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Und wieder gründen die Bundesländer Österreich

Ein beliebter Zeitvertreib besteht im eifrigen Bemühen um eine Reform der überbordenden österreichischen Verwaltung.

Ronald Barazon

Im tiefsten Inneren wissen die Akteure, dass sie in Wahrheit ein fast erotisches Verhältnis zu den Komplikationen haben, die das Land bestimmen. Dies ist ein wesentlicher Grund für das ewige Versagen derartiger Initiativen.

Allerdings gibt es auch einen bestimmenden Faktor: Österreich selbst ist nur eine Schimäre, ein Sammelbegriff für neun selbstständige Staaten, die sich einen Verbund leisten. In diesem Sinne wird auch immer wieder daran erinnert, dass die Bundesländer 1918 und 1945 Österreich gegründet haben. Womit nicht gesagt, aber ausgedrückt wird, dass man diesen Vorgang auch wieder rückgängig machen könnte.

Abgesichert wurde diese Position auch in der Verfassung der Republik durch die Übernahme der Funktionen des Landeshauptmanns und der Bezirkshauptleute, die in der Monarchie Organe der Zentralregierung waren und konsequenterweise auf den Bund übergehen sollten. Das wurde vorsorglich verhindert.

Somit ist eine Verwaltungsreform nur möglich, wenn die Länder, also die Landeshauptleute, freiwillig auf ihre fest verankerte Macht verzichten. Eine derart masochistische Aktion ist allerdings nicht zu erwarten.

In den vergangenen Wochen wurde ausnahmsweise ein Vorschlag der Verwaltungsreformer umgesetzt, und siehe, es war wieder eine föderalistische Lösung: Nach langen Mühen werden in den Bundesländern Verwaltungsgerichte geschaffen. Die neun Gerichte werden 120 Berufungsbehörden des Bundes und der Länder ersetzen und den Verwaltungsgerichtshof entlasten.

Man wird also föderal rascher und einfacher zu seinem Recht kommen.

Ähnlich beliebt wie der Ruf nach einer Verwaltungsreform ist die Forderung nach Abschaffung des Bundesrates. Tatsächlich hat die zweite Kammer des Parlaments, die von den Bundesländern beschickt wird, nur die Möglichkeit, ein Gesetz an den Nationalrat zurückzuweisen, worauf dieser mit einem Beharrungsbeschluss den Einspruch des Bundesrates zur Farce macht.

Eine in diesen Tagen gestartete Initiative der Länder sieht allerdings nicht die Abschaffung des Bundesrates, sondern die Stärkung der zweiten Kammer des Parlaments vor: Der bisher machtlose Bundesrat soll bei Gesetzen, die die Länder betreffen, ein Vetorecht erhalten. Damit wäre dann endgültig die Möglichkeit beseitigt, dass das Bundesparlament der Schimäre Österreich zur Realität verhilft.

Dabei ist diese Gefahr schon jetzt gering, da auch das Mandat der Abgeordneten im Nationalrat von der Gunst der Landesparteien abhängt. Da man aber nie sicher sein kann, sind die Länder nun dabei, den Bundesstaat Österreich endgültig als Staatenbund neu zu gründen. Und wie die Verwaltungsgerichte zeigen, könnte man das sogar beinahe für eine gute Idee halten.