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Ein Berufsheer gefährdet die innere Sicherheit

Die verschiedentlich ausgebrochene Begeisterung für ein Berufsheer wird mit dem Hinweis auf die Zeitverschwendung erklärt, die der Präsenzdienst bedeutet. Statt den Präsenzdienst sinnvoll zu gestalten, soll er beseitigt werden.

Ronald Barazon

Die Herausforderungen wären zahlreich. Viele Jungmänner leiden unter Konditionsmangel und den Folgen einer falschen Ernährung. In sechs Monaten könnte man die in der Kindheit falsch gestellten Weichen korrigieren. Die Staatsbürger- und Demokratiekunde ist weithin ein unbekanntes Feld, das ebenfalls im Heer zu bearbeiten wäre. Nicht zuletzt sollte der Präsenzdienst das Verständnis für moderne Technik stärken. Ein derartiges Angebot könnte auch junge Frauen überzeugen. Dass ein sinnvoll genutzter Präsenzdienst zudem einen Beitrag zum Zusammenhalt in der Bevölkerung leistet, wird nicht einmal angesprochen.

Gefragt wird auch nicht nach der Funktion eines Berufsheers. Ein Berufsheer wird von Ländern benötigt, die Kriege führen. Dies trifft auf Österreich nicht zu. Somit stellt sich ein Berufsheer als Organisation dar, die keine ständige Funktion hat und nur gelegentlich bei Katastrophen zum Einsatz kommt. Tausende Soldaten bilden eine Truppe, die monate- oder jahrelang niemand braucht, die niemand ernst nimmt. Die Frustration der Mitglieder ist unvermeidlich. Womit sich die Frage stellt, wer unter diesen Umständen Soldat wird.

In erster Linie werden es kaum leistungsstarke Menschen sein, die dem Land dienen wollen und eine interessante Herausforderung suchen. Dieses Angebot bietet das friedliche Österreich nicht, das trotz seiner Verpflichtungen im Rahmen der UNO und der EU behauptet, neutral zu sein.

Also werden sehr viele Personen dem Heer zustreben, die anderswo keine Perspektiven sehen, die die Uniform als Schutzkleid und die Waffe als Persönlichkeitsersatz suchen. Eine Truppe, in der diese Motive eine entscheidende Rolle spielen, bedeutet ein permanentes politisches Risiko. Es bedarf nur einer Schwächung der demokratischen Institutionen und schon besteht die Gefahr, dass diese vermeintlichen Helden auf den Heldenplatz marschieren.

Die Bedrohung der inneren Sicherheit bildet nicht das einzige Problem. Das Berufsheer wäre eine öffentliche Institution, die Soldaten folglich Bedienstete des Staates mit entsprechenden Bezügen. Allerdings wird man nicht verlangen können, dass Soldaten bis zum regulären Pensionsalter dienen, man wird sie aber über die gesamte Lebenszeit entlohnen müssen. Die Vergleichsrechnung mit den Aufwendungen für den Präsenzdienst erübrigt sich.

Hinter der Kampagne für ein Berufsheer könnte allerdings die Idee stehen, nur eine Truppe für Auslandseinsätze zu führen und im Land keine Armee zu unterhalten. Das würde allerdings dem Operettencharakter Österreichs eine neue Dimension verleihen.