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1000 Milliarden nach Brüssel! Wofür nur?

In der Europäischen Union hat sich in den vergangenen Wochen eine Art Basar etabliert. Die Kommission hätte gern bis 2020 über 1000 Mrd. Euro von den Mitgliedsstaaten, die Zahler wehren sich.

Ronald Barazon

Darf’s ein bissl weniger sein? 100 Milliarden weniger, tönt es aus deutschen und österreichischen Ministerien, 200 Milliarden weniger, klingt es aus dem rabattverwöhnten London.

Knapp 500 Milliarden soll die Landwirtschaft bekommen, etwas mehr als 500 die Regionalpolitik und einige Millionen sind für die Brüsseler Zentralen bestimmt. Diskutiert wird in der Öffentlichkeit nur die Höhe der Gehälter für Kommissare und Beamten. Da wird eifrig an der Berechtigung dieser Ausgaben gezweifelt, ob die 1000 Milliarden sinnvoll zum Einsatz kommen, steht nicht zur Debatte.

Und gerade das wäre dringend zu bezweifeln. Die europäische Agrarpolitik ist allen sogenannten Reformen zum Trotz auf die Erhaltung der bestehenden Strukturen abgestellt.

Nicht diskutiert wird, dass eine zentrale Agrarförderung unweigerlich ineffizient ist. Nicht diskutiert wird, dass die moderne Agrartechnik und die entwickelten Märkte längst den Wechsel vom Bauern als Subventionsempfänger zum Bauern als modernen, eigenständigen Unternehmer ermöglichen. Zu einem Unternehmer, der mit Gewinn und nicht mit Subventionen arbeitet.

Nicht diskutiert wird auch, dass die Abfederung der witterungsbedingten Schwankungen eine Aufgabe für Versicherungen und nicht für Bürokratien ist.

Und ebenfalls nicht diskutiert wird, dass Umweltauflagen alle Unternehmen zu berücksichtigen haben und dies auch dem Unternehmer Bauer zuzumuten ist. Ebenso wird nicht diskutiert, wie man den Eingriff und die Finanzierung durch die öffentliche Hand auf jene Gebiete beschränken könnte, die gepflegt werden müssen, aber kommerziell nicht nutzbar sind.

Auch die etwas mehr als 500 Milliarden für die Regionalpolitik werden einfach hingenommen. So, als ob die Geschichte nicht bereits bewiesen hätte, dass Planwirtschaft nicht funktionieren kann. So, als ob nicht eine der Ursachen der aktuellen EU- und Eurokrise der eben durch die Regionalpolitik nicht beseitigte Rückstand der südlichen EU-Mitglieder wäre. Als ob nicht europaweit krampfhaft Projekte erzwungen würden, nur um eine Förderung aus Brüssel zu erobern.

Als ob nicht eine bessere Aufgabenteilung für mehr Bürgernähe sorgen sollte. Ist nicht die Regionalentwicklung jener Bereich, bei dem die Bürgernähe besonders gefragt ist? Und da werden Milliarden aufwendig von den Ländern nach Brüssel und in mühsamen, formularträchtigen Verfahren wieder zu den Ländern geschleust?

Statt Beamtengehälter zu diskutieren und über Rabatte zu feilschen, sollte man sich von der ineffizienten Förderpolitik verabschieden und dafür sorgen, dass die Mittel in den Investitionsbudgets der Unternehmen landen.