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Zypern-Datenleak: Eine schöne Insel mit vielen Briefkästen

Zypern hat sich als steuerschonender Sitz für Firmen aus aller Welt positioniert. Und fungiert als Schlupfwinkel für russische Oligarchen.

Briefkastenfirmen stehen hoch im Kurs.
Briefkastenfirmen stehen hoch im Kurs.

Auf Zypern kann man einen schönen Urlaub verbringen. Doch der Inselstaat im Mittelmeer setzt nicht nur auf den Tourismus, man bietet Ausländern auch ganz andere Anreize für einen Aufenthalt, allen voran niedrige Steuern, aber auch ein rechtliches Umfeld für diskrete Geschäfte - bis hin zur Möglichkeit, Sanktionen zu umgehen. Darum drehen sich auch die jüngsten Enthüllungen des Recherchenetzwerks ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) und des investigativen Start-ups Paper Trail Media unter dem Titel Cyprus Confidential. Die beteiligten Medien haben über Monate 3,6 Millionen zugespielte geheime Dokumente gesichtet. Zentrale Aussage der Recherche: Vor allem für russische Oligarchen ist Zypern ein bevorzugter Zufluchtsort. Es unterstützt diese mit intransparenten Finanzkonstruktionen dabei, die EU-Sanktionen zu umgehen.

In den Daten finden sich die Namen von zwei Drittel der im "Forbes"-Magazin angeführten rund 100 russischen Milliardären als Kunden zypriotischer Finanzdienstleister. Die Spuren führen dabei auch nach Österreich. Reiche Russen und Ukrainer nutzten in Zypern registrierte Briefkastenfirmen für den Kauf von Häusern und Wohnungen.

So soll etwa der mit Sanktion belegte russische Oligarch Roman Abramowitsch mittels einer verschachtelten Konstruktion eine Villa am Fuschlsee erworben haben. Auch hinter dem über Zypern abgewickelten Kauf des Hotels Panhans am Semmering soll entgegen anderer Behauptungen nicht ein ehemaliger FPÖ-Abgeordneter, sondern ein ukrainischer Oligarch stehen. In den Dokumenten tauchen auch die Namen der Raiffeisen Bank International (RBI) und ihrer Tochter Kathrein auf, über die Geschäfte liefen. Raiffeisen betonte auf Anfrage, dass "man selbstverständlich alle anwendbaren Sanktionen einhält". Man habe Kunden auch nie Dienste zypriotischer Finanzdienstleister empfohlen, heißt es aus der RBI.

Unter den genannten Privatpersonen findet sich auch der Name von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Zu zwei bisher unbekannten Firmen, die ihm zugeordnet werden, sagt sein Anwalt Norbert Wess, eine Gesellschaft sei "einmal kurz ein Thema" gewesen, aber "nicht verwendet und nie operativ tätig geworden". Eine andere sei "gänzlich unbekannt". Die Firmenkonstruktionen auf Zypern seien Teil einer von Grassers früherem Steuerberater aufgesetzten "Stiftungskonstruktion" und gegenüber der Finanz offengelegt worden. Sie waren auch Gegenstand im Finanzstrafverfahren gegen Grasser, das mit einem Freispruch endete. Der Investor Siegfried Wolf soll eine Immobilie in der Wiener Innenstadt über eine in Zypern registrierte Briefkastenfirma erworben haben, kommentieren will das sein Sprecher nicht. Auch der in Wien lebende ukrainische Oligarch Dmitry Firtasch verwaltet seine Unternehmen seit Jahren über Zypern. Sein Sprecher begründet das damit, dass dort Rechtsstaatlichkeit herrsche.

Für Zypern ist das ein Geschäftsmodell

Dass Zypern sich als Destination anbietet, in der Unternehmen und vermögende Privatpersonen Steuern sparen können, ist nicht neu - es ist schon lange ein Geschäftsmodell des Landes, das 2004 der EU beitrat und seitdem im Fokus steht. Zypern punktet mit nur 12,5 Prozent Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne, ist aber auch für Privatpersonen eine attraktive Destination, um Steuern zu sparen.

So können Ausländer, die ihren steuerlichen Wohnsitz nach Zypern verlegen wollen, vom sogenannten "Resident, but not Domiciled"-Status profitieren. Wer diesen erlangt, kann 17 Jahre lang alle Zins- und Wertpapiererträge sowie Dividenden steuerfrei beziehen. Um steuerlich Einwohner Zyperns zu werden, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Entweder hält man sich mehr als 183 Tage im Jahr auf der Insel auf, aber es geht auch anders. Wer mehr als 60 Tage in Zypern verbringt, in keinem anderen Land steuerlich erfasst ist und sich in keinem länger als 182 Tage aufhält, kann seine Einkünfte in Zypern versteuern. Dafür ist es zusätzlich erforderlich, wahlweise Eigentümer einer Limited (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder selbstständig tätig zu sein, ein Gewerbe zu betreiben oder bei einer zypriotischen Gesellschaft angestellt zu sein.

Briefkastenfirmen sind legal

Um als Unternehmen in Zypern registriert zu sein, genügt eine Adresse, an die Post für die zu benennende Geschäftsleitung zugestellt werden kann. Die Gesellschaft muss aber keine wirtschaftliche Tätigkeit entfalten, kann also eine reine Briefkastengesellschaft sein. Sie wird in erster Linie dafür verwendet, um Steuervorteile eines Landes zu nützen - ein legaler Vorgang. Briefkastengesellschaften dienen freilich auch dazu, die wahre Eigentümerschaft von Vermögenswerten zu verschleiern - da beginnt die Grauzone. Steuern zu sparen ist erlaubt, sobald Einkünfte an den Steuerbehörden vorbeigeschleust werden, wird es illegal. Gleiches gilt für die Fälle der sanktionierten russischen Geschäftsleute, die ihr Vermögen über Briefkastenfirmen an den EU-Sanktionen vorbei in einen sicheren Hafen bringen wollen.

Zyperns Regierung will das Bild, willfährige Gehilfin von Steuerhinterziehern und Oligarchen zu sein, zurechtrücken. Erst dieser Tage erklärte man, beim Umgehen von Sanktionen und Gesetzesverstößen "null Toleranz" zeigen zu wollen, um den Ruf des Landes als verlässlichen Finanzplatz zu wahren.

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