Es ist in diesen Tagen viel von der Spaltung des Landes die Rede. Es geht dabei um die große Politik. Weniger beachtet wird jene Spaltung des Landes, die nun schon seit Längerem für eine erschreckende Sprachverwirrung sorgt. Gab es in der Vergangenheit eine wirtschaftspolitische Aussprache zwischen den Sozialpartnern und zwischen der Regierung und den Sozialpartnern, die dem Land guttat, ist heute eine erschreckende Kakophonie zu hören.
Angefangen sei bei der größten Bevölkerungsgruppe, den Arbeitnehmern. Diese werden von der Arbeiterkammer vertreten, deren Sprecher glauben, mit marxistischen, klassenkämpferischen Aussagen ihren Mitgliedern zu nützen. Erstaunlich. In den Räumen der Wiener Arbeiterkammer fanden einst konstruktive Diskussionen mit den Arbeitgebervertretern statt, die oft bis in die Nacht dauerten, aber brauchbare Ergebnisse brachten.
Außer der Arbeiterkammer werkt auch noch der ÖGB, der gerade eine überfällige Steuersenkung erkämpft hat. Die Funktionäre fühlen sich verjüngt und singen insgeheim wieder "alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!" Nur jener ÖGB, den es leider nicht mehr gibt, hätte nicht einen Scheinsieg errungen und akzeptiert, dass die "Gegenfinanzierung" die Steuersenkung wieder aufzehrt. Der verblichene ÖGB hätte nicht die Mär geglaubt, dass die Gegenfinanzierung die Kapitalisten zahlen.
In der Industriellenvereinigung pflegt man jetzt einen Kapitalisten-Jargon, der kongenial zu den marxistischen Ergüssen passt. Gewinne seien die allein selig machende, die Wirtschaft auf jeden Fall beglückende Medizin. Kaum jemand erinnert sich, dass in dieser Organisation vor sechzig Jahren ein Steuerkonzept entwickelt wurde, das die Unternehmen animierte, zu Investitionsweltmeistern zu werden: Wer investiert, zahlt keine Steuern, wer nicht investiert, zahlt hohe Steuern, lautete die Maxime.
Diese geniale Formel wurde gemeinsam mit dem Finanzministerium entwickelt, das sich Jahrzehnte als Wirtschaftsministerium verstand: Wird Steuer als Steuerung der Wirtschaft zu Höchstleistungen verstanden, stimmt auch das Budget. Jetzt wird Steuer mittelhochdeutsch als Abstieren gedeutet, in der Hoffnung, dass das Ergebnis Gnade vor den Augen der Brüsseler Kontrollore finden möge.
Der alte Geist einer wirtschaftspolitischen Aussprache ist nur mehr in der Wirtschaftskammer anzutreffen. Die Vertreter dieser Organisation werden nicht gehört, sogar gescholten, dass sie nicht auch ständig für Unruhe sorgen.
Ein unsinniger, mit niemandem akkordierter Vorschlag, der aber in den Medien Beachtung findet, ist doch "cooler" als eine Reform, die, von einer breiten Basis getragen, das Land weiterbringt. Oder nicht?
