Das hat die Politik geschockt und sogar Ökonomen überrascht: Seit Mittwoch ist klar - die Inflation in Österreich hat im August mit 4,1 Prozent den höchsten Wert seit März 2024 erreicht. Die Verbraucherpreise sind damit mehr als doppelt so stark gestiegen wie in der Eurozone, wo die Teuerung bei 2,0 Prozent lag - genau auf der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB). Klarer Preistreiber war nach dem Wegfall der staatlichen Preisbremse und dem Anstieg der Netzkosten erneut der Strompreis mit einem Plus von 37,2 Prozent. "Die Teuerung ist aber sehr breit aufgestellt", sagt Stefan Hofbauer von der Statistik Austria - beruht also auf vielen Faktoren.
Preisschock: Auf der Suche nach Produkten, die billiger wurden
Die Inflation in Österreich stieg im August auf 4,1 Prozent, doppelt so hoch wie im Euroraum. Doch es gibt sie, die seltenen Preisdämpfer.
Mobiltelefonie um 13 Prozent billiger
Doch auch wenn man genau hinschauen muss: Es gibt Dinge, die billiger geworden sind. Mobiltelefonie etwa kostete im August um 13 Prozent weniger als vor einem Jahr. "Mehr Daten bei oft gleichen Preisen" seien da wohl ausschlaggebender gewesen als sinkende Tarife einzelner Anbieter, meint Hofbauer. Das gilt auch für Notebooks, die um 11,3 Prozent im Jahresvergleich günstiger waren - in dem Fall wegen immer weiter steigender Rechnerkapazität. E-Bikes kosteten nach enormem Boom, Lieferkettenproblemen und stark steigenden Preisen während der Coronajahre im August 15,1 Prozent weniger als ein Jahr davor. Ebenso Olivenöl (-15,4 Prozent), das zuvor ebenfalls einen dramatischen Preisschub erlebt hatte. Günstiger wurde auch Brennholz (-6,7 Prozent), Grund waren hier große Schadholzmengen sowie geringer Heizbedarf im vergangenen Winter.
Treibstoffpreise hätten stärker sinken müssen
Stärker gebremst als solche Ausreißer haben die Inflation im August die um 3,2 Prozent gesunkenen Treibstoffpreise. Freilich, dieser Effekt war in den Vormonaten deutlich höher. Gemessen am Rückgang der Rohölpreise infolge der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump sei der dämpfende Effekt zu gering ausgefallen, findet Sebastian Koch, Ökonom am Institut für Höhere Studien (IHS). "Mir fehlen drei Zehntelprozentpunkte", sagt der Inflationsexperte, das habe zum hohen August-Wert beigetragen. Einfach die Tankstellen dafür verantwortlich zu machen, greife zu kurz, sagt er. Eine klare Begründung für die Entkoppelung der Rohölpreise und der Kosten für Sprit, die seit dem Sommer zu beobachten sei, gebe es freilich nicht.
Ausgefallen ist im August die Bekleidung als Preisdämpfer, die Preise stiegen um 4,5 Prozent. In den drei Monaten davor waren Textilien um 1,1 Prozent günstiger geworden. Eine exaktere Erhebungsmethode hat laut Hofbauer zu einem rein "statistischen Ausreißer" geführt. Die Preise bekäme man jetzt auch über Scanner großer Textilketten, und das über drei Wochen und nicht wie bisher in einer Woche Testeinkauf. Im Vergleich verfälsche das die Ergebnisse.
Keine Entspannung bei Lebensmittelpreisen
Keinerlei Entspannung zeichnet sich bei den Lebensmittelpreisen ab, sie gingen gleich 4,5 Prozent nach oben, mitsamt alkoholfreier Getränke gar um 5,2 Prozent. Das Thema beschäftigt längst auch die Politik. Die Ursachen aber hätten sich verlagert, sagt Wifo-Agrarexperte Franz Sinabell. "Es kommen einem die Tränen", formulierte es der sonst nüchterne Ökonom am Mittwoch dramatisch. "Wir haben gedacht, dass der starke Preisauftrieb bei den Lebensmitteln aufhören würde. Doch seit die erste Preiswelle bei Agrargütern aus dem Inland abflaut, haben wir es mit einer weiteren Teuerungswelle zu tun, die jetzt aus dem Ausland zu uns herüberschwappt." Zwar seien die Preise im Inland etwa für Weizen oder Zucker zuletzt gesunken. Aus dem Ausland importierte Agrargüter wie Kaffee, Kakao oder Südfrüchte erlebten dafür eine Preisexplosion. Auf der anderen Seite, so Sinabell, ließen hohe Exportmengen und starke Nachfrage aus dem Ausland auch in Österreich Produkte wie Fleisch (+6,2%) sowie Milch, Eier und Käse (+7,5%) im August kräftig teurer werden. Hier gab es europaweit enorme Preissteigerungen. Hintergrund waren neben etwaiger Seuchen vor allem die stark rückläufige Rinderproduktion in großen Märkten wie den Niederlanden oder Frankreich. Auch bei Eiern kam es zu einer Verknappung des Angebots infolge der Geflügelpest. Dazu kam ein extremer Protein-Hype, der zunehmend nicht mehr durch Erbsenprotein gedeckt werde, sondern durch Milchprodukte, Eier und Fleisch. Und, so der Agrarexperte, all diese Faktoren - ob Klimawandel und schlechte Ernten, Protein-Boom oder europaweit sinkende Rinderbestände - würden mittelfristig nicht geringer werden, wohl eher im Gegenteil. Gut für die Bauern, meint Sinabell, "die hier sicher gute Absatzchancen haben werden", aber schlecht für Konsumentinnen und Konsumenten. "Für die wäre es positiv, wenn das Freihandelsabkommen Mercosur kommt - und damit ein etwas weniger knappes Angebot, etwa bei Rindfleisch." Dazu komme noch, dass der Anteil, den Agrarrohstoffe am Lebensmittelpreis haben, sinkt - durch höhere Lohnkosten in der Verarbeitung und im Handel.
Stärker als in Österreich stiegen die Preise im August nur in Rumänien (8,5%), Estland (6,2%), Kroatien (4,6%), der Slowakei (4,4%) sowie Lettland und Ungarn (4,2%).