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Mahlzeit! Mayr-Melnhof und Turnauer: Diese Dynastien setzen auf Küchen "Made in Austria"

ewe Küchen, Nummer 3 am Markt, ist wieder österreichisch. Warum mit Mayr-Melnhof und Turnauer bekannte Größen auf heimische Produktion setzen - und das in einem zuletzt einbrechenden Markt.

Küchen regen den Appetit des heimischen Industrieadels an.
Küchen regen den Appetit des heimischen Industrieadels an.

Das Küchengeschäft war über Jahre vor allem eines: stabil, aber eher stagnierend. Eine Küche kaufte, wer ein Haus baute oder eine Wohnung kaufte - oder sich nach Jahren in meist gesetzterem Alter eine schönere leisten konnte. Die vergangenen drei Jahre haben das auf den Kopf gestellt. In Folge der Coronapandemie und ihrer Lockdowns entdeckten viele die Küche als zentralen Lebensraum, Investitionen in eine schönere Küche boomten - auch weil man Geld nicht für Reisen oder Freizeit ausgeben konnten. Lieferkettenprobleme verstopften wenig später den Markt, es fehlten Küchengeräte. 2023 folgte der massive Einbruch.

Wurden im Jahr 2022 österreichweit noch 210.000 Küchen verkauft, waren es im Vorjahr nur noch 170.000, so Marktforscher Andreas Kreutzer. "Und dabei wirkten sich die Einbrüche im Wohnbau noch gar nicht aus, weil die Küche ja erst nach Fertigstellung eingebaut wird." Vielmehr sei das Austauschgeschäft um ein Viertel eingebrochen, so Kreutzer. "Das ist der massivste Einbruch in den über 25 Jahren, seit wir Küchendaten erheben." Die Leute würden ihr Geld zuletzt lieber für Reisen und Freizeit ausgeben. Und: Die Küchenpreise seien extrem gestiegen. "Auf einmal zahlt man 25 bis 30 Prozent mehr", sagt Kreutzer. Eine Küche aber tausche man selten, weil sie kaputt ist, sondern weil man sich eine neue leisten will. "Das kann man verschieben."

"Natürlich spüren wir den rückläufigen Markt, auch wenn wir über lange Zeit hohe Auftragsbestände abarbeiten konnten", sagt ewe-Geschäftsführer Andreas Hirsch. Der oberösterreichische Küchenhersteller mit Werken in Wels und Freistadt hat die Mitarbeiterzahl von rund 350 auf 320 reduziert. Seit Herbst hat man mit dem Betriebsrat zudem ein freiwilliges Kurzarbeitsmodell vereinbart. "Jeden zweiten Freitag steht das Werk, ein Mal im Monat als geschenkter Urlaubstag, den zweiten auf Kosten der Mitarbeiter", schildert Hirsch. Zumindest über den Sommer werde man so die Produktion weiter drosseln.

Mittelfristig freilich sieht Hirsch in der heimischen Küchenproduktion großes Potenzial. "Küchen sind doch ein sehr regionales Geschäft", sagt er. Von der Korpus-Höhe über das Material bis zum Design seien die Vorlieben selbst in Europa in jedem Land recht unterschiedlich. "Und die Leute schätzen heimische Qualität. Eine Küche hat man ja für oft 25 bis 30 Jahre, das ist deutlich länger als jedes Auto." Bei ewe werde jede Küche nur nach Auftrag und nach individuellen Wünschen gebaut. Den Marktanteil - hinter Dan und der deutschen Nobilia, die vor allem Handelsmarken produziert, ist man in Österreich die Nummer 3 - habe man in den vergangenen Jahren auf rund 13 Prozent kontinuierlich steigern können. Und man will weiter zulegen.

Das hat für Hirsch durchaus auch eigennützige Gründe. Seit Ende März gehören ihm und dem übrigen ewe-Managementteam 20 Prozent am Unternehmen. Die Mehrheit halten mit je 40 Prozent die Industrieliegenschaftsverwaltung Ilag der Familie Turnauer (Constantia-Gruppe) und die Franz Mayr-Melnhof-Saurau Holding (Forst) - also quasi heimischer Industrieadel.

Hintergrund war eine Strategieentscheidung des schwedischen Eigentümers Nobia, der ewe 2005 vom oberösterreichischen Firmengründer kaufte, erläutert Hirsch. Der schwedische Küchenkonzern investiere viel Geld in den skandinavischen und englischen Markt, auch für den Bau einer voll automatisierten Fabrik in Jönköping. Dafür braucht man Geld: Für 24 Mill. Euro wurde daher auch die Österreich-Beteiligung verkauft.

Statt kurzfristigen Gewinns - wie zuvor bei der börsenotierten Mutter - zähle für die neuen Haupteigentümer jetzt die langfristige Strategie. Punkten will man mit der Österreich-Karte, denn Regionalität, Nachhaltigkeit und Service vor Ort seien gefragt, ist Hirsch überzeugt. In den vergangenen fünf Jahren etwa habe man durch modernere Maschinen, PV-Anlagen und Energiemanagement 60 Prozent des CO₂-Ausstoßes reduziert. "Viel einfacher zu argumentieren ist, dass wir zu 100 Prozent in Österreich herstellen. Und ob Holz, Spanplatten oder Beschläge, das meiste kommt von heimischen Lieferanten."

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