Verwendet wurden für diese Übung Kaktusrohre. Die Stacheln wurden nach innen gedrückt, das Rohr mit kleinen Steinen gefüllt und die rhythmische Bewegung des netten Instruments sorgte für ein Geräusch, das von dicken Regentropfen träumen ließ.
Eine andere Übung zur Beendigung einer Trockenperiode bestand in der Bemalung des Bodens vor dem Zelt des Häuptlings mit einem breiten weißen Pfeil und der Absolvierung beschwörender Tänze. Die allgemein verbreitete Aufklärung und Versachlichung aller Bereiche schien derartige Praktiken aus dem Alltag zu verbannen.
Weit gefehlt. Die vergangenen Tage brachten eine verblüffende Renaissance der Regenmacherei, wobei nicht der Regen, sondern die Konjunktur beschworen wurde. Als ob die Lenker der großen, internationalen Wirtschaftspolitik sich abgesprochen hätten - man kann davon ausgehen, sie haben - wurde vielstimmig die Stabilisierung der Wirtschaftslage verkündet.
Es ging ihnen allerdings wie den Medizinmännern: Gegen Ende der Woche wurden die aktuellen Daten publiziert und diese zeigen, dass Europa und allen voran Deutschland und Frankreich keinen Aufschwung verzeichnen, sondern im Gegenteil derzeit tiefer in die Rezession sinken.
Dies ist nicht verwunderlich, da die Politik die bereits eingetretene, kräftige Erholung ab dem Sommer 2011 mit lautem Getöse abgewürgt hat. Das mörderische Gebräu aus einem übertriebenen Krisengeschrei, einer hektischen Welle von Steuererhöhungen und dem dilettantischen Management des Griechenland-Problems hat in den Unternehmen und Privathaushalten eine dramatische Verunsicherung ausgelöst.
Diese ist nicht mit Beschwörungsformeln zu korrigieren. Schon gar nicht, wenn die Verkündung des nahenden Heils mit der frivolen Bemerkung kombiniert wird, dass nun die segensreichen Ergebnisse der vermeintlich konstruktiven Politik zu wirken beginnen.
Nur eine deutliche und klar erkennbare Korrektur dieser Politik könnte die Stimmung verbessern. Davon ist nicht die Rede. Obwohl europaweit die Wirtschaftsleistung schrumpft, wird nur noch schneller in die falsche Richtung marschiert.
Hier wird die Metapher "Ganz Europa ist Griechenland" zur bitteren Wahrheit: In kurzen Abständen verkündet der Internationale Währungsfonds seit Monaten, dass die Schläge, die Griechenland bekommt, bereits ihre heilende Wirkung zeigen würden. Und prompt muss nach jeder Hurra-Meldung eine weitere Schrumpfung des griechischen Sozialprodukts zur Kenntnis genommen werden.
Jetzt zeigt das falsche Rezept die gleiche Wirkung in ganz Europa. Statt den Kontinent zu erneuern, schütteln die Verantwortlichen unverdrossen mit Steinchen gefüllte Röhrchen.
