Das Comeback von Marcel Hirscher war viel früher zu Ende als erhofft, jenes von Lucas Braathen war vielversprechend. Und jetzt verschafft noch Lindsey Vonn dem Skizirkus jene internationale Aufmerksamkeit, die sonst nur Großereignisse mit sich bringen. Der US-Skistar steht beim Super-G-Doppel am Samstag (10.30 Uhr) und Sonntag (11 Uhr) in St. Moritz am Start - mit 40, fast sechs Jahre nach ihrem bisher letzten Weltcuprennen und mit einer Teilprothese im Knie.
"Vollschuss" und "Versuchskaninchen"
Fast zwangsläufig riefen die ersten Reaktionen Verwunderung und Kritik hervor. "Wenn sie das wirklich macht, hat sie einen Vollschuss", sagte etwa Österreichs "Skikaiser" Franz Klammer. Kniespezialist Christian Hoser bezeichnet Vonn als "Versuchskaninchen", sieht das Comeback aus medizinischer Sicht zwar als "nicht sinnvoll", malt aber auch kein Horrorszenario an die Wand, sollte der US-Topstar tatsächlich stürzen.
Generell werden mittlerweile jene Stimmen lauter, die der Rückkehr der Draufgängerin nur Positives abgewinnen können. Dem Skisport könne nichts Besseres passieren, das sei die beste Werbung. Freilich auch für Vonn selbst. Und das ist der zweite Kritikpunkt am aufsehenerregenden Comeback. Sich in Szene zu setzen hat Vonn schon immer gekonnt und geliebt wie kaum eine andere - abgesehen von ihren beispiellosen Erfolgen in der Abfahrt und im Super-G und ihrer Risikobereitschaft auf der Rennpiste.
Schafft es Vonn wieder an die Spitze?
Andererseits ist es nur allzu verständlich, dass eine (ehemalige) Ausnahmeathletin wieder Lust und Ehrgeiz entwickelt, nachdem sie ihrem jahrelangen von Schmerzen geplagten Alltag dank einer Knie-OP, bei der ihr Titan implantiert wurde, ein Ende setzen konnte. Spaß ist zwar die Basis, jedoch nicht das Endziel von Vonn. Im Gegensatz zu Hirscher, der sein Comeback bis zum Kreuzbandriss immer als "Genussprojekt" bezeichnete, spricht Vonn ihr Ziel deutlich aus: "Mein Plan ist ganz klar, wieder da hinzukommen, wo ich schon einmal war."
Was ihr Experten und Kolleginnen durchaus auch zutrauen. "Ich schätze sie sehr stark ein. Es wird spannend", sagt Mirjam Puchner. "Sie ist sicher eine ernste Konkurrentin", sagt Conny Hütter. Einen Vorgeschmack lieferten FIS-Rennen in den USA, wo sie den Besten zum Teil noch deutlich hinterherfuhr. Als Vorläuferin in Beaver Creek soll sie dann aber - laut Handstoppuhr - schon wieder Richtung Top 10 unterwegs gewesen sein. Und das mit Reserven. St. Moritz wird es weisen, wo Vonns Reise hinführen kann. Sie selbst träumt von Olympia 2026.