Joseph Kyselak
Joseph Kyselak (* 9. März 1798 in Wien; † 17. September 1831 ebenda) war Alpinist und Hofkammerbeamter in Wien. Bekannt wurde er für seine merkwürdige Gewohnheit, auf Wanderungen seinen Namen auf öffentlichen Gebäuden, Torsäulen, Fels- und Hauswänden in großer Schrift zu hinterlassen.
Leben
Joseph Kyselak wurde 1798 in Wien als älterer von zwei Knaben geboren. Die Familie wohnte bis 1804 in Wien-Josefstadt, Haus Nr. 72, danach im Haus 28 (heute Strozzigasse 8). Sein Vater (* 1768; † 1829) war Kassier bei der Avitikal-Fondskassen-Oberdirektion (staatlicher Familienversorgungsfond). Kyselak besuchte sechs Klassen des Piaristengymnasiums in Wien-Josefstadt und anschließend Vorlesungen an der Universität Wien über die Staatsverrechnungs-Wissenschaft. Er praktizierte von 1818 bis 1823 bei der Dienststelle seines Vaters und wechselte dann zur Registraturs-Direktion, wo er eine Accessistenstelle (Probebeamter bzw. niedriger Rang für Beamte mit höherer Bildung) mit einem Jahresgehalt von 300 Gulden plus 100 Gulden Quartiergeld erhielt. Kyselak war sehr belesen, er hatte eine beachtliche Bibliothek, vorwiegend topographische Fachbücher und Reisebeschreibungen, aber auch belletristische Literatur. Er wird als enthusiastischer Naturfreund und redseliger und jederzeit wohlgelaunter Zeitgenosse beschrieben, der auch einen kräftigen Körperbau aufwies.
Wanderungen
1825 nimmt Kyselak Urlaub und geht auf Reisen. Durch sein Tagebuch "Skizzen einer Fußreise durch Österreich" wird er berühmt, zusätzlich durch seine Gewohnheit, mit schwarzer Farbe und Pinsel an besonders markanten Orten (Felsen, Schlossmauern,Torsäulen etc.) seinen Namenszug in schwarzen Großbuchstaben zu hinterlassen.
Auf seiner Fußreise kam 1825 Kyselak auch ins Salzburgische und beschrieb mit erzählerischem Talent Orte und Landschaft mit liebevoller Detail-Genauigkeit, beispielsweise die Gasteiner Ache, "Pöckstein", Wildbad Gastein, Badbrucken, Hofgastein, Clam, Salzatal, Werfen, Lueg, Gölling, Gulinger-Fall − "diese herrlichen Cataracten, ungewiss ob ich diesen oder den zuvor bewunderten Öfen der Salzach den Preis der Merkwürdigkeit zusprechen sollte?"[1].
Von Hallein berichtete er:
"Übrigens hat man von Hallein in einem halben Tage genug, und begreift nur nicht, wie die Einwohner so geduldig ihre Lebenszeit den holprigen Straßen und engen, übel riechenden Gäßchen widmen mögen"[2].
Dürrenberg, Berchtesgaden, Steinernes Meer, Saalfelden, Zellersee sind die nächsten Stationen seiner Reise. Weiter über Tirol und Südtirol kam er über Bayern und das Innviertel wieder zurück nach Salzburg und besuchte "Arinsdorf" (Arnsdorf) und am folgenden Tag dann die damalige Kreishauptstadt Salzburg, von der er schreibt: "[…]. Zu groß wirkt der herrliche Prospekt des paradiesischen Salzburg mit seiner grotesken Umgebung[3]. Kyselak schreibt weiter von der Stadt mit 26 Kirchen und acht Klöstern, die trostbedürftig sei; keinen fröhlichen Menschen begegnete er, häufig seien die Straßen "begrast", die Gasthäuser und Kirchen fast leer, zu geringe Bevölkerung[4]. Man spürt aus seinen Berichten den Niedergang Salzburgs nach dem Anschluss an Österreich 1816 und die Folgen des riesigen Stadtbrandes von 1818, die nur der prachtvollen Naturkulisse nichts anhaben konnten. Die Stadt hatte infolge der Ereignisse seit 1803 nur noch 12 300 Einwohner.
Es wurde von seinem Vetter, dem Kriminalrat Franz Kyselak überliefert, dass Kyselak im geselligen Kreis, als man über ewigen Nachruhm und Unsterblichkeit debattiert hatte, gewettet habe, innerhalb von drei Jahren in der Monarchie herumzureisen und seinen Namen überall bekanntzumachen "ohne ein ungeheures Verbrechen oder eine neue Art von Selbstmord zu begehen". Er begann an bemerkenswerten Orten leidenschaftlich mit Pinsel und Farbe zu werken. Bereits nach der halben Frist sprach man ihm den Gewinn der Wette zu[5]. So betätigte er sich in vielen Gegenden der Monarchie und in Bayern und der Name Kyselak an Felsen und Mauern sprach sich schon herum.
In Salzburg z. B. blieb sein "Graffiti" in den Lammeröfen und auf dem Weg von Hallein über den Dürrnberg nach Berchtesgaden teilweise erhalten. Am bekanntesten ist heute sein Namenszug an einer Torsäule beim Schloss Neuwaldegg in Wien.
Nach seiner Fußreise durch Österreich, die er in seinen Skizzen beschrieben hat, unternahm er im Zeitraum von 1825 bis 1829 weitere Reisen, die ihn nach Ungarn, in die Schweiz, nach Italien, Preußen, Sachsen und nach Böhmen und Mähren führten.
Beschwerden und Legenden
Im Laufe der Zeit drangen viele Beschwerden von Orten der Monarchie nach Wien, dass es unerträglich sei, dass eine Art Sonderling namens Kyselak überall seinen Namen ohne Genehmigung male. Auch Legenden ranken sich um Kyselaks Reisen. So sollen die Beschwerden sogar zu Kaiser Franz I. (Kaiser von Österreich 1804 – 1835) gedrungen sein, welcher den Staatsbeamten Kyselak zu sich beordern ließ: "Er verschandelt mir ja die ganze Monarchie!" soll sein Vorwurf an den demütig auftretenden "Delinquenten" gelautet haben. Der Kaiser entließ ihn nicht ohne ihm das Versprechen abzunehmen, in Hinkunft seine Namensmalereien zu unterlassen. Als Kyselak das Audienzzimmer im Rückwärtsgang und sich mehrmals verneigend verlassen hatte, ging der Kaiser zu seinem Teetischchen und fand auf der Glasplatte mit Kreide geschrieben "KYSELAK".
Kyselak verstarb 1831 in Wien an einer gerade grassierenden Cholera, der er, ohne ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, nur auf seine kräftige Natur vertrauend, widerstehen wollte.
Quellen und Literatur
- Lorenz, Michael: "Concerning Kyselak", Wien 2015.
- Goffriller, Gabriele (Hrsg.): Kyselak. Skizzen einer Fußreise durch Österreich., mit einem Vorwort von Gabrielle Goffriller und Chico Klein, Salzburg, Wien 2009.
- Kyselak, Joseph: Skizzen einer Fußreise durch Österreich, Steiermark, Kärnthen, Salzburg, Berchtesgaden, Tirol und Bayern nach Wien, nebst einer romantisch pittoresken Darstellung mehrerer Ritterburgen und ihrer Volksagen, Gebirgsgegenden und Eisglätscher auf dieser Wanderung, unternommen im Jahre 1825 von Joseph Kyselak, Wien 1829, in: Goffriller, Gabriele (Hrsg.): Kyselak. Skizzen einer Fußreise durch Österreich, mit einem Vorwort von Gabrielle Goffriller und Chico Klein, Salzburg, Wien 2009.
- Ebner, Reinhard: Karriere als Namenskritzler. Leben und Legenden des "Logo-Künstlers" Joseph Kyselak, in: Wiener Zeitung, 9./10. August 2002, S. 5.