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Bitcoin: Die Schwächen eines nur scheinbar perfekten Systems

Bitcoin sollte als neue Währung Dollar und Euro vom Thron stürzen. Derzeit steckt die Währung des Internets in der Krise.

Ronald Barazon

Nach der Finanzkrise 2008 schufen Finanzingenieure Bitcoin. Man hatte genug von Währungen wie Dollar oder Euro, die von Notenbanken und Staaten gesteuert werden.

Bitcoin sollte als Internet-Geld alle traditionellen Währungen verdrängen. Die Logik war bestechend: Im elektronischen Netz können in einer Kette alle Transaktionen registriert werden. In der "Block-Chain-Technik" schließt ein Block mit den aktuellen Zahlungen an den anderen an. Es wird nur so viel Geld geschöpft, wie für die Abwicklung der tatsächlichen Käufe von Waren und Dienstleistungen erforderlich ist, es gibt also keine Inflation oder Deflation, nur die Begleitung der Realwirtschaft. Dazu bedarf es keines Staates und keiner Zentralbank, nur einer funktionierenden Software.

Wie sieht die Realität aus? In den vergangenen Tagen ist der Preis eines Bitcoins von 1200 auf 4200 Dollar gestiegen. Der Kurs schwankt im Stundentakt um hunderte Dollar, von 4100 Montagnachmittag auf 3900 im Laufe der folgenden Stunden und wieder über 4100 am Dienstagabend. Eine Firma, die Bitcoin als Zahlungsmittel annimmt, kann nicht abschätzen, wie viel Dollar oder Euro letztlich auf ihrem Konto landen.

Transaktionen in der neuen Währung sollten rasch und kostengünstig abgewickelt werden, um das Publikum endlich von den Kapriolen der Banken und Kreditkartenfirmen zu befreien. Das war auch in den Anfangsjahren 2010 und 2011 der Fall. Heute dauert die Abwicklung einer Zahlung Stunden, wenn nicht Tage, und löst hohe Gebühren aus.

Die Bitcoin-Welt ist verschlüsselt, daher die Bezeichnung "Krypto-Währung" und das Interesse der Drogen- und Waffenhändler. In der Block-Kette sind aber alle Bewegungen registriert, sodass so mancher nicht krypto bleibt.

Aktuell rückt die Zahlung mit Bitcoin in den Hintergrund. Weltweit kaufen Spekulanten Bitcoin, wobei man keineswegs 4000 Dollar riskieren muss. Mit 100 Dollar kauft man 0,02 Bitcoin. Bitcoin ist dabei Nebensache, die Hoffnung auf den nächsthöheren Kurs bildet den entscheidenden Faktor.

Statt Dollar und Euro zu stürzen, gab Bitcoin das Startsignal für die Gründung zahlreicher Internet-Währungen, die alle unter dem gleichen Mangel leiden: Nur ein Internet mit Preisen und Einkommen in Bitcoin würde tatsächlich eine eigene Währung schaffen. Für die Teilnehmer wäre der Umrechnungskurs gegenüber Dollar und Euro nebensächlich.

Derzeit gibt es nur Umrechnungen der üblichen Dollar- oder Euro-Preise in Bitcoin. Bit coin selbst wird aus Dollar und Euro abgeleitet, sodass die Zahlungen im Endeffekt in Dollar und Euro über den teuren, zeitraubenden und unsicheren Umweg Bitcoin erfolgen.