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Auf dem Weg zur Vernunft oder zu neuem Unfug?

Die ersten Ankündigungen des neuen französischen Präsidenten François Hollande sind durchaus erfreulich: Die Politik dürfe sich nicht nur auf Einsparungen konzentrieren, sondern müsse auch das Wachstum fördern.

Angesichts der Katastrophe, die die Sparpolitik in Griechenland und in Spanien schon angerichtet hat, angesichts der schwachen Konjunktur des übrigen Europa sollte es keinen Einspruch geben.

Allerdings ist Skepsis am Platz. Die derzeit werkende politische Mannschaft ist in jüngster Zeit in die sinnlose Parolendrescherei der Groß- und Urgroßeltern zurückgefallen. Wenn die Sozialisten von Wachstum reden, muss man befürchten, dass sie in Wahrheit Geldverschwendung meinen. Wenn die Konservativen von Sparen reden, meinen sie in Wahrheit hohe Steuern für die Masse der Bevölkerung.

Ob aus der Mischung dieser beiden unbrauchbaren Rezepte eine konstruktive Politik resultieren kann, muss bezweifelt werden. Vor allem, weil die Sparpolitik der Konservativen unter Führung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel paradoxerweise zur Errichtung der größten Gelddruckmaschine der Geschichte unter der irreführenden Bezeichnung "Eurorettungsschirm" geführt hat.

Die Sozialisten sind grundsätzlich für eine lockere Geldpolitik, um das Wachstum zu finanzieren. Die Kombination von Merkel und Hollande kann also sehr leicht zur Verdoppelung des schon Hunderte Milliarden zählenden sogenannten Schirms führen.

Es muss allerdings nicht sein: Man soll die Hoffnung nicht aufgeben, es ist durchaus möglich, dass in der Dialektik zwischen den beiden einander widersprechenden Überzeugungen eine brauchbare Politik für Europa entstehen könnte.

Schließlich wurde der ideologisch geprägte unbrauchbare Unfug schon einmal überwunden. Von 1945 bis in die Achtzigerjahre gab es in Westeuropa
einen weitgehenden Konsens, der als Reaktion auf die nun wiederentdeckten Irrtümer der Groß- und Urgroßeltern entstanden war. Dieser beruhte auf einigen leider nicht mehr selbstverständlichen Einsichten.

Absoluten Vorrang hätten die Investitionen und Innovationen der Realwirtschaft, die wiederum die Voraussetzung für ein ausreichendes Angebot an Arbeitsplätzen bilden, ohne die kein tragfähiger Konsum möglich ist. Weder sozialistische noch konservative Regierungen stellten diese Priorität infrage.

Dass Staatshaushalte nicht überfordert werden dürfen, aber in kritischen Phasen über eigene Investitionen und die Förderung von Investitionen der Privathaushalte und der Unternehmen die Nachfrage stützen müssen, stand ebenfalls außer Streit.

Gelingt eine Rückkehr zu diesen Grundlagen, so muss einem um den
Aalten Kontinent nicht bange sein. Die Botschaften, die seit einigen Tagen aus Paris kommen, sorgen für einen kleinen Hoffnungsschimmer.