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E-Mobilität: Lastwagen werden langsam elektrisch

Der Frachtverkehr gilt als besonders umweltbelastend. Bemühungen, den Lkw zu elektrifizieren, gibt es, doch es ist noch weit bis ans Ziel.

MAN lieferte im Vorjahr weltweit 86.000 Diesel-Trucks aus.
MAN lieferte im Vorjahr weltweit 86.000 Diesel-Trucks aus.

Transport- und Frachtverkehr laufen vor Weihnachten zur Höchstform auf. Turbo für den globalen Warenaustausch ist auch heuer wieder der Shopping-Marathon der laufenden Black Week, die gegen Ende der Woche im Black Friday gipfeln wird. Auf den Straßen wird es damit nicht nur dicht. Mehr noch als beim Auto ist im Fracht- und Fernverkehr der umweltfreundlichere Elektro-Lkw noch ein Nischenprogramm.

Elektrifizierte Brummis sind schwer in der Unterzahl. "Europaweit sind vielleicht 2000 Stück unterwegs", sagt Rudi Kuchta, Österreich-Geschäftsführer von MAN, der Lastwagen- und Bustochter des Volkswagen-Konzerns. Zum Vergleich: MAN lieferte im Vorjahr weltweit 86.000 Diesel-Trucks aus. Der Markt in Österreich liegt bei 8000 Lkw-Neuzulassungen im Jahr.

Untätig sind die Hersteller nicht. Die Entwicklung und das Angebot von "grünen" Brummis nehmen immer mehr Gestalt an. Während Daimler Truck vor wenigen Tagen die Entwicklung eines Brennstoffzellen-Lkw bekannt gab, will MAN seinen ersten schweren Elektro-Lkw, der Ende 2023 präsentiert wurde, nun ab kommendem Jahr in Serie ausliefern. Die Reichweite der elektrischen Zugmaschine mit gut 400 Kilowatt Leistung wird mit 400 bis 500 Kilometern angegeben. Das Aufladen soll in einer bis zwei Stunden erledigt sein. Wobei die E-Trucks von MAN mit einem modularen Batteriesystem ausgestattet sind. Je nach Einsatzbereich oder Bedarf könnten bis zu sieben Batterien oder eben auch weniger eingebaut werden, erklärt Kuchta. Hergestellt werden die Batterien im eigenen Werk in Nürnberg, auf bis zu 100.000 Einheiten pro Jahr ist die Kapazität ausgelegt.

Deutlich niedrigere Mautkosten beim E-Lkw

In der Frächterbranche sieht man die Entwicklungen positiv, "die Bereitschaft, auf Elektro umzusteigen, ist zu 100 Prozent da", betont der Spartenobmann für Verkehr und Transport in der Wirtschaftskammer Österreich, Alexander Klacska. Freilich aber müssten die neuen Fahrzeuge so einsetzbar sein wie der Bestand und die Investitionen finanziell auch darstellbar sein.

Reizvoll, gibt Klacska zu, seien vor allem die deutlich niedrigeren Mautkosten beim Elektro-Lkw, der Abgas- und CO₂-Anteil sinke auf null, der Infrastrukturanteil sei um 75 Prozent ermäßigt. Damit komme ein Elektro-Lkw auf insgesamt 10,67 Cent Maut pro Kilometer, erklärt Klacska, "beim normalen Fünf-Achs-Lkw sind es 47,3 Cent". Je höher die Kilometerleistung also, desto attraktiver werde die Mauterleichterung, die ein Elektrobrummi mit sich bringe. Bremsen würden die Elektrifizierung des voll ausoptimierten Fernverkehrs aber andere Dinge, etwa ein Schichtwechsel von maximal einer Stunde und ein noch lückenhaftes Ladenetz.

50.000 Ladepunkte bis 2030

Das kennt man auch bei MAN. Dort geht man von einem europaweiten Bedarf an Lkw-tauglichen Ladepunkten bis 2030 von gut 50.000 aus, bei einem Status quo von "in etwa 1000", so Kuchta. Die Infrastruktur sei zwar dieselbe wie für das E-Auto, "aber der Platzbedarf eines Lastwagens ist halt deutlich größer". Fürs öffentliche Laden auf den Rastplätzen bräuchte es eine eigene Spur, aktuell seien die Plätze wegen der einzuhaltenden Nachtruhe ständig voll.

Ausgebaut aber wird. MAN rüstet in Österreich 15 eigene Stationen in Kooperation mit dem Energieversorger E.ON um, die ersten fünf sollen 2025 einsatzbereit sein. Und auch bekannte Tankstellenmarken sehen Zukunft in der Versorgung von Elektrobrummis: Anfang November eröffnete Shell einen Hybrid-Ladepark für Lkw und Pkw in Ilz in der Steiermark. Von zwölf Ladepunkten sind vier speziell für Lkw ausgerichtet, "mit Ultraschnellladesäulen", wird betont.

Im ersten Zug sieht man bei MAN in Österreich beim lokalen Fernverkehr oder im Verteilerverkehr wie bei Müll- oder Milchtransportern die größten Chancen, für die Elektrifizierung zu begeistern. Transportsprecher Klacska ist da nicht uneingeschränkt optimistisch und gibt zu bedenken, dass eine Elektro-Lkw-Flotte, die tagsüber unterwegs ist und zum Übernachtladen in die Zentrale zurückkehrt, leicht zu einer Überbelastung der Stromnetze führen könnte. "Ich denke, wir haben nicht die Stromnetze dazu, dass wir das schaffen können."

Kosten bei Anschaffung sind zweieinhalb Mal so hoch

Interessant wird es allerdings wieder bei den Anschaffungskosten eines Elektrotrucks, zumal es in Österreich dafür seit drei Jahren auch dank EU-Unterstützung einen mit 380 Mill. Euro gefüllten Fördertopf gibt. Anders als beim Pkw - bei dem sich die Kaufpreise zwischen E-Auto und Verbrenner bald angleichen dürften - klaffen zwischen Diesel-Lkw und Elektrozugmaschine noch Welten. "Ein Sattelzug um 120.000 Euro kostet in der Elektroversion gut 300.000 Euro", sagt Kuchta - und somit das Zweieinhalbfache. Hier springt derzeit die Forschungsförderungsgesellschaft ein und ersetzt die Differenz zum Verbrennerpreis zu 80 Prozent. Im kommenden Jahr sind im Rahmen des Förderprogramms "Emissionsfreie Nutzfahrzeuge und Infrastruktur" (ENIN) zwei neue Aufrufe geplant. Gefördert, so Kuchta, würden auch Elektrotransporter, etwa solche, wie sie die Post im Einsatz hat.

Frächtersprecher Klacska würde mehr Sinn darin sehen, den Fokus der Förderprogramme verstärkt auf innerbetriebliche Logistik zu lenken. "Man würde sich viel leichter damit tun, stationäre Dinge im Bereich der Logistik umzustellen, als in die Fläche zu gehen, das ist das Schwierigste", sagt Klacska. Ein Koch könne auch nicht ganz allein in sieben Stunden ein siebengängiges Menü zaubern, "und derzeit sind auf der Straße noch viel zu viele Dinge auf den Diesel eingestellt".

Auch beim Hersteller MAN wird das Zugpferd fürs Geschäft noch länger der Diesel-Lkw bleiben. Neben der Serienfertigung der Elektrotrucks kommt nächstes Jahr auch ein neuer Dieselmotor auf den Markt. Anreize werden gebraucht. Die vergangenen Monate seien wegen der schwachen Wirtschaftsentwicklung, etwa am Bau, nicht einfach gewesen, erklärt MAN-Chef Kuchta. Um gut 30 Prozent sei der Absatz heuer eingebrochen.

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