Brexit hat all jenen in Europa Auftrieb gegeben, die die Kritik an den Mängeln der EU als Bekenntnis gegen ein geeintes Europa missverstehen. Jetzt haben die nationalistischen Schreier Hochsaison. Unerträglich sind die Stimmen aus den osteuropäischen Mitgliedsstaaten, die auf die Erhaltung ihrer Souveränität pochen. Man fragt sich, warum diese Länder der Gemeinschaft beigetreten sind. Besonders bedenklich ist, dass neben den antieuropäischen Rechtsparteien in Westeuropa neuerdings sogar der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, die Staaten stärken und die Gemeinschaft schwächen will.
Allerdings: Kein Nachteil ohne Vorteil. In Großbritannien werden derzeit Maßnahmen ergriffen, die die Wirtschaft des Landes außerhalb der EU widerstandsfähig machen sollen. Nachdem der Finanzminister in einer ersten Panikreaktion erklärt hat, nun müssten alle Steuern erhöht werden, erfolgt nun das genaue Gegenteil: Die Besteuerung der Gewinne wird gesenkt, um den Standort für Investoren attraktiv zu machen.
Als zweiter Schritt wurde Basel III außer Kraft gesetzt. Dieses Regelwerk der EU behindert die Kreditvergabe durch Banken und bremst somit die Wirtschaft. Die britische Nationalbank erwartet, dass nun, ohne Basel III, 150 Mrd. Pfund in die Wirtschaft gepumpt werden und einen Wachstumsschub auslösen.
Noch ist der Austritt aus der EU nicht gestartet und schon setzt die Regierung wirtschaftsfördernde Maßnahmen um. Die Ironie der Situation ist unübersehbar. Premierminister David Cameron, der nach dem Brexit-Debakel im Herbst abtritt, war stets ein eifriger Verfechter der Sparpolitik. Er glaubte auch an die Wirtschaftskraft des Landes, die bei einem Handelsbilanzdefizit von 130 Mrd. Pfund nur schwer nachvollziehbar ist: Nun entdeckt Großbritannien die Wachstumspolitik.
Man könnte also auf dem Kontinent aus Brexit auch positive Erkenntnisse gewinnen, statt dem Nationalismus zu frönen, der das Friedensprojekt Europa gefährdet. Schließlich bremsen die falsche Budget- und die falsche Kreditpolitik die Entwicklung ganz Europas und lösen die enorme Arbeitslosigkeit aus.
Bezeichnend ist die ebenfalls in diesen
Tagen präsentierte Förderung von Start-ups
in Österreich. Eingezwängt in das Korsett der EU-Politik werden den jungen Unternehmern, die die Zukunft des Landes gestalten sollen, halbherzig, zögerlich kleine Erleichterungen und Förderungen gewährt. Für diesen Bereich bleibt wenig Geld, wenn man die Ressourcen für die Finanzierung des Molochs Staat und die erfolglose Rettung von Pleitebanken vergeudet, aber trotzdem versucht, ein ausgeglichenes Budget darzustellen.
