Auf diesem Plakat verlangten sie Richtlinien, auf die man sich verlassen und die man in der Praxis auch anwenden kann. Womit sie eine Forderung formuliert haben, die alle Bürger betrifft: An der Demonstration in Hof hätten Hunderttausende aus allen Bereichen der Gesellschaft teilnehmen sollen.
Der Auslöser für die Wut der Bauern ist eine Vorgangsweise, die auch anderswo anzutreffen ist. Die Kontrollore der EU behaupten, dass die Bauern Förderungen kassiert hätten, die ihnen nicht zustehen, und verlangen die Rückzahlung. Da mehrere Jahre betroffen sind, ergeben sich hohe Summen.
Allerdings sind die Bauern nicht nur wegen des Geldes empört. Sie weisen vehement die Unterstellung zurück, sie hätten sich Zuschüsse erschlichen. Tatsächlich wurden sie bei ihren Anträgen und Berechnungen von der AMA, einer Einrichtung des Landwirtschaftsministeriums, und der Landwirtschaftskammer beraten. Allerdings nur unverbindlich beraten, es gab keine Bescheide, die für Rechtssicherheit gesorgt hätten.
Somit ist unklar, ob die Beratung den Vorgaben entsprochen hat. Und zu allem Überfluss hat die EU die Bestimmungen geändert. Von einer Beraterhaftung ist nicht die Rede, der Anspruch der Bürger auf klare Vorschriften und der Vertrauensgrundsatz stehen nicht zur Debatte. Man lässt die Bauern im Regen stehen, der auch prompt bei der Demonstration am Mittwoch einsetzte.
Statt einen Stichtag zu wählen, ab dem neue und klare Vorschriften gelten, statt rechtskräftige Bescheide zu erlassen, setzt man die üble Praxis fort. Und bei den Rückforderungen soll nun jeder einzelne Fall geprüft werden, womit die Betroffenen wieder dem Ermessen oder, besser ausgedrückt, der Willkür der Kontrollore ausgeliefert sind.
Es gibt kaum einen Bereich, in dem nicht ähnliche Zustände herrschen. Zahllose Vorschriften erwiesen sich als Gummiparagrafen, die nach Belieben und Gutdünken ausgelegt werden können. Die Behörden weigern sich, im Vorhinein den Anwendern rechtsverbindliche Auskünfte zu erteilen, sodass sich die Betroffenen bis zu einer Kontrolle im Nebel bewegen. Auf die Spitze getrieben wird das Chaos durch den Umstand, dass ein und dieselbe Vorschrift von verschiedenen Ämtern und verschiedenen Beamten verschieden ausgelegt und angewendet wird.
Berlakovich sollte am Kongress der "Besten Österreichischen Gastlichkeit" im Schloss Fuschl teilnehmen. Finanzministerin Maria Fekter wurde nicht durch eine Demonstration abgehalten, fand aber in ihrem Referat ohne Bezug auf die Bauern ergänzende Worte zum Thema Rechtssicherheit: "Nicht selten wird der Inhalt der Gesetze von den Beamten durch die Formulierung der Erlässe in das Gegenteil verkehrt".