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Drakonische Strafe für Händler, der am Sonntag aufsperrte

70.000 Euro soll Adeg Zell am See zahlen, weil drei AGM-Märkte am Sonntag öffneten. Die Gewerkschaft spricht von einem Exempel, die Wirtschaft von Unverhältnismäßigkeit.

Drakonische Strafe für Händler, der am Sonntag aufsperrte
Drakonische Strafe für Händler, der am Sonntag aufsperrte

Der 27. Dezember 2015 kommt Rudolf Schwarzenbacher, Geschäftsführer der AGM-Märkte in Bad Gastein, Altenmarkt und Maishofen bei Zell am See, teuer zu stehen. Dass er die drei Gastronomie-Großmärkte an diesem Vormittag aufsperrte, um den Pinzgauer und Pongauer Hoteliers und Gastwirten nach den geschlossenen Weihnachtsfeiertagen die Möglichkeit zum Einkauf zu bieten, brachte ihm jetzt eine drakonische Strafe ein. 70.000 Euro soll Schwarzenbacher zahlen, bestätigt Handelsobmann Peter Buchmüller. Denn der 27. Dezember war ein Sonntag.

Diese Strafe ist selbst Buchmüller als Vertreter der sonst eher sonntagsöffnungskritischen Wirtschaftskammer zu viel. "Die Höhe ist absolut nicht gerechtfertigt. Wir lassen uns die Bescheide jetzt zuschicken und wollen als Wirtschaftskammer dagegen vorgehen", kündigte Buchmüller an. Unverhältnismäßig sei die Strafe für ihn aus mehreren Gründen. Zum einen dürfe der Lebensmittelhandel laut der Salzburger Tourismusregelung in den Fremdenverkehrsorten auch am Sonntag vier Stunden aufsperren. "Das gilt zwar für den Einzelhandel, aber kein Mensch kann mir erklären, warum das dem Lebensmittelgroßhandel nicht erlaubt sein soll." Zum anderen komme die immense Strafhöhe nur deswegen zusammen, weil bei Verwaltungsstrafen nach wie vor das Kumulationsprinzip gelte. Das bedeutet, dass Mehrfachbestrafungen für ein Delikt möglich sind. Im Fall der AGM-Märkte sollen drei Geschäftsführer eingetragen sein, weswegen jeder von ihnen den vollen Strafrahmen ausfasste. "Diese Mehrfachbestrafung gehört abgeschafft", sagt Buchmüller. Zudem habe AGM nur ein Mal aufgesperrt. "Bei erstmaligem Verstoß mit voller Härte durchzugreifen kann nicht das Ziel sein." Der Gewerkschaft wolle er ausrichten, dass alle Mitarbeiter befragt worden seien, ob sie arbeiten wollen, und sie den ihnen zustehenden Lohn mit 100 Prozent Zuschlag bekamen.

Gewerkschaft fordert Höchststrafe

Angezeigt hat die Sache, wie berichtet, die Gewerkschaft - und schon damals die Höchststrafe gefordert. "Um ein Exempel zu statuieren", erläutert Gerald Forcher von der Salzburger GPA. "Wenn wir das durchgehen lassen, sperren alle anderen Gastronomiemärkte wie Metro oder der Pfeiffer-Nachfolger Transgourmet auch auf." Angezeigt habe man AGM beim Arbeitsinspektorat und der Bezirkshauptmannschaft, diese Verfahren seien abgeschlossen. Ein weiteres Verfahren beim Handelsgericht wegen unlauteren Wettbewerbs sei im Laufen, hier verhandle man über einen Vergleich. Weswegen Forcher zur Strafhöhe noch nichts sagen will.

Auch die Behörden selbst geben sich bedeckt. Beim Salzburger Arbeitsinspektorat bestätigt man lediglich, einen Strafantrag wegen Verletzung des Arbeitsruhegesetzes bei den betroffenen Bezirkshauptmannschaften St. Johann und Zell am See eingebracht zu haben. Die Strafe berechne sich nach der Zahl der eingesetzten Mitarbeiter. Dass mehrere Geschäftsführer belangt würden, sei geltende Rechtslage. Über die beantragte Strafhöhe dürfe man keine Auskunft geben.

Auch bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann bestätigt man lediglich, dass auf Antrag des Arbeitsinspektorats eine Strafe gegen die beiden Pongauer AGM-Märkte wegen Verletzung des Arbeitsruhegesetzes verhängt worden sei, dazu komme noch eine Strafe nach dem Betriebszeitengesetz laut Gewerbeordnung. Auch hier darf man die Strafhöhe nicht nennen. Zusammen gehe es aber schon um einen "hohen fünfstelligen Betrag".

"Ich habe nur versucht, ein guter Unternehmer zu sein"

Empört reagierte am Donnerstag Sepp Schellhorn, selbst Hotelier und Neos-Parlamentarier. "Wir klagen in Österreich über hohe Arbeitslosenzahlen und die schlechte Stimmung unter den Unternehmern. Und dann werden solche Strafen verhängt." Das könne nur jeden abschrecken, der selbst Unternehmer werden möchte.

Rudolf Schwarzenbacher wollte am Donnerstag wegen des noch laufenden Verfahrens keine Details nennen. "Ich habe nur versucht, ein guter Unternehmer zu sein und eine kundenorientierte Entscheidung zu treffen. Dass ich dafür jetzt niedergeprügelt werde, hat mich schwer enttäuscht." Am Sonntag nach Weihnachten aufzusperren sei ein einmaliger Kundenwunsch gewesen, weil Feiertage und Sonntag direkt zusammenfielen.

Anders als die übrigen heimischen AGM-Märkte, die einst zur Adeg-Gruppe gehörten, sind die vier Salzburger Märkte (Bergheim, Altenmarkt, Bad Gastein, Maishofen) sowie ein Tiroler Markt keine 100-prozentige Tochter der mächtigen Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Adeg, Penny), sondern Teil der eigenständigen Adeg Zell am See GmbH, an der Rewe nur mit 33 Prozent beteiligt ist. Mit rund 300 Mitarbeitern macht man rund 100 Mill. Euro Umsatz im Jahr. Am betroffenen Vormittag sollen es laut Brancheninsidern rund 20.000 Euro gewesen sein. Der Gewinn im Handel liegt gewöhnlich zwischen einem und zwei Prozent.

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