"Um achte betrachte zum Ende der Fasten, dass Jesus keinen Augenblick nicht mehr kann rasten. Auf dem Ölberg er sitzet, Blut und Wasser er schwitzet. Nur dieses betracht, diese Nacht! Hat acht Uhr g’schlag’n."
Der Gründonnerstag, früher als Antlaß-Pfinztag bezeichnet, beendet die 40-tägige Fastenzeit und führt zu den drei heiligen Tagen, zum österlichen Triduum Sacrum. In Großarl geben am heutigen Abend die Bauern ein Zeichen ihrer Gläubigkeit und begehen ein einzigartiges Brauchtum: das Ölbergsingen. Um das Jahr 1700 sind diese Formen schon belegt und im Ton der "Nachtwächterlieder" gehalten.
Rund dreißig Männer sind es, junge und alte, die sich im Pfarrhof einfinden. Nach kurzem Willkommensgruß durch den Pfarrer treten sie kurz vor acht Uhr abends aus dem Haus, begeben sich in den Friedhof und erwarten im großen Kreis das Schlagen der Kirchturmuhr.
Kaum ist der letzte Schlag der achten Stunde verklungen, beginnt der Vorsänger mit seinem Gesang: "Merkt auf ihr Herrn und lasst euch sag’n: Hat acht Uhr g’schlag’n." Die Bauern antworten nun mit der ersten von neun Strophen eines zweistimmigen Liedes, welches das Leiden Christi schildert. Von acht Uhr abends bis vier Uhr früh harren sie aus, um stündlich eine Strophe ihres Passionsliedes zu singen. Von Spott und Hohn singen sie, von Pilatus, der über Jesus den Stab zerbricht, von Schmerzen und Sünd’ in der mitternächtlichen Stunde.
Am Karfreitag besingen die "Dorfer", Männer aus dem Ortskern, den Leidensweg Christi, der nun wieder in vielen Pfarrgemeinden mit der Grablegung seinen Abschluss findet. Das Grab Jesu in Jerusalem galt den Christen seit frühester Zeit als besonders heiliger Ort. Unter dem Einfluss der Pilgerfahrten nach Jerusalem wurden schon im zehnten Jahrhundert in größeren Kirchen Grabbauten als Nachbildungen des Heiligen Grabes errichtet.
Das bedeutendste Beispiel dieser überlieferten Volksfrömmigkeit finden wir im dreijährigen Rhythmus in der einstigen Stiftskirche Höglwörth in der benachbarten bayerischen Pfarre Anger, wo 2013 wieder das Herrengrab aufgerichtet wird. Ab heute ist das "Werkl" am Philippsberg bei Schwanenstadt als einzige bewegliche Fastenkrippe in Mitteleuropa zu bewundern.
Info: Der "Hoagascht" auf Servus TV (Freitag, 19.45, Samstag, 15.05 Uhr) zeigt das Herrengrab von Höglwörth, das 2013 wieder in mühevoller Arbeit errichtet wird.
