das Wissen auch im Unterricht einsetzen könne. "Ich habe ja nicht irgendeinen Yogakurs gemacht. Ich habe viel Zeit und Geld investiert. Die Kurse kosten ja auch etwas." Die Pinzgauerin habe alles vor Beginn beim AMS eingereicht und genehmigt bekommen. "Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass das passt", sagt sie. Den Bescheid hat sie nun beeinsprucht.

13 Personen haben Post vom AMS bekommen

Insgesamt haben 13 Personen in Salzburg unlängst Post vom AMS bekommen: Sie haben Bildungskarenz in Anspruch genommen, möglicherweise aber dabei die Anforderungen nicht erfüllt. "In vier Fällen gibt es nun eine Rückforderung", bestätigt AMS-Chefin Jacqueline Beyer. Der Knackpunkt sei, ob die Frauen wissen konnten, dass der Kurs nicht den Anforderungen entspreche. Leichtfertig fordere man kein Geld zurück. "Wir prüfen das sehr intensiv. Wenn die Anforderungen aber nicht erfüllt werden, müssen wir aktiv werden." Mit sieben Fällen würden sich aktuell noch Juristen beschäftigen. Bei zwei Betroffenen habe man weitere Informationen eingeholt und entschieden, dass sie kein Geld rücküberweisen müssen.

"Ich konnte nachweisen, dass ich die Anforderungen erfüllt habe"

Eine davon ist eine 28-jährige Salzburgerin. Sie ist Anfang des Jahres von der regulären Karenz in die Bildungskarenz gewechselt und belegte einen Kinesiologiekurs. Rund 7000 Euro hätte die Rückforderung bei ihr betragen. "Ich konnte jedoch mittels Unterlagen nachweisen, dass ich die Anforderungen erfüllt habe", sagt sie gegenüber den SN. Auch für sie ist unverständlich, warum der Kurs genehmigt wurde und erst im Nachhinein die Prüfung komme. Für die Betroffenen geht es um viel Geld: Laut AMS liegt der Rückforderungsbetrag im Österreich-Schnitt bei rund 10.000 Euro. Österreichweit hat das AMS in rund 60 Fällen Geld zurückgefordert. Alle Betroffenen absolvierten Kurse bei einem Wiener Institut. Das Unternehmen - es bietet Kurse für Humanenergetik, Kräuterpädagogik, Mentaltraining oder Knospenkunde - ist mittlerweile beim AMS gesperrt.

Arbeitsminister Martin Kocher: "Wir prüfen jeden Einzelfall"

"Wir haben nichts an der Prüftätigkeit oder an den Regeln geändert", sagt dazu Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). "Wir prüfen jeden Einzelfall. Es gab Anbieter, die weit von dem entfernt waren, was die Vorschriften vorsehen. Die Frage ist, inwieweit den Frauen bewusst war, dass sie die Regeln nicht einhalten." Hätten hingegen Institute falsche Versprechungen gemacht, könnten Betroffene diese auf Regress klagen.

Unselbstständig Beschäftigte können sich im Rahmen der Bildungskarenz zwei bis zwölf Monate lang freistellen lassen und Weiterbildungen absolvieren. Die Möglichkeit gibt es seit 1998, hat aber erst in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt - besonders bei Frauen, die die Kurse an die reguläre Karenz anhängen. Im ersten Quartal 2024 haben im Bundesland Salzburg 1836 Menschen Weiterbildungsgeld bezogen, davon 1506 Frauen.

Bildungskarenz-Ausgaben haben sich beinahe verdoppelt

Die Bildungskarenz-Ausgaben haben sich österreichweit zwischen 2019 und 2023 auf 515 Mill. Euro beinahe verdoppelt. Der Rechnungshof hatte zuletzt kritisiert, dass die Anforderungen und Kontrollen zu gering seien. Kocher will das System reformieren. Eine Einigung mit dem Koalitionspartner noch in dieser Legislaturperiode ist unwahrscheinlich.

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