Großglockner Hochalpenstraße Baugeschichte





Die Baugeschichte der Großglockner Hochalpenstraße begann im Jahr 1922. Sie wurde von Hofrat Dipl.-Ing. Franz Friedrich Wallack, dem Erbauer der Straße, in einem 240 Seiten umfassenden Buch geschildert.
Die Baugeschichte
Die Ausgangssituation
Als im Jahr 1922 eine Gruppe österreichischer Experten Pläne für eine Straße über die Hohen Tauern beim Hochtor vorlegte, erntete sie vorwiegend Spott. Das war zu einer Zeit, in der es in Österreich, Deutschland und Italien zusammen erst 154 000 Pkw, 92 000 Motorräder und knapp 2 000 Kilometer asphaltierte Überlandstraßen gab. Darüber hinaus waren die wirtschaftlich katastrophalen Folgen der Niederlage im Ersten Weltkrieg auch für Österreich schwer zu verkraften. Es war auf ein Siebentel seiner imperialen Größe geschrumpft, hatte seine internationalen Märkte verloren und es gab eine verheerende Inflation. Aber selbst der bescheidene Entwurf eines drei Meter breiten Schottersträßchens mit Ausweichen auf Sichtweite mutete wie Luftschlossarchitektur an.
Die Rolle des Salzburger Landeshauptmanns Dr. Franz Rehrl
Einer der Gründe, weshalb der Salzburger Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl sich in den 1920er- und 1930er-Jahren so vehement für den Bau der Großglockner Hochalpenstraße eingesetzt hatte, war die Vision der Errichtung eines Skizentrums in der Glocknergruppe. Dieses sollte mit der neuen Straße erschlossen werden. Eine weitere Idee von Dr. Rehrl war, dass diese Straße zunächst zur Errichtung einer riesigen Tauernwasserkraftwerkgruppe von deren Betreibern gebaut und bezahlt werden sollte; dann hätte sie später vom Land Salzburg ohne Kosten übernommen werden und neben der Ausflugsstraßenfunktion auch für das Skigebiet als Zubringer dienen sollen. Diese Idee sollte später noch zu einer jahrenlangen Diskussion zwischen ihm und Wallack bezüglich des Straßenverlaufs führen, der sogenannte Variantenstreit.
Rehrl erkannte, dass in der damaligen Wirtschaftsrezession die Ankurbelung des Fremdenverkehrs (wie schon 1922 mit den ersten Salzburger Festspielen) ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor wäre, der vor allem auch dringend notwendige Devisen brächte. Und man kann seinen Intentionen auch entnehmen, dass er ursprünglich Kärnten gar nicht daran partizipieren hätte lassen wollen. Wie später im Variantenstreit klar zu Tage kam, wollte er eine Straßenführung über Guttal und damit eine Anbindung der bestehenden alten Glocknerhausstraße von Kärntner Seite her verhindern, um so nur Salzburg in den Genuss der wichtigen Devisen ausländischer Touristen zu bringen.
Auf die Nutzung der Wasserkraft zurückgreifend ließ er 1928 ein gigantisches Projekt vorbereiten, für dessen Ausführung der Salzburger Landtag schließlich AEG Berlin gewinnen konnte. Aus diesem Projekt dann aber aufgrund der wirtschaftlichen Situation vorerst nichts. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Projekt in sehr stark abgespeckter Form der Tauernkraftwerke Kaprun realisiert.
Planungsbeginn
In dem als Amtshandlung in Mittersill bekannt gewordenen Treffen vom 30. August bis 4. September 1922 wollte man die technische Machbarkeit einer befahrbaren Wegverbindung von Fusch nach Heiligenblut und von Mittersill über den Felber Tauern nach Windisch-Matrei prüfen.
Als Folge dieses Treffens kam es zu einer weiteren Zusammenkunft am 3. Juni 1924 in Klagenfurt in Kärnten. Dabei wurde auch die spätere Bezeichnung der Straße vom Salzburger Landesrat Dr. Otto Troyer geprägt: Großglockner-Hochalpenstraße (anfangs noch mit Bindestrich geschrieben).
Nach diesem Treffen machte man sich auf die Suche nach einem geeigneten Fachmann, der dieses Projekt technisch verwirklichen könnte. Und man fand diesen in der Person von Franz Wallack beim Kärntner Landesbauamt. Es kam dann am 25. Juni 1924 in Zell am See zu einer Besprechung von Wallack, Mitgliedern des Ausschusses zur Erbauung einer Großglockner-Hochalpenstraße und dem Vertreter Tirols, Landesrat Bernhard Zösmyr. Bei diesem Treffen ging um die heikle Frage der Felber-Tauern-Variante sowie um Themen der Streckenführung, Baukosten und Einbindung von landschaftlichen Schönheiten. Dabei waren sich aber alle einig, dass die Streckenführung durch das Glocknergebiet jener über den Felber Tauern weit überlegen war. Schließlich wurde die Besprechung abgebrochen und die 18 Teilnehmer verbrachten auf Einladung des Zeller Bürgermeisters Josef Ernst zu einer gemütlichen Zusammenkunft, bei der sich die Teilnehmer näher kennenlernten.
Am nächsten Tag, dem 26. Juni, wurde von den Teilnehmern das voraussichtliche Trassengebiet im Glocknergebiet besichtigt. Dazu stieg am auf der gegenüberliegenden Seite des Ferleitentals in Richtung Mainzer Hütte auf. Von dort überblickte man das Gebiet von Ferleiten bis zum Fuscher Törl und den Pfandlscharten.
Wallack erhält den Planungsauftrag und muss sich gegen Intrigen wehren
Am 28. Juni trat der "Ausschusses zur Erbauung einer Großglockner-Hochalpenstraße" zu seiner konstituierenden Sitzung im Hotel Rupertihaus in Heiligenblut zusammen. Dabei erhielt Wallack den Auftrag, binnen zwei Monate ein generelles Projekt vorzulegen (die Trassierung der Straße). Dabei sollte er sein Hauptaugenmerk darauf legen, einen Straßenverlauf zu finden, der den Besuchern möglichst viele Aussichtspunkte und Panoramablicke bieten sollte. Diese Sitzung musste einmal unterbrochen werden, da ein Telegramm eintraf. Die Bewandtnis mit diesem Telegramm erfuhr Wallack erst Jahre später: Darin teilte ein Wallack nicht wohlgesinnter Kärntner Ingenieur mit, nicht Wallack die Planungsarbeiten zu übertragen, sondern einer von ihm namhaft gemachten Baufirma. Schon eine Woche vor diesem Treffen hatte die Salzburger Landesregierung einen Brief erhalten, indem Wallack als völlig unfähige Person für diese Aufgabe dargestellt wurde.
Wallack zog sofort in die Hohen Tauern los, um eine mögliche Trassenführung zu finden. Und termingerecht präsentierte er am 26. September bei einer Sitzung des "Ausschusses zur Erbauung einer Großglockner-Hochalpenstraße" in Klagenfurt sein Ergebnis: eine 27,5 km lange neu zu errichtende Straße mit einer durchschnittlichen Breite von drei Metern, Ausweichen in Sichtweite, elf Prozent maximale Steigung, einer maximalen Straßenbelagslast von acht Tonnen pro Fahrzeug und die Kosten lägen unter drei Millionen Schilling (1924). Er rechnete mit einer Bauzeit von zwei Jahren, wofür er einen Bedarf von 1 000 Arbeiter veranschlagte.
Bereits am 28. September präsentierte die österreichische Verkehrswerbungsgesellschaft diese in der Welt einzigartige Hochgebirgspanorama-Straße vor 50 Journalisten. In einer kurzen Zeitungsmeldung des Salzburger Volksblattes am 30. September hieß es unter anderem
Im Ferleitner Gasthause hielt ein Ingenieur der Kärntner Landesregierung einen Vortrag über, die projektierte Straße, deren Trasseführung wir schon wiederholt besprochen haben und die dem Zuge der alten Römerstraße über die Tauern fast genau folgt.
Wallack war also noch völlig unbekannt.[1]
Am 4. November 1924 kamen neun Ingenieure verschiedener Bauunternehmen sowie einige Journalisten nach Zell am See. Bei wider Erwarten guten Wetterbedingungen besichtigte die Gruppe zusammen mit Wallack die geplanten Strecke zu Fuß. Am 6. November begingen sie noch die Alte Glocknerhausstraße, die von Heiligenblut bis zum Glocknerhaus bereits als Mautstraße existierte.
Am 1. Dezember 1924 trafen dann die ersten Angebote von Baufirmen ein. Doch die Finanzierung der Straße war ungelöst, die österreichische Regierung hatte damals noch nicht die Absicht, den Bau der Großglockner Hochalpenstraße zu ihrer eigenen Sache zu machen. Die Gespräche zogen sich in die Länge und es kam zu keiner Einigung über die verschiedenen vorgelegten Finanzierungsmöglichkeiten.
Im Sommer 1925 unternahm Wallack auf eigene Kosten eine Reise über alle wichtigen Passstraßen Europas, allerdings mit finanzieller Unterstützung der Länder Salzburg und Kärnten]. In fünf Wochen besuchte er 43 Passstraßen und untersuchte deren Straßenbeläge, Lawinenverbauungen und anderes, um Informationen für den Bau der Großglockner Hochalpenstraße zu sammeln. Da jedoch das Geld für den Bau weiterhin fehlte, unternahm Wallack selbst mit völlig ungewöhnlichen Mitteln die Suche nach Finanziers: Er schrieb Zeitungsartikel und ging mit Lichtbildervorträgen in Österreich und Deutschland auf Werbetour.
Am 25. September 1925 kam Wallack zu Trassierungsarbeiten als Projektergänzung ins Mölltal. Am 27. September kamen seine Mitarbeiter und er dabei am Hochtorsattel bereits in einen heftigen Schneesturm. Trotzdem gingen sie weiter über das Fuscher Törl und stiegen in das Ferleitental ab. Das Pferd, das alle kostbaren Instrumente und sonstigen Ausrüstungsgegenstände trug, stürzte dabei ab und blieb wie tot liegen. Jedoch konnte es sich wieder auf die Beine stellen und weitergehen. Immer schlechter werdende Wetterbedingungen zwangen dann Wallack zum Abbruch seiner Vermessungsarbeiten und Rückkehr der Mannschaft und des Pferdes über den mittlerweile tief verschneiten Hochtorsattel zum Fleißwirt. Er selbst marschierte zur historischen Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, wo er im Kaiser Franz Josef Haus übernachtete. Am 28. September begann Wallack mit der Trassierung der Strecke unterhalb der historischen Kaiser-Franz-Josefs-Höhe hinunter zum Glocknerhaus und weiter bis Guttal. Von dort stieg er wieder bis zum Fuscher Törl auf. Da das Wetter sich gebessert hatte, konnte er in zwei Tagen diese Arbeiten abschließen. Dann übersiedelte er neuerlich zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, um dort alle Arbeiten abzuschließen, wo er am 13. Oktober fertig wurde. Am 18. Oktober kehrte er nach Klagenfurt zurück. Am 28. Dezember überreichte er seine Ausarbeitungen der Projektergänzung dem Ausschuss.
Dann wurde es still um das Projekt. Die österreichische Regierung hatte kein Geld für den Bau und private Investoren fanden sich auch nicht.
Die Umsetzung begann
Binnen drei Jahren sackte die Wirtschaftsleistung um ein Viertel ab, und die Arbeitslosigkeit erreichte horrende 26 Prozent. Jetzt holte die österreichische Regierung die Pläne für die Glocknerstraße wieder aus der Schublade, um wenigstens bis zu 2 357 (im Jahr 1931) von durchschnittlich 520 000 Arbeitslosen pro Jahr zu beschäftigen. Mittlerweile war das Projekt auch schon auf sechs Meter Breite für den Bedarf des "internationalen Großverkehrs" und zur allgemein bespöttelten Berechnung gediehen, dass jährlich gewiss 120 000 Besucher kämen. Auf dieser Annahme gründete auch der Finanzierungsplan: Der Staat streckt die Bausumme vor, die Benützer dieser Straße tilgen diesen Betrag mit einem Benutzungsentgelt (Maut).
Interessant ist im am Silvestertag 1928 erschienenen Artikel "Die Zukunft unserer Wasserkräfte. Nutzbarmachung der Gletschergewässer und Tauerngefälle über 2000 m" von Dr. Rehrl in der Salzburger Chronik[2] der Absatz
Da natürlich auch das Einzugsgebiet auf der Südseite der Tauern mit einbezogen werden muß, muß an dem einen oder anderen geeigneten Punkte ein Stollen quer durch das ganze Tauernmassiv geführt werden. Es braucht nun nicht besonders viel mehr Aufwand, einen dieser Stollen, der etwa beim Glocknermassiv zu liegen kommen wird, zu einem fahrbaren Tunnel aus zubauen, wodurch auch die Frage der Glocknerstraße gelöst erscheint.
Daraus konnte man also bereits Ende 1928 entnehmen, dass Rehrl keine Scheitelstrecke durch den Hochtor Tunnel im Auge gehabt hatte, sondern einen Tunnel unter den Pfandlscharten, was letztlich zum mehrjährigen Variantenstreit mit Wallack führte.
Finanzierung und begünstigter Bau
- Hauptartikel Baukosten und Beschäftigungszahlen
Doch zunächst wurde eine Finanzierungsgesellschaft gegründet, an der der Bund, AEG, Baufirmen und Private beteiligt waren, der auch von der Arbeitslosenfürsorge gespeist werden sollte. Dann mehrten sich die Hiobsbotschaften. Zunächst musste Anfang Oktober 1929 die größte österreichische Bank, die Wiener Großbank Boden-Credit-Anstalt,[3] Konkurs anmelden, bei dem Bundeskanzler Schober sich um eine Sanierung bemühte, um nicht z. B. die Steyr-Werke ebenfalls in Konkurs schicken zu müssen. Dann folgte am 25. Oktober 1929 der sogenannte "Schwarze Freitag", der Börsenkrach in New York.
Nun wollten die Baufirmen nicht mehr mit Kapital mitmachen, die Kosten für den Bau wurden neu mit 16 Millionen Schilling berechnet. Doch die Regierung hatte schon am 14. März 1930 bekanntgegeben, die Großglockner Hochalpenstraße, die Packer Bundesstraße und die Westtiroler Wasserkraftwerke noch in diesem Jahre aus- und zu bauen plant.
Mittlerweile war es der österreichischen Regierung gelungen, sich im Haager Abkommen von noch fälligen Reparationsforderungen aus dem Ersten Weltkrieg zu befreien. Darüber hinaus gelang es Finanzminister Otto Juch, ein Befürworter des Glocknerstraßenbaus, eine internationale Anleihe (395 Millionen Schilling) in London zu erhalten. Diese war an keine Ausgabenkontrollen gebunden (im Gegensatz zu anderen damals Österreich angebotenen Anleihen).
Am 14. April 1930 schrieb Wallack dann den Bau mit einer nur 14tägigen Abgabefrist aus und übersiedelte von Klagenfurt in die Stadt Salzburg. Am 23. April 1930 befasste sich der Ministerrat erstmals mit dem Projekt der Glocknerstraße. Am 9. Mai bildete sich zur Ausschreibung aller Bauvergaben für die Errichtung der Großglockner Hochalpenstraße ein provisorisches Proponentenkomitee der sich erst im März 1931 konstituierenden Großglockner Hochalpenstraßen AG. Diesem gehörten das "Proponentenkomitee der Tauernkraftwerke AG" (Landeshauptmann Rehrl, AEG-Generaldirektor Egon Seefehlner, der Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter August Neutzler, der Kärntner Landesrat und im selben Jahr zum Landeshauptmann gewählte Ferdinand Kernmaier, Wallack als Bauleiter) und Beamte des Finanz- und Handelsminsteriums an.
Am 1. August 1930 kam es dann zu einem Übereinkommen zwischen dem Bund und dem Proponentenkomitee der Tauernkraftwerke AG über die Gründung und Kapitalausstattung der Großglockner-Hochalpenstraßen Aktiengesellschaft, die ihren Sitz in Wien haben sollte. Am 4. August kam zwischen dem österreichischen Bundesschatz und dem Proponentenkomitee der Tauernwerke AG ein Sydnikatsvertrag bezüglich Tauernwerk-Projekt und Glocknerstraßen-Projekt zustande. Die Bauvergabe erfolgte dann am 6. August im Landtagssaal der Salzburger Landesregierung an die beiden bereits schon früher ausgewählten Baukonsortien.
Das vorletzte Hindernis für den Baubeginn wurde am 12. August ausgeräumt. Das Bundesministerium für Handel und Verkehr erklärte die Glocknerstraße gemäß § 1 der Kaiserlichen Verordnung Nr. 284 aus dem Jahr 1914 zum begünstigten Bau.
Vom 27. bis 29. August fanden die lokalen Bauverhandlungen statt. Nun stand einem Baubeginn nichts mehr im Weg.
Der Baubeginn
Spatenstich im August 1930
Die Feierlichkeiten anlässlich des Baubeginns begannen bereits am 29. August 1930 in Zell am See. Neben Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl waren u. a. Hofrat Hans Hofmann-Montanus, der Gründer des Salzburger Landesverkehrsamtes, der Bürgermeister Josef Ernst, Landeshauptmann-Stellvertreter Robert Preußler, Landtagspräsident Anton Neumayr, der Landeshauptmann-Stellvertreter von Kärnten Neutzler, Oberbürgermeister Dr. Hipp, Präsident des Deutschen Städtebundes, Bürgermeister der Stadt Salzburg Hofrat Max Ott, Sektionschef Pöschmann vom Handelsministerium, Sektionsrat Dr. Weisel und Ministerialrat Steinböck vom Finanzministerium, Minister a. D. Dr. Schürft als Präsident der Vianova, LR. Ing. Rudolf Brauneis, Chefingenieur Münch von der A.E.G., LKR. Hölzl, Handelskammer-Vizepräsident Generalrat Hermann Haagn, Gendarmeriedirektor May, Nationalrat Geister und die Pinzgauer Landtagsabgeordneten sowie den Altbürgermeister von Heiligenblut, Grojer. Außerdem nahmen zahlreiche Vertreter der in- und ausländischen Presse und viele Ehrengäste teil.
Abends um 20 Uhr wurde eine Rundfahrt auf dem Zeller See in Motorschiffen unternommen. Die See- und Stadtbeleuchtung, verbunden mit den Höhenfeuern, wirkten zu einem überwältigenden Bild zusammen. Den Abschluss des ersten Tages bildete ein von der Stadt Zell am See gegebenes Abendessen im Grandhotel.
In der Früh des 30. August 1930 fuhren die Ehrengäste nach Ferleiten, um dem historischen Augenblicke des ersten Sprengschusses zur Glocknerstraße beizuwohnen. Auch diese Fahrt war von einem herrlichen Wetter begünstigt. Mit dem Schnellzug um 09 Uhr kam Finanzminister Dr. Juch in Bruck an und fuhr nach Ferleiten. An den Bundeskanzler wurde vom Landeshauptmann als Antwort auf ein Begrüßungstelegramm ein Drahtgruß gerichtet, in dem betont wurde, daß im hochbedeutsamen Augenblicke, da der erste Schuß zur Glocknerstraße falle und der Bau tatsächlich begonnen werde, in Dankbarkeit der Förderung des großen Werkes durch den Bundeskanzler gedacht werde.
Nach der Rede des Landeshauptmannes[4], die übrigens im Radio gut hörbar übertragen wurde, spielte die Musik den Chor "Die Himmel rühmen", woraus Finanzminister Dr. Juch seine Rede hielt. Nach ihm sprach Ortspfarrer Thomas Anker von Dorf Fusch und gab den Anfängen des großen Werkes den kirchlichen Segen. Sodann wurde - 11:40 Uhr - die kleine Traude des Landeshauptmannes aufgefordert, den ersten Sprengschuss auszulösen.[5]
Die Baulose
Baulose der Nordrampe
Zu Baubeginn gab es von Fusch nach Ferleiten durch die Bärenschlucht lediglich einen mehr oder weniger vorhandenen Weg. Daher entschloss man sich letztlich, die Großglockner Hochalpenstraße in Fusch mit dem Baukilometer Null zu beginnen, wo er auch heute noch als solcher gekennzeichnet ist. Allerdings erhielt später die Großglockner Landesstraße ihren Kilometer Null bei der Salzachbrücke in Bruck.
Der Bau teilte sich also in folgende Baulose ein:
Die so bezeichnete Nordrampe:
- Baulos 1 vom damaligen Dorf Fusch durch die Bärenschlucht bis Ferleiten: 7,2 km, 340 Höhenmeter, 10,4 % maximale Steigung;
- Baulos 2 von Ferleiten zum Piffkar: 4,8 km, 475 Höhenmeter, 12 % maximale Steigung;
- Baulos 3 vom Piffkar zum Hochmais: 2,3 km, 230 Höhenmeter, 11,1 % maximale Steigung;
Das Baulos 3 der Nordrampe endete dort, wo der "Variantenstreit" seine "Gabelung" hatte. Nach der Einingung in diesem Streit begann hier das Baulos Nord der Scheitelstrecke.
Variantenstreit
- Hauptartikel Variantenstreit der Großglockner Hochalpenstraße
Kaum war Wallack 1930 nach Salzburg übersiedelt, bat ihn Rehrl Wallack zu einer Unterredung. Bei dieser legte Rehrl seine eigene Trassenvariante vor: gegenüber Wallacks 34,5 km langen Strecke sollte Rehrls Variante nur 20,5 km lang sein, durch Lawinengalerien führen und schließlich durch einen zwei Kilometer langen Tunnel unter der unteren Pfandlscharte unmittelbar zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe führen. Allerdings betrügen die Baukosten seiner Variante II um 6,5 Mio. Schilling mehr als jener Variante I von Wallack. Trotz der Darlegungen Wallacks über die Nachteile dieser Variante, kamen die beiden zu keiner Einigung - diese sollte erst Jahre später, im Verlauf der Errichtung der beiden Rampen, gefunden werden.
Baulose der Südrampe
Die Baulose der so bezeichneten Südrampe:
- Baulos 4 von Heiligenblut über das Fleißtal zum Kasereck: 5,9 km, 612 Höhenmeter, 11,8 % maximale Steigung;
- Baulos 5 vom Kasereck über das Guttal (wo die Abzweigung Gletscherstraße hinauf zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe und zum Baulos Süd der Scheitelstrecke erfolgen sollte, aber eben vom Variantenstreit (zunächst) blockiert war) zum Schobereck, das war jener Punkt, wo die alte Glocknerhausstraße einmündete: 2,7 km, 54 Höhenmeter, 8,2 % maximale Steigung;
- Baulos 6 vom Schobereck zum Glocknerhaus, wobei man in etwa die Trassenführung der alten Glocknerhausstraße benutzte: 4,5 km, 289 Höhenmeter, 11,5 % maximale Steigung;
- Baulos 7 vom Glocknerhaus durch die Freiwand zum Parkplatz auf die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe: 2,9 km, 214 Höhenmeter, 12 % maximale Steigung;
Das letzte Baulos war dann das Baulos Scheitelstrecke, das erst im Sommer 1934 nach einer Einigung im Variantenstreit in Angriff genommen werden konnte.
Diese sieben Baulose umfassten auf der Nordrampe 14,3 Kilometer, auf der Südrampe 16,0 und somit gesamt 30,3 Kilometer. Allerdings sind in diesen 30,3 Kilometer auch die acht Kilometer lange Gletscherstraße enthalten, die nicht im eigenlichen Sinn zur "Südrampe" [der Durchgangsstraße über das Hochtor] gehörten.
Erste Straßenteile werden eröffnet
Anfangs stand das nördliche Mauthaus am südlichen Rand von Dorf Fusch und bereits am 15. Juli 1931 konnte der (heute mautfrei zu befahrende) Straßenteil von Dorf Fusch bis Ferleiten für den Verkehr freigegeben werden.
Der nächste Straßenabschnitt von Ferleiten bis Hochmais war dann im Jahr darauf, am 1. September 1932, befahrbar. Weil aber Hochmais in der Planung von Wallack nicht als Endpunkt einer Straßenrampe gedacht war, musste er 1932 am Hochmais einen provisorischen Parkplatz mit Zu- und Abfahrten errichten.
Am 2. Oktober 1932 konnte die Südrampe von Heiligenblut nach Guttal und auf der so bezeichneten Gletscherstraße bis hinauf zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe eröffnet werden. Bevor sich der Konvoi mit den Ehrengäste von Heiligenblut auf die Strecke begab, gedachte Wallack und seine Mannschaft den, wenigen, Toten, die der Straßenbau bisher bereits gefordert hatte (Lawinen und andere Unglücke) am Friedhof der Wallfahrtskirche von Heiligenblut.
Die erste Alpenüberquerung im Automobil
- Hauptartikel Erstbefahrung der Großglockner Hochalpenstraße
Im Bausommer 1934 wurde nicht nur die Edelweißstraße auf die Edelweißspitze vollendet, sondern auch eine erste "befahrbare Straßenverbindung" zwischen Salzburg und Kärnten fertig gestellt. Und zumindest bis zum Fuscher Törl wollte man im Herbst des gleichen Jahres die Straße für den allgemeinen Verkehr eröffnen.
Am Abend des 19. September 1934 rief die Frau von Franz Wallack ihren Mann an und teilte ihm mit, dass Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl am 22. September beabsichtige, mit einem Kraftwagen (einem Steyr 100) über die Scheitelstrecke der Straße nach Heiligenblut fahren zu wollen. Dieser Teil befand sich zu jenem Zeitpunkt jedoch noch im Rohbauzustand. Wallack begann mit der Planung dieser Fahrt und erhielt plötzlich die Nachricht, dass zwischen Fuscher Törl und Guttal die Strecke noch sehr schmal sei. Dort war bis zu diesem Tag nur ein Fußweg von einem Meter Breite vorhanden. Und im nördlichen Teil des Mittertörl-Tunnels stand das (Bau-)Holz so dicht, dass man kaum durchgehen kann. Wie sollte man also diese Stellen mit einem Automobil passieren können? Fieberhaft arbeiteten die Ingenieure und Arbeiter in der verbleibenden Zeit, diese Hindernisse aus der Welt zu schaffen.
Als Dr. Rehrl am 22. September morgens mit dem Steyr-Automobil in Ferleiten eintraf, konnte Wallack aber bereits melden, dass die schmalsten zu passierenden Stellen ganz 165 cm breit seien! Der Wagen von Dr. Rehrl war 158 cm breit. Ein paar bescheidene hölzerne "Triumphpforten" waren mit Tannengrün und Flaggen geschmückt. Sie kennzeichneten sehr provisorisch die einzelnen Baulosgrenzen.
Die Eröffnung der Straße von Hochmais bis zum Fuscher Törl
Nur einen Tag nach der ersten Alpenüberquerung begann am 23. September 1934 um 10 Uhr eine Autokolonne die Auffahrt von Ferleiten zur Edelweißspitze. Im ersten Fahrzeug Landeshauptmann Dr. Franz Rehrl. Dahinter die Wagen mit dem Bundespräsidenten, dem Bundeskanzler, den Ministern, Diplomaten und sonstigen Würdenträgern: 343 Personenkraftwagen, 32 Autobusse und 318 Motorräder.
Eine feierliche Feldmesse fand zwischen der Edelweißspitze und dem Fuscher Törl statt. Nach der Messe sang Kammersänger Richard Mayr ohne jede Begleitung die beiden ersten Strophen Goethes "Talismane" nach der Vertonung von Schubert. Dann folgten Ansprachen, denen rund 8 000 Menschen in 2 571 m Höhe lauschten und über ihren Köpfen kreiste Ulrich Ferdinand Fürst Kinsky, der Präsident des Österreichischen Aero-Clubs, in seinem Sportflugzeug.
Die Scheitelstrecke entsteht
Nachdem sich Rehrl und Wallack im Spätsommer 1933 auf jene Scheitelstreckentrasse von Wallack geeignet hatten, begannen noch im Herbst die Arbeiten. Leopold Müller-Salzburg war Bauleiter verschiedener Bauabschnitte. Die so bezeichnete Scheitelstrecke war in das Baulos Nord (vom Fuscher Törl bis knapp vor den Mittertörltunnel), Baulos Mitte (vom Mittertörltunnel einschließlich des Hochtor Tunnels) und das Baulos Süd (vom Hochtor hinunter ins Guttal) unterteilt. Die einzelnen Baulager waren (Daten der Belegung im Sommer 1934):
In Salzburg:
- Baulager Fuscher Lacke: 205 Mann
- Baulager Mittertörltunnel: 180 Mann
- Baulager Wegscheid: 110 Mann
- Baulager Wintergrube: 75 Mann (war bereits knapp unter dem Hochtortunnel in 2 626 m Höhe), mit einem Steinbruch
In Kärnten:
- Baulager Hochtor: 220 Mann, mit einem Steinbruch
- Baulager Viehbühel: 94 Mann
- Baulager Fallbichl: 310 Mann
- Baulager Guttal: 210 Mann
- Baulager Kasereck: 40 Mann
Die Eröffnung der Straße
- Hauptartikel Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße
Nachdem seit Herbst 1933 an der Scheitelstrecke zu arbeiten begonnen wurde, konnte dann im Sommer 1935 die Großglockner Hochalpenstraße am 3. August 1935 eröffnet und tags darauf mit einem internationalen Auto- und Motorradrennen in Betrieb genommen werden.
Daten und weitere Bauverlauf
- Hauptartikel Baukosten und Beschäftigungszahlen
Die Glocknerstraße kostete einschließlich des Ausbaus der Zufahrten 910 Mio. öS (Geldwert 1990), um 7 Mio. öS weniger als der Voranschlag.
In 26 Baumonaten wurden 870 000 Kubikmeter Erde und Fels bewegt, 115 750 Kubikmeter Mauerwerk geschaffen, 67 Brücken gebaut und ein Straßentelefon mit 24 Sprechstellen installiert. Die Arbeiter leisteten 1,8 Millionen Arbeitsschichten.
Im Frühjahr 1936 wurde mit der Verlängerung der Gletscherstraße vom Parkplatz Kaiser-Franz-Josefs-Höhe I zum Parkplatz Freiwandeck und mit dem zweibahnigen Ausbau der Edelweißstraße begonnen sowie die halbe Straßenlänge mit einem staubfreien Belag versehen.
1937 konnte der Promenadenweg vom Parkplatz Freiwandeck zum Wasserfallwinkel oberhalb der Pasterze (heute Gamsgrubenweg) eröffnet werden.
Trotz des Anschlusses Österreich an Deutschland konnte 1938 Staubfreimachung der Straße abgeschlossen werden. Es wurden größere Parkplätze errichtet und der zweibahnige Ausbau der Edelweißstraße weitergeführt. Dieser Ausbau konnte allerdings erst nach Ende des Zweiter Weltkrieg fertiggestellt werden.
Ab 1945 wurden die Fahrbahnbreite auf 7,50 m, in den Kehren auf zehn Meter und in bereits umgebaute Kehren auf 15 Meter Halbmesser erweitert. Zwischen 1961 und 1963 konnte etappenweise das Parkhaus Freiwandeck neben dem ehemaligen Parkplatz Freiwandeck auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe in Betrieb genommen werden.
Eine Ausstellung Bau der Großglockner Hochalpenstraße befindet sich bei der Fuscher Lacke in einem ehemaligen Wegmacherhaus.
Bilder
Großglockner Hochalpenstraße Baugeschichte – Sammlung von weiteren Bildern, Videos und Audiodateien im Salzburgwiki
Quellen
- Wallack, Franz: Die Großglockner Hochalpenstraße - die Geschichte ihres Baues, zweite Ausgabe, anlässlich der 25-Jahr-Feier der Großglockner Hochalpenstraße, 1960, Springer Verlag, Wien
- Georg Rigele: Großglockner Hochalpenstraße: Zur Geschichte eines österreichischen Monuments
- Buch Großglockner Saumpfad Römerweg Hochalpenstraße
- anno.onb.ac.at, Salzburger Volksblatt vom 5. August 1935 über die Eröffnung und das Rennen
Einzelnachweis
- ↑ ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 30. September 1924, Seite 4
- ↑ ANNO, Ausgabe vom 31. Dezember 1928, Seite 2
- ↑ www.geschichtewiki.wien.gv.at
- ↑ hier nachzulesen ANNO, Salzburger Volksblatt, Ausgabe vom 30. August 1930, Seite 10
- ↑ Beschreibung des 29. und 30. August 1935 siehe ANNO, Salzburger Chronik, Ausgabe vom 30. August 1930, Seite 11
Baugeschichte im Überblick
Amtshandlung in Mittersill · Bau der Nordrampe · Bau der Scheitelstrecke · Bau der Südrampe · Bauzeiten und Freigaben der Streckenabschnitte · Eröffnung der Nordrampe · Erstbefahrung der halbfertigen Trasse · Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße · Persönlichkeiten · Straßenfernsprecher · Variantenstreit · Baukosten und Zahlen der Beschäftigten beim Bau