Rotationspflug "System Wallack"

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Ein Rotationspflug "System Wallack"

Der Rotationspflug "System Wallack" ist eine Konstruktion des Erbauers der Großglockner Hochalpenstraße, Hofrat Dipl.-Ing. Franz Friedrich Wallack, der sie für die Schneeräumung der Straße entwickelt hatte.

Geschichte

Der Rotationspflug "System Wallack" ist eine Kombination aus Schneefräse und Pflug. Im Frühjahr 1953 kam der erste Rotationspflug zum Einsatz. Seine Tagesleistung entsprach jenen von 350 Schauflern. Seither sind vier der fünf Originale immer noch im Einsatz. Waren bis zum Einsatz des Rotationspflugs "System Wallack" noch 350 Mann und 70 Tage Schaufelarbeit notwendig, verkürzte sich durch den Einsatz dieser Maschinen die Schneeräumung auf durchschnittlich 14 Tage.

18. April 2012: Alois bei der Ölkontrolle eines Rotationspflugs "System Wallack"

Bereits während des Zweiten Weltkriegs experimentierte Wallack mit Schneefräsen. So wurde im Herbst 1944 auf dem Werksgelände der Fa. Motormuli in Molln[1] in Oberösterreich eine Versuchsmaschine entwickelt. Bei diesen Arbeiten war Ing. Kurt Schwaiger dabei, der ein enger Mitarbeiter von Wallack bis zu dessen Tod war. Der erste Rotationspflug wurde 1951 im Werk Motormuli gebaut und kam ab 1953 als "Paul" zum Einsatz. "Eisbändiger" und "Ander" (die beiden wurden bei der Großglockner-Hochalpenstraßen-Schneeräumfeier 1954 mit Ehrenbürgerschaftsverleihung an Wallack bei Schneesturm auf ihre Namen getauft) wurden 1953 und 1954 in noch in Molln gebaut und kamen 1954 zum Einsatz, "Oskar" 1960 und "Jörgen" 1963 wurden aber dann in den Metallbauwerken in Wels produziert, da die Firma Motormulli 1954 in Konkurs ging und 1955 den Betrieb einstellen musste. Die ausstehenden Aufträge der GROHAG für vier (?[2]) weitere Wallack-Rotationspflüge wurden an die Firma "Alpentransport" weitergegeben. Diese konnte die Aufträge jedoch selbst nicht durchführen und gab sie daher her an die Metallbauwerke Wels weite, die dann die vier Rotationspflüge produzierten.[3] Bis 1963 waren in den Metallbauwerken Wels acht (andere Quellen schreiben von zehn) Stück dieses Rotationspflugs "System Wallack" gebaut worden.[4]

Interessant ist eine Meldung in den "Salzburger Nachrichten" vom 21. April 1952. Darin heißt es, dass 1951 bereits ein in den "eigenen Werkstätten" [der GROHAG?] gefertigtes "Versuchsstück" zum Einsatz kam, das heuer – 1952 – durch ein fabriksmäßig erzeugtes Baumuster verstärkt wird.[5]

Franz Wallack schreibt in seinem Buch[6], dass 1951 sechs Schneefräsen im Einsatz waren, bei der Räumung 1960 aber vier Rotationspflüge "System Wallack". Somit dürfte die Gesamtzahl mit dem dann 1963 gelieferten "Jörgen" vier Stück gewesen sein. Alle offenbar früher in Auftrag gegebene Maschinen wurden entweder nicht gebaut oder auf anderen Straßen eingesetzt (siehe nächsten Absatz).

In der Quelle specialtrucks.ch findet sich ein Hinweis auf drei weitere Maschinen, die für die Straßenbetreiber Arlberg, Radstädter Tauernpass und eine Bergstrecke in Slowenien gebaut wurden. Diese drei Maschinen wurden später von der GROHAG als Ersatzteilträger zurückgekauft und sind nicht mehr in Betrieb.

Im Protokoll der 85. Aufsichtsratssitzung am 19. Juli und 20. Juli 1966 ist der Vermerk "TO 14 a) Erzeugung von Rotationspflügen "System-Wallack" durch die VÖST" zu finden.[7]

Im Winter überholen die Mechaniker der GROHAG die alten Rotationspflüge. Besondere Herausforderung sind dabei deren Saurer-Motoren aus österreichischer Produktion. Die Sauerwerke, die in Wien Nutzfahrzeuge bauten, wurden schon 1969 geschlossen. Ersatzteile gibt es nur mehr gebraucht im Internet und die GROHAG versucht zu kaufen, was sie erwischt. So erstand Werkstättenleiter Peter Embacher einen Saurer-Motor, Baujahr 1954, der in diese Rotationspflüge passt. 2020 konnte er weitere vier Saurer-Motoren erwerben und damit für einige Zeit den Einsatz der Rotationspflüge sichern.[8]

Bei der Schneeräumung 2024 wurden die Rotationspflüge – System Wallack erstmals von innovativem, klimaschonendem Dieselersatz aus Pflanzenölen (HVO100-Fuel) angetrieben. HVO100-Fuel ist ein synthetisch hergestellter, beinahe klimaneutraler Diesel Ersatzkraftstoff. Die Abkürzung HVO bedeutet hydrotreated vegatable oils – auf Deutsch: hydrierte Pflanzenöle. Sprich: Aus Altspeisefetten wie benutztem Frittier- oder Bratfett wird in einem energieeffizienten Verfahren und anschließender Hydrierung, bei der regenerativ erzeugter Wasserstoff hinzugegeben wird, ein wasserklarer und nahezu geruchloser Kraftstoff hergestellt. Dieser 100 % biobasierte Treibstoff hat massive Vorteile:

  • HVO100 verursacht um bis zu 90 % weniger CO2-Emissionen als herkömmlicher Diesel
  • HVO100 ist bei der Verbrennung annähernd rauch- und geruchlos.
  • Die höhere Cetanzahl von HVO100 beeinflusst der Verbrennungsverhalten im Motor positiv: Es entstehen 30 Prozent weniger Stickoxide und Feinstaub.
  • Der moderne Treibstoff kann ohne Modifikationen und damit ohne zusätzliche Investitionen in allen herkömmlichen Dieselmotoren verwendet werden – auch in den immerhin 70-jährigen Räumfahrzeugen.[9]

2025: Nachbau von abgenutzten Kettenglieder

Nachbau von Kettengliedern

Die historische Technik der 15 Tonnen schweren Maschinen stößt zunehmend an ihre Grenzen. Für die seit 1953 eingesetzten Maschinen sind Ersatzteile für die beanspruchten Kettenantriebsglieder längst nicht mehr verfügbar. Konstruktionspläne oder gar CAD-Daten gibt es nicht. Eine Herausforderung, welche die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei[10][11] (MFL) auf den Plan rief: Um die abgenutzten Kettenglieder der Schneefräsen neu herzustellen, rekonstruierte das österreichische Unternehmen die Komponenten. "Ohne intakte Ketten fehlt es den Raupenfahrzeugen an der nötigen Traktion, um sich sicher durch den schweren Schnee zu graben und schwierige Passagen zu bewältigen. Daher haben wir das Fertigungsverfahren auf den Kopf gestellt", erklärt MFL-Gießereileiter Peter Fuchs. Heißt: Mit Hilfe des sogenannten Reverse Engineerings konnte das Unternehmen die Kettenglieder nicht nur reproduzieren, sondern gleichzeitig auch optimieren. "Dazu haben wir ein bis zuletzt montiertes Bauteil zunächst sowohl taktil als auch mit Laserscannern vermessen. Die Messergebnisse lieferten eine Punktewolke bzw. ein Polygonmodell. Daraus wurde durch unsere Ingenieure ein virtuelles Abbild eines Bauteils generiert, das wir in der Folge optimierten, um dessen Haltbarkeit sogar noch zu verbessern", beschreibt Fuchs die Herangehensweise. Die verbesserten Daten wurden schließlich als Basis für die Gießsimulation und Ableitung der Formwerkzeuge herangezogen, ehe diese im hauseigenen Werkzeugbau hergestellt wurden. Schließlich entstanden daraus im Maskenformverfahren 300 präzise Kettenglieder, welche den Einsatz der Schneefräsen weiterhin sicherstellen.[12]

Die noch in Betrieb befindlichen Maschinen

Rotationspflug "Ander" Baujahr 1954
Rotationspflug "Eisbändiger" Baujahr 1954
Rotationspflug "Oskar" Baujahr 1960
Rotationspflug "Jörgen" Baujahr 1963

In "Pension"

Der Rotationspflug "Paul", Baujahr 1951, war bis 2010 im Einsatz und hatte genau 9 755 Arbeitsstunden erbracht. Das fünfzehn-Tonnen-Gerät steht nun als Dauerleihgabe der Großglockner Hochalpenstraßen AG im Salzburger Freilichtmuseum in Großgmain beim Mauthaus Guttal.

Mai 2023.

Technische Daten

Motoren: drei Saurer-Dieselmotoren, 6-Zylinder, je 125 PS
Gewicht: ca 15 t
Getriebe: ein Fünfgang-Fahrgetriebe, Zweigang-Kupplungs-Lenkgetriebe, 1 Zweigang-Pflugradgetriebe, Dreigang-Wurfradgetriebe
Steigfähigkeit: bis zu 60 %
Kraftstoffbehälter: zwei Tanks zu je 200 Liter
Kraftstoffverbrauch: ca. 22 Liter Diesel pro Motor und Einsatzstunde
Räumgeschwindigkeit
für Altschnee bei 1,20 m Räumhöhe 1 km/h
bei 60 cm Räumhöhe 3 km/h
bei Neuschnee 4-8 km/h
Räumbreite: 2,40 m
Wurfweite: bis 50 m
Wurfhöhe: bis 25 m

Videos

Text der Überschrift
über die historische Schneeräumung - ein Vierminuten-Video
über die Schneeräumung 2009 - ein Zweiminuten-Video

Bildergalerie

weitere Bilder

 Rotationspflug "System Wallack" – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im SALZBURGWIKI

Quellen

Einzelnachweise

  1. ANNO, "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 15. Juni 1951, Seite 7
  2. insgesamt erhielt die GROHAG aber nur fünf Stück
  3. www.molln.cc, die Geschichte der Fa. Motormuli, abgefragt am 22. Juli 2025
  4. specialtrucks.ch
  5. [www.sn.at, Archiv der "Salzburger Nachrichten", Ausgabe vom 21. April 1952, Seite 3: "Schneeräumermarsch" über dem Glockner
  6. "Die Großglockner Hochalpenstraße - die Geschichte ihres Baues", Springer-Verlag, Wien, 1960, Seite 215
  7. www.molln.cc, Prospekt VOeEST_Rotationspflug, pdf
  8. www.sn.at, 31. März 2022
  9. Presseaussendung GROHAG am 26. April 2024
  10. siehe Ennstalwiki → Maschinenfabrik Liezen und Gießerei
  11. Verlinkung(en) mit "enns:" beginnend führ(t)en zu Artikeln, meist mit mehreren Bildern, im EnnstalWiki, einem Schwesterwiki des SALZBURGWIKIs
  12. www.mfl.at, 25. Jänner 2025: MFL bringt ikonische Großglockner-Fräsen zurück auf die Spur
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