SN.AT / Kolumne / Barazon / Barazon

Der Weg ins Freie, den Österreich nicht gehen will

Hannes Androsch wird nächste Woche 75 und wundert sich wie eh und je mit seinem verschmitzten Jungenlächeln, was "denn die Teufel anstellen". Die Teufel, das sind Politiker im Lande und anderswo, aber auch andere Verantwortungsträger, deren sonderbare Aktionen er für "nicht hilfreich" hält.

Ronald Barazon

Dieses freundliche Bild des "politisch interessierten Citoyen" ist allgemein präsent. Anders als in den Siebzigerjahren, als die Auseinandersetzung vermeintlich zwischen dem Bundeskanzler und dem Finanzminister, tatsächlich aber zwischen dem Vater Bruno Kreisky und dem erfolgreichen Ziehsohn Hannes Androsch zu einer brutalen, altgriechischen Vater-Sohn-Tragödie geriet, die die Öffentlichkeit in Atem hielt.

Im Windschatten dieses Sturms bildete sich eine Riege von Roten und Schwarzen und Journalisten, die mit üblen Verleumdungen eine gnadenlose Hetzjagd inszenierten. Man rechtfertigte sich mit der Verteidigung moralischer Ansprüche, denen Androsch nicht genügen würde, und meinte die ungebrochene Beliebtheit des damals dominierenden Politikers.

Um den erfolgreichen Wettbewerber von der politischen Bühne zu vertreiben, war den Jägern jedes Mittel recht. Sie gaben auch keine Ruhe, als er die damals führende Bank des Landes, die Creditanstalt, in wenigen Jahren sanierte. Erst bis eine Verurteilung aus fadenscheinigen Gründen erreicht war und ihn wirksam an einer Tätigkeit im öffentlichen Bereich hinderte, ließ man von ihm ab.

Man hatte endlich Ruhe. Ruhe wovor? Vor einer Politik, die Probleme erfasst, Lösungen gemeinsam mit anderen Verantwortungsträgern erarbeitet und effizient umsetzt. Bis heute wirken die damals von Androsch initiierten Maßnahmen nach. Die konsequente Umsetzung der Hartwährungspolitik zwang die Unternehmen, den Nachteil des hohen Wechselkurses durch Qualität wettzumachen. Die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des Landes ist nicht zuletzt dieser Politik zu danken.

Das war kein Alleingang. Möglich wurde dieser Weg durch die Zusammenarbeit mit dem ÖGB-Präsidenten Anton Benya und dem Nationalbankpräsidenten und prominenten ÖVP-
Politiker Stephan Koren.

Man hatte auch Ruhe vor einer konjunkturgerechten Budgetpolitik. Nach dem Ölschock 1973 ließ Androsch ein hohes Budgetdefizit zu, das er aber bis 1981 wieder auf knapp über zwei Prozent des BIP abbaute.

Die Jäger von damals erklären heute, dass mit Androsch die fast schon vergessene Creditanstalt heute noch ein österreichisches Paradeunternehmen wäre. Nur damals konnte er ihnen nicht schnell genug den Schreibtisch am Schottentor räumen.

Androschs Geschichte steht stellvertretend für die vielen fähigen Österreicher, die man kurz diese Fähigkeiten entfalten lässt, um sie dann konsequent und erfolgreich zu sabotieren.

Das Land scheut den Weg ins Freie.