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Auf Genießerskitour neben der Piste in der Region Dachstein West

Der Skitourenboom brachte auch in Skigebieten ein Umdenken. Früher oft belächelt oder gar nicht willkommen, haben Seilbahner begonnen, diesen Gästen entgegenzukommen. Rußbach in der Region Dachstein West ist ein Musterbeispiel.

Im Skigebiet Dachstein West sind Skitourengeher willkommen. Die Region kann bei gutem Wetter auch mit dem beeindruckenden Panorama des Gosaukamms punkten.
Im Skigebiet Dachstein West sind Skitourengeher willkommen. Die Region kann bei gutem Wetter auch mit dem beeindruckenden Panorama des Gosaukamms punkten.

Je später der Naturschnee fällt, desto größer wurde in den vergangenen Jahren jeweils ab dem Spätherbst der Andrang von Tourengehern in leicht erreichbaren Skigebieten. Die Wintersportler wollten auf den beschneiten Pisten möglichst früh in die Saison starten, da waren gewisse Konflikte programmiert. Wenn Pisten im Aufstieg an unübersichtlichen Stellen gequert werden oder mehrere Personen nebeneinander gehen, können brenzlige Situationen mit anderen Skifahrern entstehen. Lebensgefährlich ist es, die Pistensperre zu ignorieren - wegen der Seile bei der Windenpräparierung.

Manche Liftbetreiber reagierten mit (zeitweisen) Verboten für Tourengeher, doch inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Nicht wenige Skiregionen haben ein Angebot geschaffen, das über die Duldung von Pistengehern hinausgeht. Das Skigebiet Dachstein West (Rußbach und Annaberg im Tennengau, Gosau im angrenzenden Oberösterreich) geht seit dem vergangenen Winter gleich mehrere Schritte weiter: Man bemüht sich extra um die Pistengeher, inklusive Testcenter für Leihausrüstung und eines Angebots an gesunder Verpflegung.

Rupert Schiefer (56), seit Mai 2020 Geschäftsführer der Skiregion Dachstein West: "Wir haben schon vor der Coronapandemie gesagt, wir wollen eine eigene Tourenstrecke. Wir wollen niemanden ausschließen." Das Credo lautet, dass alle willkommen sind, egal ob Skifahrer, Tourengeher oder Schneeschuhwanderer. "Tourengeher sind oft auch Skifahrer, das ist ja ein Hybridsport", sagt der Manager, der lange bei Atomic tätig war. Er erinnert daran, dass anfangs auch über Snowboarder viel geschimpft wurde, weil sie viel Platz brauchten. Tatsächlich hätten die damals oft als "Brettlfahrer" belächelten Boarder aber den geschnittenen Schwung zum alpinen Skifahren gebracht.

In Rußbach ist die Skitourenstrecke eine präparierte Pistenraupenspur für den Aufstieg - von der Talstation aus gesehen - links neben der Piste der Hornbahn. Schiefer: "Sie ist durch einen Schneewall von der Piste abgegrenzt, daher können auch mehrere Tourengeher problemlos nebeneinander gehen." Die Strecke ist 3,6 km lang und überwindet 630 Höhenmeter. Sie ist nie so steil, dass Serpentinen oder Spitzkehren nötig wären, daher ist sie auch für Anfänger geeignet. Das Tempo kann ohnehin jeder selbst wählen. Im oberen Bereich gibt es heuer eine Verbesserung: Ein steilerer Abschnitt kann anstatt neben der Piste - in Aufstiegsrichtung links - über einen Weg durch den Wald gemütlicher bewältigt werden. Von der Bergstation sind es noch rund 50 Höhenmeter auf den Gipfel des Hornspitz (1433 m). Das Stück werde gern noch mitgenommen, um oben zu rasten und zu jausnen, erzählt Bettina Plank, Marketingchefin Dachstein West.

Bild: SN/dachstein west
„Wir wollen niemanden ausschließen“, sagt Rupert Schiefer, Geschäftsführer der Skiregion Dachstein West in Rußbach.

Ein Aufstieg kostet acht Euro (außer man hat schon eine Liftkarte). Am Ausgangspunkt gibt es einen Automaten, an dem fix ein Mitarbeiter der Seilbahn bereitsteht. Die Saisonkarte für Tourengeher kostet 80 Euro. Geöffnet ist die Tourengeherstrecke in der Saison täglich von 8.30 Uhr bis 17 Uhr, am Donnerstag bis 19 Uhr (die Pistensperre beginnt dann erst um 20 Uhr). Die Abfahrt ist nur auf der Piste 1 erlaubt.

Insgesamt gehe es darum, die Tourengeher gut zu kanalisieren, sagt Liftchef Schiefer. Das Ganze müsse professionell gemacht werden. So ist auch schon der Parkplatz für Tourengeher extra ausgeschildert (oberhalb der Talstation der Kabinenbahn). Zwei weitere Pluspunkte: Erstens ist die Strecke lawinensicher. Ein Verschüttetensuchgerät ist nicht nötig, aber es ist günstig, sich in sicherem Gelände damit vertraut zu machen. Zweitens ist das Panorama mit Dachstein und Gosaukamm grandios, obwohl das Skigebiet selbst gar nicht so hoch liegt. Das Konzept kam schon in der ersten Saison gut an. Rund 12.000 Aufstiege gab es vergangenen Winter. Die Kombination mit Liftfahrten, wie es anderswo teilweise angeboten wird, habe man überlegt, als Problem sieht Schiefer da den Preis.

Rußbach bietet sich - ähnlich wie die Strecke an der Rote-8er-Bahn in Wagrain-Moadörfl - auch für Leute an, die Tourenski einfach einmal probieren wollen. Gemeinsam mit dem Hersteller Atomic betreibt die Firma Checkpoint Sport in der Talstation in Rußbach das "Atomic Backland Test-Center". Es ist jeweils von Donnerstag bis Sonntag geöffnet (Do 10-21 Uhr, Fr 10-16 Uhr, Sa und So 8.30-16 Uhr), die Leihgebühr halbtags beträgt 21 Euro, ganztags 27 Euro, für Schuhe zehn Euro extra. Rechtzeitige Anmeldung wird empfohlen, damit genügend Material verfügbar ist.

Abgerundet wird das Angebot durch Kulinarik. Im vergangenen Winter waren das die "Speis", die bei der Bergstation Burger bietet, und bei der Talstation ein Foodtruck, bei dem es Essen von Indigo gab. Heuer wird die Liftgesellschaft den Foodtruck selbst betreiben, aber es werde jedenfalls Wert auf gesunde Ernährung gelegt. "Das ist uns ganz wichtig", betont Schiefer.

In einem Monat sollte die Tourengeherstrecke Rußbach schon in Betrieb sein, am 4. Dezember ist der Saisonstart geplant. Für die Schneesicherheit auf der Verbindung zwischen Rußbach und Annaberg wurde vorgesorgt, bei der Franzlalm wurde ein neuer Speicherteich errichtet. Mehrere Millionen Euro wurden investiert, damit der Bereich nun beschneit werden kann.

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