Ein Kinderwagen zeichnet sich durch besonderen Komfort aus, den die Kleinen auch offenkundig genießen. Man betrachte nur das entspannte, glückliche Lächeln der schlafenden Prinzessinnen und Prinzen
Wenn allerdings das Wohlbefinden gestört wird, dann wird dies lautstark der Welt zur Kenntnis gebracht und das Gezeter endet erst, wenn das Rückenende wieder sauber ist oder der knurrende Magen beruhigt wurde.
Diese Erlebnisse ergeben eine für das weitere Leben prägende Erfahrung. Wohlig in einem Wagen zu liegen, von einer unsichtbaren Person geführt zu werden, mit Protestgeschrei jedes Unbill zu beseitigen, das ist und bleibt für so viele der Idealzustand.
Die Erreichung dieses glücklichen Zustands ist nur wenigen vergönnt. Manche sind begünstigt und finden sich in einem gepolsterten Dienstwagen wieder, haben einen diskreten Chauffeur, der sie führt, und befreien sich von Ungemach durch das Brüllen von nicht selten unsinnigen Befehlen.
Minister und Generaldirektoren, die den wunderbaren Baby-Zustand genießen, verlieren oft den Blick für die Realität. Wird der Komfort gar durch den Entzug des Kinderwagens gestört, dann plärren sie, wie sie es in den Anfängen ihres Erdendaseins geübt haben.
Aber auch ohne den Verlust des kostbaren Fahrzeugs folgen sie dem Schema, das sie in der prägenden, postnatalen Phase gelernt haben. Tritt ein Problem auf, ist etwa der köstliche Schnuller auf den Boden gefallen, so eilt ein eifriges Wesen von hinten herbei, hebt ihn auf, putzt das Requisit und verankert es in dem leicht geöffneten Mund.
Kracht das Pensionssystem, funktionieren die Banken nicht, haben die Schulen ihre liebe Not, dann werden Milliarden Euro gedruckt, Reformen simuliert, Desinformationen verbreitet, kurzum, die Schnuller geputzt, damit weiter gelutscht werden kann.
Dabei stimmte schon in der Frühphase die Inszenierung des Komforts nicht. Den Schnuller hat das Baby nicht aus Bosheit auf den Boden geworfen, sondern um das Raumgefühl zu schärfen. Eine Wiederholung wäre hilfreicher als die Aufforderung an den Balg, doch endlich das Gerät bei sich zu behalten. Wütendes Strampeln zeigt nicht Unzufriedenheit, sondern signalisiert, dass die Energie in dem kleinen Menschen nach Betätigung, kurzum, nach gehen und laufen, schreit. Das Hochnehmen und das Trösten - wogegen? - erstickt nur die kostbare Energie.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr und so wollen die so geprägten Führungskräfte hochgenommen und getröstet, kurzum geliebt werden, aber bitte nur nicht gehen, weil das hat man ihnen fürsorglich abgewöhnt.
Bleibt noch die Frage, wie sich die Kinder entwickeln werden, die heute ohne Kinderwagen in einer Schleife an der Mutterbrust kleben: Werden diese noch stärker in Liebe erstickt oder entwickeln sie in der unbequemen Haltung Eigenständigkeit?