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Ein Albtraum, leider ohne erlösendes Aufwachen

Ronald Barazon


Eine schaurige Szene nach der anderen fügt sich in diesen Tagen zu einem Albtraum. Den Auftakt machten die vermeintlichen Experten des Währungsfonds, denen nichts Besseres einfiel, als die Konfiskation von zehn Prozent aller Spareinlagen zu verlangen. Sie setzten den Horror fort, den die EU vor Monaten mit der Ankündigung begonnen hat, notfalls die Sparkonten zu plündern.

Ein gerüchteweise für Wirtschaft zuständiger EU-Kommissar erschien als zweiter Alb und wollte den guten Geist mimen: Es gehe bergauf, die Krise sei überwunden, hauchte die eigenartige Erscheinung der europäischen Öffentlichkeit entgegen. Um gleich zu ergänzen, dass heuer von Erholung nicht die Rede sein könne, aber im nächsten Jahr mit einem schwindelerregenden Aufschwung zu rechnen sei. Die Wirtschaft werde um 0,1 Prozent wachsen.

Dieses Trugbild war noch nicht verblasst, da setzte sich ein anderer Kobold auf die Brust des leider nicht Schlafenden. Der Präsident der Europäischen Zentralbank verkündete eine Senkung der Refinanzierungszinsen auf 0,25 Prozent, die die lahmende Wirtschaft beleben werde: Noch billigere Kredite sollen zum Investieren und zum Konsumieren animieren.

Der sonderbare Troll hatte offenbar den druckfrischen Bericht aus der Bankenwelt nicht gelesen, der die Kürzung der Kredite um weitere aberwitzig viele Milliarden ausweist. Der Drache Basel III speit schon eifrig Feuer und die Banken bringen sich in Sicherheit.

Wie es in einen Albtraum passt, in eine nebelig schwankende Sicherheit: Das Geld, das sie der Realwirtschaft entziehen, legen die Banker bei den Staaten an, die die Defizite nicht in den Griff bekommen. Allen Schuldenkrisen zum Trotz erklärt Basel III pauschal Staatsfinanzierungen für risikolos, womit auch keine Unterlegung dieser Finanzierungen mit Eigenkapital erforderlich ist. Die 0,25 Prozent werden also die Wirtschaft nicht beleben, aber den Finanzministern das Leben erleichtern und als Nebeneffekt die Sparer noch mehr schädigen.

Albträumer erleiden meist eine qualvolle Lähmung, die sie an den Platz des Schreckens fesselt. Manchmal ändert sich aber die Szenerie, und so war es auch in dem leider immer noch anhaltenden Albtraum. Plötzlich fand man sich einer Art von Vampiren gegenüber, die den Tanz der österreichischen Regierungsbildung vollführen. In der Mitte stand eine Kiste, die die Akteure unter grässlich-hämischem Gelächter kippten und laut "Kassensturz" riefen. Dem schweißgebadeten Opfer ging noch durch den fiebrigen Kopf die Frage, ob sich denn im Finanzministerium keine Buchhaltung befinde, als schon die Schlachtrufe jeden Gedanken blockierten. Neue Steuern, höhere Steuern, plärrten die schrecklichen Fratzen.

Die Albträumer können sich nicht auf die Seite drehen und auf einen schöneren Traum hoffen, auch nicht aufstehen und mit Brausepulver Linderung suchen. Wir sind wach.