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Der Kapitalmarkt braucht eine Reform, nicht das Pensionssystem!

Die Sozialversicherung ist überfordert. Der Kapitalmarkt muss einen Teil der Altersvorsorge übernehmen.

Ronald Barazon

Wieder steht eine "Pensionsreform" bevor. Die Bezeichnung ist, wie bei allen früheren Reformen, falsch. Es geht um eine Pensionskürzung, wobei die Pensionisten geschont werden und die Jüngeren die Eingriffe erst merken sollen, wenn ihr Pensionsantritt erfolgt. Kurzum, es wird am System "herumgedoktert".

Das österreichische System beruht auf dem Grundsatz, dass der Lebensunterhalt im Alter zur Gänze über die Sozialversicherung finanziert wird. Die Beiträge der Aktiven und ein Zuschuss aus dem Steueraufkommen decken die Kosten. Dieser Grundsatz ist falsch und bildet den Kern des Problems.

In erster Linie wären die Pensionen aus der Verzinsung des Kapitals zu finanzieren: Die Unternehmen arbeiten mit Beteiligungskapital und mit Krediten, für die sie Dividenden und Zinsen zahlen. Diese Ausschüttungen sollten zu den Pensionisten fließen. Nur Pensionisten, die nicht oder nicht ausreichend in den Genuss von Dividenden und Zinsen kommen, sollten von der Sozialversicherung betreut werden.

Ein derartiges System würde alle reicher machen: Derzeit müssen die Unternehmen die Verzinsung des eingesetzten Kapitals und die Pensionen der Sozialversicherung erwirtschaften. Auf diese Art werden die Pensionen zwei Mal finanziert. Dies bedeutet eine Schwächung der gesamten Volkswirtschaft.

Tatsächlich gibt es keinen nennenswerten Markt für Beteiligungskapital in Österreich. Also gibt es kaum Pensionen, die aus Dividenden gespeist werden. Kredite spielen eine große Rolle, doch werden diese vor allem durch die Spareinlagen finanziert, die aber kein Teil des Pensionssystems sind.

Zudem wird Beteiligungskapital stets als unsicher bezeichnet und auch die Börsenkurse der laufenden Woche scheinen wieder zu beweisen, dass dieses Instrument des Teufels ist. Dass die Pensionsreformen, die in diesen Tagen eine Fortsetzung erfahren, Kürzungen ausgelöst haben, die einem größeren Börsenkrach entsprechen, wird nicht beachtet. Die Sozialversicherung hat das bessere Image.

Die bestehende Struktur kann und soll sicher nicht mit einer Pensionsreform geändert werden. Allerdings müsste man sich über die Zusammenhänge im Klaren sein und die Weichen für eine Korrektur stellen. Eine neuerliche Kürzung der ohnehin reduzierten Pensionen der Sozialversicherung ist nicht das Gebot der Stunde. Derzeit sind Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Österreich einen Kapitalmarkt zu entwickeln, über den die ohnehin in den Unternehmen erwirtschaftete Wertschöpfung den Pensionisten zugutekommen kann.

Davon ist nicht die Rede. Damit nicht genug: Die Anhebung der Kapitalertragsteuer weist genau in die entgegengesetzte Richtung.