SN.AT / Kolumne / Barazon / Barazon

Vom Sadismus zum Sadomasochismus

Der Umgang der europäischen Politik mit Griechenland glich und gleicht einer sadistischen Übung. Immer wieder wurde und wird auf das krisengeschüttelte Land eingeprügelt.

Ronald Barazon

Wie es sich für Sadisten gehört, werden die Peitschenschläge als berechtigt gefeiert und wird höhnisch gemeint, dass der oder die Gequälte auf diese Art einer Besserung unterworfen wird. Mit dieser Logik wird die eigene Perversion legitimiert.

Es ist anzunehmen, dass die Aktion das Selbstwertgefühl, man könnte auch sagen: die Überheblichkeit, der Schläger stärkt. Griechenland hat es jedenfalls nicht geholfen. Die Wirtschaftskraft des Landes schrumpft und schrumpft, die Arbeitslosigkeit hat ein katastrophales Ausmaß erreicht, die Armut fordert immer mehr Opfer.

Sparen, sparen, sparen ohne Veränderung von Strukturen, ohne Investitionen in die Zukunft, ohne Perspektive - dieses Rezept hat schon in der Vergangenheit versagt, unter anderem in Österreich in der Zwischenkriegszeit.

Die Sadisten lassen aber nicht locker, Griechenland ist und bleibt ihr bevorzugtes Opfer. Allerdings schlittert mittlerweile ganz Europa in die Rezession. Sogar Deutschland, das von den Deutschen selbst, aber auch von den übrigen Europäern als krisenfester Goliath gefeiert wird, verzeichnet derzeit eine Schrumpfung des Sozialprodukts. Und dass die weniger starken Volkswirtschaften unter der aktuellen Entwicklung stöhnen, bedarf da keiner weiteren Betonung.

Die deutsche Regierung unter Führung der Sparmeisterin Angela Merkel lässt sich durch nichts von ihrem als falsch erwiesenen Kurs abbringen und unterzieht den deutschen Staatshaushalt nun einer weiteren Sparkur. Da nützt auch nichts, wenn der deutsche Wirtschaftsminister laut Halt! ruft und anmerkt, dass derzeit Gas geben! und nicht Bremsen! angesagt wäre.

In Frankreich sorgt der neue Präsident François Hollande für Verwirrung: An einem Tag verkündet er ein Sparprogramm, an einem anderen eine Belebungsoffensive, am dritten eine Steuererhöhung. In Großbritannien wundert sich Premierminister David Cameron, dass sein Austerity-Programm die Wirtschaft schrumpfen lässt. In Italien geht Mario Monti den gleichen Weg der Selbstbeschädigung. Die vereinigten Sparmeister haben sich nun dem Masochismus verschrieben und feiern ein sadomasochistisches Austerity-Clubbing.

In Österreich, auf der Insel der Seligen, widmet man sich der Soft-Variante. Auch hier sind die Steuern wirtschaftsfeindlich hoch und sollen noch erhöht werden, auch hier bleiben Strukturen versteinert, auch hier schrumpft die Wirtschaftsleistung, aber alles behält den Charakter des Lieblichen.

Die Regierung hat sogar von der Verschlechterung der Wirtschaftslage erfahren und einige läppische Streicheleinheiten für Jungunternehmer beschlossen, um dynamisch gegen den europäischen Strom zu schwimmen. Kurzum: Die Insel bleibt selig.