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Inflation: Österreich bleibt bei hohen Preisen im Spitzenfeld

Dass die Inflation im April nicht gesunken, sondern weiter gestiegen ist, gibt selbst Ökonomen Rätsel auf. Neben den Mieten schlagen die hohen Preise bei Freizeit und Reisen durch. Und manche Firma streift satte Gewinne ein.

Inflation steigt wieder
Inflation steigt wieder
Die gute Nachricht: Die städtischen Schwimmbäder starteten in Salzburg ohne Preiserhöhung in die Saison. Die schlechte: Nicht nur das kühle Wetter dämpft die Freude darüber, auch stabile Preise bleiben insgesamt gesehen die Ausnahme. Statt der prognostizierten Entspannung brachte der April laut erster Schätzung der Statistik Austria einen neuen Schub bei der Teuerung. Nach 9,2 Prozent im März stieg die Inflationsrate auf 9,8 Prozent im April. "Die Teuerung nimmt zunehmend in den Bereichen Freizeit, Reisen und Dienstleistungen an Fahrt auf", so Statistik-Generaldirektor Tobias Thomas.

Eine "Überraschung" nennt das Wifo-Inflationsexperte Josef Baumgartner. Ob der erneute Teuerungsschub eher die Vorwegnahme von ohnehin für das heurige Jahr geplanten Preiserhöhungen war, weil etwa Dienstleistungsbetriebe ihre ein Mal jährlich durchgeführte Preisanpassung vorzogen, oder "doch ein zusätzlicher Preisschock dazugekommen ist, den wir bisher nicht am Radar hatten", könne er mangels vorliegender Daten derzeit noch nicht sagen, so Baumgartner. Ersteres würde übers Gesamtjahr gesehen die Inflationsrate nicht mehr deutlich nach oben treiben, Zweiteres sehr wohl. Die Details zu den Inflationsdaten legt die Statistik erst in zwei Wochen vor.

Als Preistreiber vermutet Baumgartner neben den von der Statistik genannten Bereichen Freizeit und Reisen - Flugtickets, Pauschalreisen sowie das Angebot der Gastronomie wurden kräftig teurer - auch die Mieten. Dabei sei die Erhöhung der Richtwertmieten - die für Neukunden mit Anfang April, für Bestandskunden mit Mai schlagend wurde - noch gar nicht eingerechnet, weil hier die Erhebung etwa drei Monate Zeitverzögerung mit sich bringe. Mieten zählten bei der Statistik wie Friseure oder Masseure, aber auch Service und Pickerl-Überprüfung im Kfz-Bereich oder Handwerker bei der Wohnungsinstandhaltung zum Überbegriff Dienstleistungen. "Preiserhöhungen gab es wohl überall", sagt Baumgartner.

Rückläufig waren im Vorjahresvergleich die Preise für Treibstoff und Heizöl, bis Herbst dürften auch die Strompreise sinken, sagt Baumgartner, auch bei den Lebensmittelpreisen sei der Höhepunkt erreicht.

In der Gastronomie tue sich zunehmend ein Spalt auf zwischen touristischen und städtischen Regionen, in denen hohe Preise durch die starke Nachfrage verlangt werden könnten, und ländlichen Wirtshäusern, meint IHS-Inflationsexperte Sebastian Koch. Den gut laufenden Tourismus nennen Wirtschaftsforscher ebenso als Grund für die in Österreich besonders hohe Inflation wie das Faktum, dass Österreich anders als andere Länder im Kampf gegen die Teuerung nicht auf Preisdeckelung setzte, sondern auf direkte Hilfen an die Bevölkerung, die die Inflation noch anheizten. "Wirklich gute andere Erklärungen für die in Österreich besonders hohe Teuerung sehe ich derzeit keine", räumt Koch ein.

Dass auch satte Gewinne mancher Unternehmen die Inflation treiben, bestätigen die Wirtschaftsforscher. In der Energiewirtschaft sei das eklatant und auch in der Bauwirtschaft angesichts des Booms im Vorjahr wenig erstaunlich, sagt Baumgartner. "Wenn man drei Mal so viel hätte bauen können, steigen die Preise." Auch die Gewinne der Landwirte seien um fast ein Viertel gestiegen. Einrechnen müsse man da auch das unternehmerische Risiko der Bauern, mit den Einkommen Unselbstständiger sei das nicht vergleichbar. "Bei europaweit niedrigen Marktpreisen sind die Preise für die Bauern in den vergangenen Jahren auch immer wieder kräftig gesunken."

Auch IHS-Experte Koch lehnt das Wort "Gierflation" ab. "Starkes Wachstum wie im Vorjahr treibt immer die Profite schneller, erst dann folgen die Löhne hinterher."

Die ökosoziale Denkfabrik Momentum legte dagegen am Dienstag neue Zahlen vor, dass die "hausgemachte" Inflation (also ohne etwa importierte Teuerung durch Einfuhr von teurem Öl und Gas aus dem Ausland) Ende 2022 bei knapp 6,5 Prozent gelegen sei, wobei nur drei Branchen - Energie, Handel/Tourismus sowie der Bau - für fast drei Viertel der hausgemachten Teuerung verantwortlich seien. Und dabei sei die zusätzliche Wertschöpfung fast ausschließlich als Profit zu den Unternehmen gegangen, während der Beitrag der Löhne verschwindend gering sei, sagt Mattias Muckenhuber, Ökonom am Momentum-Institut. Konkret haben die drei Branchen demnach einen Anteil von 4,8 Prozentpunkten an der hausgemachten Teuerung von 6,5 Prozent. Davon seien 4,6 Prozentpunkte als Profit an die Unternehmen, nur 0,2 Prozentpunkte als Löhne zu den Beschäftigten gegangen.

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