Nur die ChatGPT-Lizenz zu kaufen reicht nicht: Künstliche Intelligenz (KI) ist an den Schulen längst angekommen - vor allem bei Schülerinnen und Schülern. Didaktik-Expertin Elke Höfler über das Lernen und Lehren der Zukunft.
Die Lehrer fürchten sich momentan eher vor KI - weil sie nicht mehr wissen, was Schüler wirklich selbst gemacht haben. Wie kann uns künstliche Intelligenz vielleicht sogar beim Lernen helfen? Elke Höfler: Da gibt es viele Möglichkeiten. Schülerinnen und Schüler können die KI etwa als Lernbuddy nutzen. Oder als Nachhilfelehrerin. KI-Tutoren können beim Lernen unterstützen. Man kann damit für jeden und jede einen eigenen Lernpfad entwerfen. Eine Herausforderung kann es auch sein, wenn KI sofort die Antworten liefert. Denn auch beim Herumprobieren lernt man.
Wie kann KI Lehrerinnen und Lehrern helfen? Sie können Aufgabenstellungen auf die Interessen verschiedenster Schüler anpassen. Man kann Feedback mündlich eingeben und sich das von der KI verschriftlichen lassen. In routinemäßigen Arbeiten wird man wohl entlastet. Es gibt auch neue Herausforderungen: Denn wie ist die KI zu ihrem Bild oder Text gekommen?
Wie kann man es Lehrern einfach machen, sich dem Thema zu widmen? Wichtig ist, sich darüber im Klaren zu sein, dass man mit, über, durch, trotz und auch ohne KI lernen kann und soll. Da uns KI aber schon täglich begleitet, etwa in den Suchergebnissen oder bei Empfehlungssystemen beim Einkaufen, ist es wichtig, sich mit ihr im Beruf wie im Privaten zu beschäftigen. Wie damals mit dem Internet. Die KI ist gekommen, um zu bleiben.
In Oslo wurden 110.000 ChatGPT-Zugänge für Schulen gekauft. Ist Oslo ein Vorbild? Es ist gut, Zugänge zur KI zu ermöglichen. Die Datenschutzgrundverordnung verhindert aber die Nutzung vieler Tools, auch die Altersbeschränkungen vieler Anwendungen machen einen flächendeckenden Einsatz schwer. Wir müssen aber lernen zu prompten, also mit der KI zu interagieren und die Ergebnisse der KI zu hinterfragen. Dafür ist mehr notwendig als eine Lizenz. Die Lesekompetenz wird zentral, zum Prompten braucht es Schreibkompetenz.
Schule ändert sich langsam, Digitalisierung geht rasant voran. Wie geht das zusammen? Wir müssen nicht nur mit den Geräten umgehen lernen, sondern auch mit den Systemen, auf deren Basis sie laufen. Informatische Kompetenzen sind ebenso wichtig wie Medienbildung. Und das in allen Fächern. Dieses Umstands müssen wir uns endlich bewusst werden. Das Thema KI oder auch Digitalisierung sind nicht Thema der Digitalen Grundbildung oder der Informatik. Alle Lehrerinnen und Lehrer sind hier gefragt. Der Medienbildungserlass sieht auch genau das vor.
In der Schule wird heute weniger auf Auswendiglernen und mehr auf Kompetenzen geachtet. Welche Änderungen sind durch KI absehbar? Wir sprechen seit Jahrzehnten von Kompetenzorientierung. Vielleicht kommt sie durch die KI endlich endgültig an. Das bedarf aber mehr Begleitung und eines Feedbacks - es reicht nicht, Multiple-Choice-Tests zu korrigieren. Kompetenzorientierung und Standardisierung müssen in Einklang gebracht werden. Hier kann die KI sogar neuen Schwung bringen.
Welche Rolle spielt Fachwissen in der Zukunft? Eine wichtige. Wie will ich kritisch denken, wenn mir das Basiswissen fehlt? Erinnern wir uns an Autofahrerinnen und Lenker, die sich auf das Navi verlassen und dann auf einer engen Stiege stecken bleiben. Faktenwissen und kritisches Denken gehen Hand in Hand.
Wie kann man lebenslanges Lernen tatsächlich leben? Die 4K werden gerne als "neue" Kompetenzen des 21. Jahrhunderts hergenommen - Kreativität, Kollaboration, Kommunikation und kritisches Denken. Das bedeutet, neue Wege zu gehen. Und dabei Fehler zu machen. Wir denken oft in gestrigen Mustern und versuchen dabei, die Zukunft zu gestalten. Es gibt aber nicht eine Zukunft, sondern viele mögliche.
Elke Höfler ist Ass.-Prof. für Mediendidaktik und Sprachendidaktik am Institut für Romanistik an der Uni Graz.
Info: Für Lehrende gibt es einen niederschwelligen und kostenlosen KI-Online-Kurs unter:
virtuelle-ph.at/ki-mooc
