Eine Branche atmet auf. Trotz Maske im Gesicht. Denn der Nebel hat sich gelichtet. Das Regelwerk, vom Bund für die Saison vorgegeben, steht. Mit 15. November hat es Gültigkeit. Der nächste Winter unter Coronabedingungen startet also. Beim Après-Ski gelten die gleichen Regeln wie in der Nachtgastronomie. Die Formel lautet: 2 G. Nur Geimpfte und Genesene erhalten Zutritt. Wir unterhielten uns mit Erich Egger. Er ist Vorstand der Schmittenhöhebahn AG in Zell am See und Sprecher der Salzburger Seilbahnbranche.
Es wird kein Solowinter für Einheimische mehr? Erich Egger: Nein. So leid es mir für die Einheimischen tut. Sie haben uns ja bestätigt, wie gut die Pisten waren und wie schön es zum Skifahren war. Aber die Infrastruktur, die wir uns über Jahre aufgebaut haben, könnten wir uns mit so wenigen Gästen gar nicht leisten. Demzufolge müssen wir an die Einheimischen appellieren, auch bitten, zu bedenken: Wir brauchen ganz einfach eine bestimmte Anzahl an Gästen, damit diese Infrastruktur aufrechterhalten und damit sie erneuert werden kann. Aber ich glaube, die meisten wissen das.
Ihre Branche hat fußend auf dem Winter 2020/21 die Geschäftsbedingungen neu formuliert. Warum? Das ist korrekt. Und zwar in Bezug auf die landesweit gültige Salzburg Super Skicard (SSC). Wir haben gesehen, dass wir im Winter 2019/20 mit der Sperre ab 15. März eine Lücke in den AGB haben. Die Lücke haben wir dann schon für letzten Winter korrigiert und es ist auch jetzt so, dass wir die AGB neuerlich angepasst haben. Niemand von uns konnte ja diese spezielle Coronasituation erwarten.
Die Branche fährt wegen der Coronasituation größere Projekte neuerlich zurück? Wer baut im Moment? Da sind die Ersatzanlagen, zum Beispiel in Filzmoos der Mooslehen-Sechser-Sessellift oder die Flying Mozart in Wagrain - das ist das größte Projekt, das jetzt realisiert wird. Der Neubau der Zwölferhornbahn in St. Gilgen ist auch schon im Vorfeld geplant gewesen. Das sind Projekte, die für die jeweiligen Orte und Skigebiete immense Bedeutung haben.
Aber es wurden viele andere Projekte in der Branche zurückgestellt, weil man zuerst einmal wissen wollte, wie es weitergeht.
Ersatzanlagen werden zu bauen sein, denn wenn die Konzession abläuft, musst du den Betrieb einstellen und den alten Lift abtragen. Du kommst also nicht darum herum, eine Investition zu tätigen. Auch bei uns steht so etwas an. Auf der Schmitten wird die Sonnkogelbahn, die bald vierzig Jahre alt ist, zu erneuern sein.
Stichwort Wagrain. Da gab es Kritik nach Bildern von der Baustelle. Es hieß: "Verwüstung, enormer Eingriff!" Ich habe bei der Salzburger Seilbahntagung darauf hingewiesen und versucht, das Bewusstsein der Kollegen zu schärfen. Viele Menschen sind mit Großbauten nicht vertraut. Wenn heute eine Leitung gelegt wird, wenn eine Station gebaut wird, dann ergibt sich ein entsprechender Aushub. Dass es dann zwei, drei Jahre später wieder begrünt und laut den Vorgaben gestaltet ist, das wissen die wenigsten. Und natürlich, wenn jemand mit Bauen nicht vertraut ist und jeden Eingriff als Sakrileg empfindet, dann schockiert das. Darum ist meine Empfehlung: Verzichten wir auf diese Darstellung, weil es für viele eben irritierend ist. Es ist vielleicht genau der falsche Zeitpunkt, während der intensivsten Bauphase so ein Projekt zu zeigen. Das soll man tun, wenn es fertig ist, begrünt ist, alles sauber ist und auch all die Baumaschinen endgültig weg sind.
In Zeiten der Pandemie ist oft von Regionalität und einer neuen Form von Tourismus die Rede. Auf dem Fuße folgte aber die Kritik, die Seilbahnen wären "Treiber" eines "Immer-mehr": mehr Betten und mehr Chalets. Die Hoffnung, dass sich durch die Pandemie alles verändert, habe ich nicht. Wir sind in einem gewissen Rahmen auch von einer entsprechenden Anzahl von Gästen abhängig, die wir zur Erhaltung der Skigebiete brauchen. Das heißt, ab soundso viel Skifahrern am Tag und Übernachtungen kann man ein Skigebiet, kann man eine Tourismusregion betreiben. Und das sind sicher keine kleinen Zahlen. Die Frage, die sich stellt, ist, ob man das Wachstum bei Betten oder Appartements bremsen kann oder zumindest eine Zeit lang einen gewissen Stopp einführt. Und da bin ich schon wieder optimistischer, dass das möglich ist, denn in den Boomjahren vor Corona ist sehr viel dazugekommen. Schon damals hat sich die Frage gestellt, ob denn die Auslastung gewährleistet ist. Und: Können wir diese Betten tatsächlich alle füllen? Da glaube ich schon, dass man da etwas machen kann.
Und der Chalet-Wildwuchs? Mir ist kein Seilbahnunternehmen bekannt, das Chalets gefordert hat. Was sicher richtig ist: Du brauchst eine gewisse Anzahl von Gästen täglich oder in einer Saison, damit du ein Seilbahnunternehmen auch ordentlich betreiben kannst.
Man sieht: In Rauris etwa gibt es weniger Gäste und weniger Betten und da tun sich die Rauriser Bergbahnen sehr hart, immer wieder positiv abzuschließen.
Es braucht eine Relation zwischen Bettenzahl und der Größe des Skigebiets oder der Anzahl der Liftanlagen. Aber diese Situation ist von Ort zu Ort und Region zu Region unterschiedlich. Hier bei uns, in der Region Zell am See-Kaprun, gehe ich davon aus, dass wir mit 18.000 Betten für die nächsten Jahre durchaus das Auslangen finden.
Und unser Thema hier ist eben, dass wir, wie es Kapruns Tourismusobmann Christoph Bründl immer sagt, "Gäste mit einer dicken Brieftasche herbringen, dass wir die Wertschöpfung steigern" - aber wir müssen nicht die Zahl der Übernachtungen steigern und auch nicht die der Gäste am Berg.
Wir haben zumindest bis zum Winter 2020 mehr als genug Gäste hier in der Region gehabt. Und die werden großteils auch wieder kommen, weil die Infrastruktur da ist. Weil die Betten da sind. Weil die Appartement-Vermieter da sind. Weil die Hoteliers da sind. Und die wollen die ja wieder füllen. Da steckt ja hinter jedem ein Geschäftsmann, eine Geschäftsfrau.
Ich bin nicht unglücklich, wenn man sagt, wir bewegen uns jetzt auf diesem Level und schauen, unterm Strich Gäste mit mehr Wertschöpfung zu uns zu bringen. Und, dass wir damit dem einzelnen Gast auch eine höhere Qualität bieten können.
Die Skiindustrie meldet abermals Rekordzahlen beim Verkauf von Tourenski. Also Ausrüstung vor allem für Sportler, die dann entlang und auf den Pisten unterwegs sind. Provokant gefragt: Wer schützt die Skifahrer, die ihre Karte zahlen, vor den Tourengehern, die nichts zahlen? Fast jedes Skigebiet hat für sich Möglichkeiten gesucht, wie man mit dem Thema umgehen kann.
Die einen haben eigene Aufstiegsspuren. Andere spezielle Bereiche in ihrem Skigebiet. Wir in Zell am See den Ronachkopf. Der durch Corona ausgelöste Tourenboom wird nachhaltig sein. Alle, die sich so eine Ausrüstung gekauft haben, sind, da bin ich fest überzeugt, hybrid unterwegs. Sie werden sowohl auf Pisten als auch als Tourengeher im gesicherten Pistenraum unterwegs sein. Oder eben auch in die freie Natur hinausgehen. Diese freie Natur spielt eine ganz entscheidende und große Rolle. Weil: Wenn alle die, die sich eine Tourenausrüstung gekauft haben, ins Lungauer Riedingtal gehen wollten, wo wir letzten Winter tausend Leute am Tag gehabt haben, dann tun wir der Natur nichts Gutes.
Salzburgs Seilbahnwirtschaft in Zahlen
Angebot im Winter 2021/22
52 Skigebiete (ohne Kleinstskigebiete mit Schleppliften):
- Rund 4700 Hektar Skipisten
(rund 0,65% der Salzburger Landesfläche), davon sind etwa 85% technisch beschneibar
* 471 Seilbahn- und Liftanlagen (86 Seilbahnen, 152 Sesselbahnen, 1 Einsessellift, 229 Schlepplifte, 3 Förderbänder)
- 120 Speicherteiche mit rund 6 Mill. Kubikmetern Wasserinhalt
Investitionen
Jeweils etwa ein Drittel der Investitionen der Salzburger Seilbahnwirtschaft entfällt auf Qualität und Komfort der Seilbahn- und Liftanlagen, Erhöhung der Schneesicherheit (Optimierungen, Beschneiung, Speicherteiche), Pisten, Parkplätze, Pistengeräte und Serviceeinrichtungen. In den fünf Ski-amadé-Regionen werden 66 Mill. Euro investiert; allein 37,5 Mill. in den Neubau der Flying Mozart in Wagrain. Neu errichtet, um 10 Mill. Euro, wird auch die Mooslehenbahn in Filzmoos (6er-Sessel).
Beschäftigte
Salzburgs Seilbahnunternehmen beschäftigen 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganzjährig.
Im Winter sind es zusätzlich
2500 Saisonbeschäftigte.