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Der Abschied vom Sparwahn allein genügt nicht

Ronald Barazon
In Europa wächst der Widerstand gegen die Sparpolitik, die den alten Kontinent in die Rezession getrieben hat. Endlich. Es ist hoch an der Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, man könne auf die wuchernden Staatsausgaben einen Deckel drücken und schon wären die Probleme gelöst.

Allerdings besteht leider noch kein Grund zur Freude. Jetzt ist davon die Rede, man müsse wieder größere Defizite "zulassen", in der "Rezession kann man doch nicht sparen". Diese Aussagen sind ebenso gefährlich wie der Sparwahn.

Die Sparpolitiker lassen die ineffizienten Strukturen des Staates unverändert und drehen den Geldhahn zu. Unweigerlich funktionieren die staatlichen Einrichtungen in der Folge noch schlechter, verursachen aber weiterhin Kosten, die man letztlich doch bezahlen muss. Das zweite Instrument der Sparpolitik besteht in der Anhebung der Steuern, womit man die Investitionen und den Konsum abwürgt. Das Paket sorgt für eine schlechte Stimmung, die Wirtschaft landet in der Sparfalle.

Die Antisparpolitiker lassen die ineffizienten Strukturen ebenfalls unverändert, dotieren sie aber reichlich mit Geld, das der Staat nicht hat. Also steigen die Schulden und finanzieren unsinnige Ausgaben. An der Steuerschraube drehen die Antisparpolitiker weniger eifrig, sie sind aber beim Kassieren auch nicht zimperlich.

Diese Vorgangsweise ist zwar lang weniger schmerzhaft, sie führt aber in eine nicht mehr zu bewältigende Schuldenfalle.

Von der einzig brauchbaren, dritten Variante wollen die Spar- wie die Antisparpolitiker nichts wissen. Diese besteht nämlich in erster Linie aus einer höchst anstrengenden Tätigkeit - aus Arbeit. Die Rationalisierung der Verwaltung, die Schaffung tragfähiger Gesundheits- und Pensionssysteme, Maßnahmen, die wirksam die Investitionen und die Forschung begünstigen und die schonende Besteuerung der Einkommen wären weitaus anstrengender als das spektakulär inszenierte Auf- oder Zudrehen des Geldhahns.

Beide Varianten, die Spar- wie
die Antisparpolitik, behindern die Umsetzung der dritten, sollte die Politik eines Tages doch die ihr aufgetragene Arbeit nicht mehr scheuen. Der Sparwahn bremst die Wirtschaft, treibt die Firmen in die Pleite und vernichtet Arbeitsplätze. In der Folge sinkt das Steueraufkommen, die Schulden des Staates steigen trotz des Spareifers.
Die Antisparpolitiker machen von vornherein unbekümmert Schulden.

Um die Staaten in Ordnung zu bringen, bedarf es enormer Investitionen, die finanziert werden müssen und ebenfalls Schulden auslösen. Diese wären allerdings zu rechtfertigen,
da sie dazu beitragen, dass künftig
keine oder geringere Defizite entstehen und das Schuldenproblem entschärft wird.

Da aber im Gefolge der Spar- wie
der Antisparpolitik die Schulden schon extrem hoch sind, ist sogar die Finanzierung der Sanierung schwierig.