Wer sind im eigenen Wirkungsbereich die mächtigsten Politikerinnen und Politiker im Land? Der Bundespräsident? Der Bundeskanzler? Die Landeshauptfrau oder die Landeshauptmänner? Die Abgeordneten im Nationalrat, Bundesrat und in den Landtagen? Nein, es sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die mit einer Kompetenzfülle ausgestattet sind, von der andere Mandatsträger nur träumen können.
Im Gegensatz zum Kanzler haben Bürgermeister in ihren Städten und Gemeinden Richtlinienkompetenz. Das heißt, sie können ihren Vizebürgermeistern und Stadträten anschaffen, was zu tun ist. Im Ernstfall können sie ihnen sogar bereits übertragene Agenden wieder entziehen. Ein Landeshauptmann kann das nicht machen.
Mit dieser Machtfülle geht große Verantwortung einher. Sie kann als gestalterisches Mittel eingesetzt werden. Dann ist es gut. Sie kann aber auch missbraucht werden. Dann haben wir es mit Dorfpaschas zu tun. Davor soll die Kontrolle durch die gewählten Gemeinderäte schützen. Sie schaffte es aber nicht immer.
Vom Volk direkt gewählte Bürgermeister - sonst gibt es die Direktwahl nur noch beim Bundespräsidenten - genießen eine weitere Sonderstellung. Sie sind allein ihren Wählerinnen und Wählern verpflichtet, keiner Partei und keiner Lobby. Das macht frei, auch für unpopuläre Entscheidungen.
Wenn die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Salzburg am Sonntag also einen neuen Bürgermeister wählen, dann gilt es zu beachten, dass dieser Mann oder diese Frau die Geschicke der Stadt bis zur nächsten Wahl tatsächlich wesentlich bestimmen kann.
Aufgaben, bei deren Bewältigung diese Macht sinnvoll eingesetzt werden kann, gibt es genügend. Die Megathemen sind Wohnen, Verkehr und Integration. Die Städte können sich nicht mehr darauf verlassen, dass Länder oder Nationalstaaten ihnen diese Sorgen abnehmen. Sie müssen die Kräfte zur politischen Selbstheilung mobilisieren.
Die sind reichlich vorhanden. Städte haben in der Regel genügend Geld. Sie haben wirtschaftliche Kraft. Sie haben sehr gut gebildete und ausgebildete Menschen. Sie verfügen über Attraktivität. Damit sterben sie nicht aus, sondern verzeichnen eine Zuwanderung. Sie haben damit das Potenzial, sich selbst aus der Geiselhaft großer Probleme zu befreien.
Auf der ganzen Welt tun sich Kommunen zusammen und gründen neue Vereinigungen. Die internationalen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vertrauen nicht mehr auf die Lösungskompetenz ihrer angeschlagenen Heimatstaaten. Diese werden durch eine zersplitterte Parteienlandschaft immer schwieriger zu regieren. Deutschland führt uns das gerade vor.
Bürgermeister haben das Ohr am Volk. Legendär ist der frühere Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, der wöchentlich zu Fuß durch die Stadt ging und dort für Abhilfe sorgte, wo der Schuh gerade drückte. Ein Pflasterstein aus dem Gehweg gelöst? Kein Problem. Anruf bei der zuständigen Magistratsabteilung. Fall gelöst.
Dort, wo die Stadt Salzburg für die Lösung ihrer Probleme allein zu schwach ist, braucht sie Partner. Gemeinsam mit den Umlandgemeinden - dazu gehören auch die bayerischen - erreicht der Ballungsraum eine ansehnliche Größe von rund 500.000 Menschen. Unter Führung des neuen Salzburger Bürgermeisters sollten sich die Stadt- und Gemeindechefs zu einem effizienten, bürgernahen Steuerungsgremium für den Großraum zusammentun. Dies- und jenseits der Landes- und Staatsgrenzen.
Wer auf Anregungen aus Wien oder Berlin wartet, wird keine übergreifende Verkehrslösung zustande bringen. Wer den Siedlungs- und Wirtschaftsraum größer denkt, als es der Blick auf den eigenen Kirchturm zulässt, hat gute Chancen, einen lebenswerten Zentralraum zu gestalten.
Das Schöne am Amt eines Bürgermeisters ist es, die unmittelbaren Auswirkungen der Entscheidungen Aug in Aug mit den Wählerinnen und Wählern sehen und spüren zu können. Wer immer am Sonntag Bürgermeister Salzburgs wird - soll die Macht zur Gestaltung ergreifen und nicht nur verwalten.
